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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 40)

Beilage zu Nr. 40. 
(Kunstschule für Mädchen lu München.) Die neuhegründete Kunstschule 
fiir Mädchen in München hat folgenden Lehrplan ausgegeben: 
5 1. Die Schule besteht I. Ans einer Zeiehnungsclasse, welche in zwei Abtheilungen 
zerfällt: a) Zeichnen von Ornamenten und Thierstudien, theils nach Vorlagen, theils nach 
Gypsabgiissen; b) Zeichnen von Köpfen und Figuren etc., nach Gypsabgiissen und von 
landschaftlichen Studien nach Plianzen und nach Photographien nach der Natur. (Lehrerin 
Frl. J. Unger.) Il. Aus einer höheren Clnsse zum Zeichnen und Malen, die abermals 
in zwei Abtheilungen zerfallt: n) in die Abtheilung für Oelmalerei (Historienmaler Lin- 
denschmidt); b) in die Nebenabtheilung für Aquarellmalerei [deren Erölfnuug für nicht 
ferne Zeit in Aussicht steht], zur Ausbildung in der höheren Ornamentik zu industriellen 
Zwecken (Figuren in Verbindung mit Ornamentik, Landschaft- und Thiennalerei). III. Aus 
einem jährlichen Cursus über: a) Kunstgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der 
Ornamentenkunde, wöchentlich 2 Stunden (Dr. Holland); b) Perspcctivlehre, wöchentlich 
l Stunde (Prof. Seeberger). 
ä 2. ln dieser Schule werden Mädchen vom 15. Jahre an aufgenommen. Die Auf- 
nahme ist von einem Beschlusse des Anschnsses abhängig. In welche der verschiedenen 
Classeu die Aufnahme erfolgen soll, haben die artistischen Lehrer der Anstalt auf Grund 
einer Prüfung zu bestimmen. 
S 3. Der Unterricht in der I. Classe (Abtheilung a. und b.) wird von einer Künst- 
lerin, der in der II. Classe (Abtheilung a. und b.) von bewährten Meistern ertheilt. 
Q 4. Die Localitiiten der Schule sind für die I. Classe täglich im Winter Vormit- 
tags von 8-{2 und Nachmittags von 2-4, im Sommer von 8-12 und 2-6 Uhr, für die 
II. Classe im Winter von 8-12 und 2-7 Uhr, im Sommer von 7-12 und 2-6 Uhr ge- 
öifnet. Während dieser Zeit findet eine Ueberwachung der Schülerinnen und täglich Cor- 
rectur statt. Das Lehrmaterial, sowohl Vorlagen als Abgüsse, zu Studien jeder Art liefert 
die Anstalt. Die Kosten der lebenden Modelle werden von denen bestritten, welche sie 
benützen. 
g 5. Das Schuljahr beginnt mit dem l. October und endigt mit dem 30. Juli. An 
Weihnachten und Ostern bleibt die Schule 8 Tage geschlossen. 
5 S. Für den Unterricht wird monatlich praennmerando bezahlt: In der I. Classe 
für 3 Tage wöchentlich 3 ü. pr. Monat, für 6 Tage wöchentlich 5 d. per Monat. In der 
II. Classe 6 B. Damen, die sich nur an den Vorlesungen hetheiligen und Huspitantinnen 
an der Anstalt bezahlen 2 d. monatlich für dieselben; jedoch für die Schülerinnen sind 
sie unentgeltlich. 
5 7. Beschädigungen an dem Material der Anstalt sind zu vergüten. Ist die Ur- 
heberin nicht zu ermitteln, so tritt die betrelfendc Classe für den Schadenersatz ein. 
5 8. Nach Absolvirung einer höheren Abtheilung kann die Schülerin ein Zeugniss 
über ihre künstlerischen Leistungsfiihigkeiten beanspruchen, das von den Lehrern der An- 
stalt ausgestellt und von dem Vorstande gegengezeichnet ist. 
München. Das Comitä, Karlsstrasso 1]] 0. 
(Der Silberfund von Hildesheim.) Vor einigen Monaten erschien in den Blät- 
tern (lie Nachricht, dass preussieche Soldaten bei Herstellung eines Schiessstandes in der 
Nähe von Hildesheim auf eine beträchtliche Menge alter silberner Gefalsse von grosser 
Schönheit gestossen seien. Da die Römer nie in die dortige Gegend gekommen sind, zü- 
gerte man, den Gefässen antiken Ursprung zuzuschreiben, und glaubte sie für Werke der 
Renaissance erklären zu müssen. Die genauere Untersuchung von Professoren der Uni- 
versität Göttingen, vor allem die Entdeckung und Deutung der lateinischen Inschriften 
stellten jedoch das Alterthum der Gegenstände fest, deren Lage unter der Erdoberüäche 
ferner darthat, dass der ganze Schatz von 54 mehr oder weniger vollständigen Tafelauf- 
sitzen, Vasen, Schalen und sonstigem Speise- nnd Triukgeschirr mit Absicht vergraben 
werden war. Die Schwierigkeit, das Vorkommen so vieler kostbarer Geriithe aus der besten 
Zeit römischer Kunst an jenem Platze zu erklären, hat zu der Hypothese geführt, dass 
man das von Hermann dem Cherusker erbeutete Silbergeschirr des Varus gefunden habe. 
Der ganze Fund ist in das Berliner Museum gebracht worden, wobei leider eines der 
schönsten Stücke zertrümmert worden ist. Die Göttinger Archäologen haben in verschie- 
denen Zeitungen über die Angelegenheit Mittheilungeu gemacht. - Der interessantesten 
begegnen wir in dem dritten Hefte der „Zeitschrift für bildende Kunst" von diesem 
Jahre. Dem dort enthaltenen Berichte des Prof. F. W. Ungar sind nämlich Abbildungen 
beigefügt. welche die Bedeutung des Fundes erst recht veranschaulichen. Wir sehen da 
erstens einen Miechkrug („Krater', glockenförmig, ungefähr Y, Meter hoch) mit den rei- 
zeudsteu Pilunzenornamenten, zwischen welchen Eroten und Wasserthiere sich bewegen, 
lud zwei eigenthümlichen Greifen, welche bereits auf den Einßuss der orientalischen 
a
	        
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