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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 42)

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der Kirche gewidmete Goldschmiedekunst, in der sich jene Styl-Wand- 
hingen so klar spiegeln, dass ihre Hervorbringungen nicht allein zur 
Abrundung und Vervollständigung des Bildes des Kunststandpunktes 
einer gewissen Zeit dienen, sondern dass sie sogar durch die Sorgfalt 
und Wichtigkeit, die ihnen von Verfertigeru und Bestellern beigelegt 
wurde, den vollen Werth selbständiger Kunstdenkmale erhalten, zumal 
wenn sie aus jenen Jahrhunderten stammen, aus denen die Reste spär- 
lich genug auf uns gelangt sind. 
Es ist aber ungleich schwerer, demjenigen, der sich wenig in eine 
historische Anschauung vertieft hat - also der grossen Menge des Publi- 
cnms - das einigermassen richtige Verständniss des Mittelalters und der 
Denkmäler, die es uns hinterliess, zu eröifnen, als das der Renaissance 
und selbst der Antike. Dies nicht etwa hlos darum, weil deren Pro- 
ductionen überhaupt höher stehen, sondern weil der Grundton der An- 
schauungen des Mittelalters, der auch aus den Kunstwerken reflectirt, 
ein wesentlich verschiedener ist von den leitenden Ideen der antiken und, 
daher herübergenommen, auch der modernen Welt. 
Doch, um bei unserem Gegenstands zu bleiben, habe ich hier darauf 
hinzuweisen, dass neben der hohen archäologischen Bedeutung der Alter- 
thümer des Welfenschatzes ihnen eine um nichts geringere allgemein 
künstlerische innewohnt. Vor Allem sind es die Emailwerke - Reli- 
quienschreine und Tragaltärchen - und die reich aufgebauten Ostenso- 
rien, die unsere Aufmerksamkeit fesseln. 
Die Kunst der Emailmalerei ist neben der ihr in vielen Stücken 
ähnlichen Glasmalerei eine der schönsten Techniken, die das Mittelalter 
schuf und zur Bliithe brachte, und so ganz ist sie aus ihm entsprossen, 
dass selbst die Stylbedingungcn des Emails - wenigstens gilt dies ganz- 
lich für das Emuil champlevee - selbst in seiner heutigen Anwendung 
nur erfüllt werden können im Anschlusse an die Kunstweise des roma- 
nischen oder frühgothischen Styles. In welchem Masse die Formen- 
und Farbengehung des Email champlevee mit dem genannten Zeitstyle 
eng verbunden ist, erhellt aber schon daraus, dass wir es mit ihm ent- 
stehen und gänzlich ausser Üebung kommen und verschwinden sehen, 
als in der Kunst eine neue Zeit heranbrach, deren Forderungen diese 
Eniailtechnik nicht mehr entsprechen konnte. Bei der gegenwärtig an- 
gebahnten Wiederbelebung der Emailleurkunst wird ein genaues Studium 
der alten Werke eine Grundbedingung des Erfolges und der Weiterbil- 
dung sein. Das grosse knppelfirmige Reliquiar des Welfenschatzes kann 
ebenbürtig an die Seite der bedeutendsten Emailwerke, die uns erhalten 
sind, gestellt werden, wie der Schrein der heil. drei Könige in Köln und 
das Klosterneuburger Altarwerk. Schon der Aufbau dieses Reliquien- 
schreines ist ein in edel-einfacher Weise schön entworfener. Einer qua- 
dratischen Grundfläche sind an den Rechteckseiten kleine Vorbauten
	        
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