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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 48)

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und Fsctoren hervorgehen, welche ihren Kindern die Anfangsgründe jener Wissen- 
schahen und Künste, die sie bei diesem Goschäüe vsrwerthen können, verschaden wollen, 
anstatt sie gleich nach dem Verlassen der Primärschule. d. h. in einem Alter von zwölf 
Jahren, in die Arbeit zu schicken. Die Abendschulen hingegen werden von den eigent- 
lichen Arbeitern besucht. jungen Leuten, welche bereits irgend ein Geschäft erlernen und 
daher Gir ihre theoretische Fortbildung nur den Abend übrig haben. 
Das Programm der Abendschulen muss nach dem Gesetze Mathematik, die Elemente 
der Mechanik, der Physik, der Chemie, der Naturgeschichte, der Technologie (an deren 
Stelle in den Ackerbau treibenden Gegenden Landwirthschafrslehre tritt), Geographie, Ge- 
schichte, holländische Sprache, die ersten Begriffe der Volkswirthschaft, künstlerisches 
und Ifiuearzeichuen und Gymnastik in sich begreifen. Der Unterricht in diesen Gegen- 
ständen ist obligatorisch; der Gemeindevertretung steht es frei, auch noch den Unter- 
richt im Modelliren und in einer fremden Sprache ertheilen zu lassen. Das Programm 
der Abendschulen ist durch das Gesetz nicht vorgeschrieben; in den Gemeinden, welche 
eine Tagschule gegründet haben, setzt es die Gemeindevertretung fest. 
Jede Gemeinde mit mehr als 10.000 Einwohnern muss auf ihre Kosten eine Burger- 
school mit Tag- und Abendcurs gründen und erhalten; der gesetzliche Termin, bis zu 
welchem diese Einrichtung überall durchgeführt sein muss, ist das Ende dieses Jahres. 
In der Hand des Königs liegt es, von dieser Verpllichtung zu befreien, und zwar gänzlich, 
wenn die Gemeinde so zerstreut wohnt, dass auf regelmissigen Besuch der Schule. nicht 
gerechnet werden kann, oder wenn durch freie oder Privatschulen herein: der Zweck er- 
füllt wird, welchen der Staat bei Erlass des Gesetzes im Auge hatte; theilweise, nämlich 
was den Tagcurs anbelangt, und auf eine bestimmte Reihe von Jahren, wenn der Abend- 
curs genügend erscheint. 
Solcher zur Gründung von Burgerscholen verpüichteten Gemeinden von rnehr als 
10.00) Einwohnern zählten die Niederlande 1863 secbsnnddreissig. Einige davon wurden 
aus dem zuerst angegebenen Grunde befreit. zwei andere, weil die von der Commune sub- 
ventionirten Schulen den Bedürfnissen genügten; in fünf Gemeinden wurden Tsg- und 
Abendcurse eingeführt, alle übrigen wurden auf fdnf oder sechs Jahre vom Tagcurs dis- 
pensirt; in sechzehn von diesen letztem hat der Abendnnterricht bereits begonnen, in den 
sieben übrigen wird er vor Ende des Jahres eingerichtet sein. 
Für so massenhafte Befreiungen sprechen verschiedene Gründe. Vor allem fürch- 
tete man, dass die ganz neue Schöpfung der Bnrgerseholen zu Anfang wenig Schüler an- 
ziehen werde und deshalb wollte man das Princip überhaupt durch vorschriftsmässig 
eingerichtete Abendschulen allmälig zur Geltung bringen, um später die Tagschulen folgen 
lassen zu können. Auch wiire es kaum möglich gewesen, die geeigneten Lehrkräfte für 
alle diese Schulen zu finden, da soeben die Einrichtung von 30 Mittelschulen (hoogere 
Burgerscholen) fast alle vorhandenen Lehrer absorbirt halte. 
Wiewohl das Gesetz für diejenigen Schulen, welche nur aus einem Ahendcurs be- 
stehen, keinen Lehrplan vorschreibt, werden doch überall beinahe die ganz gleichen 
Fächer gelehrt. In der Regel sind dies Geometrie und Arithmetik, die Anfangsgründe der 
Physik, der Chemie, der Mechanik und Technologie, die Muttersprache, Geschichte und 
Geographie (letztere drei Gegenstände, um das in der Primärschule Erlernte lebendig zu 
erhalten), die Grundzüge der Volkswirthschuftslehre und selbstverständlich Linear- und 
Freihandzeichnen. Einige haben auf ihrem Programms auch die Buchhaltung, Modelliren 
und Ooustruction von Modellen in Holz oder Metall. 
Das hier Gesagte darf jedoch nicht so verstanden werden, als hltte es -bis zum 
Jahre 1863 an Unterrichtsanstalten Gir die arbeitende Classs gefehlt. In mehreren Städten 
bestanden Gewerbschulen, von einzelnen Personen oder Gesellschaften, mit oder ohne Un- 
terstützung der Commune gegründet, ebenso Zeichenschulen, gemäss dem Gesetze vom 
13. April lSlT (betreßeud die Einrichtung von Knnstakadexnien, höheren und niederen 
Zeichenschulen in den bedeutendem Städten des Landes). Im Jahre 1863 zählte man 38 
SchuTen, deren Programm sich ganz auf den Zeichennnterrlcht beschränkte, und 34 ge- 
werbliche Schulen, in welchen auch Mathematik und die Elemente der Physik vorgetragen 
wurden. Die meisten von diesen sind bereits in Burgeravondscholen nach dem Gesetze von 
1863 umgewandelt worden oder sehen dieser Umwandlung entgegen. 
Im Schuljahre l868f69 zählte man in Holland fünf burgerdags en avondscholen: 
in Amsterdam, dem Haag, Utrecht, Gröningen, Leeuwarden. In Amsterdam, wo sie erst 
1868 erößnet worden und die Gemeinde ihr ein prachtvolles Gebäude errichtet hat, waren 
im December 169 Schüler. Im Haag nur 40. Die jungen Arbeiter besuchten dort in einer 
Zlhl von etwa 150 die Kunstakademie. In Utrecht hat man zwei seit 1863 bestehende 
Institute, Gewerbschule und Zeichenschule, vereinigt und eine höhere Zeichenschule damit 
verbnnden_ Diese drei Sectionen hatten 34 Zöglinge und auch dort wird auf Kosten der 
Gemeinde ciu grossartiges Haus für die Schule aufgeführt.
	        
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