Beilage zu Nr. 53 der „Mittheilungen etc."
bereits mehrere deutliche Anzeigen von dem Gange, den die Glssbereitung Venedigs all-
mllig genommen. Zu Ende des ersten Viertels im vorigen Jahrhundert tauchen auch in
diesen Verordnungen schon die Symptome der Abnahme auf: Jünlroduzione rcandalosa e
daunatüsima d} celri s crülalli forutieri." Man musste Probearbeiten einführen, um die
geschickten Arbeiter von den untauglichen zu sondern und der Bezahlung von iiberlliissi-
gen nicht zu unterliegen. Nichtsdestoweniger beklagt schon im nächsten Jahre (1725) ein
Senatsdeeret vom 17. November den Verfall der Manufnctur, die Zahl der Oefen vermin-
dert sich von 24 auf 4, da beschliesst man, die Prohibitivmassregeln gegen jedwede Aus-
fuhr energisch anzustrengen und die Exportsteuer hingegen zu beseitigen. Zugleich dcnkt
man an Erleichterung der Einfuhr von spanischer und maltesischer Asche. Drei Jahre
später werden sogar, den alten Principien völlig entgegen. Meister und Gehilfen nach
Verona gesendet, um dort zu arbeiten. 1729 klagen die Berichte des Rathes der Zehn
von Neuem. wie die Kunst so tief in Abnahme stehe, dass ohne die kräßigste und schleu-
nigste Abhilfe die unheilbare Auflösung nicht mehr abzuhalten wäre. Dagegen fruchtete
die Ernennung von Untersuchungscommissionen wenig; stetes Wiederholen der Verbote
und geringe Versuche zu neuem Aufladen vermochten das Todte nicht mehr zu beleben.
,Von da", so schildert der Verf. den Zustand, „folgt in den Decreten ein fortwiihrendes
Beklagen über Flucht der Arbeiter, Verbreitung ausländischer Erzeugnisse, über schwere
Bedrlingnisse und Zwiste in der heimischen Kunst." Nun folgen stets wechselnde Auf-
sichts- und Untersuchungscollegien, Schriften werden verfasst, welche dem Uebsl steuern
sollen, - die gewöhnlichen Erscheinungen und künstlichen Mittel, wodurch du Abster-
bende gefristet werden soll.
Dies misslnng aber allen Experimenten von Seite der Regierung, die Begabung
eines Einzelnen musste dem schwachen Flackern der Flamme noch einmal kräftigen Schein
verleihen. Es ist gewissermassen eine Vergeltung, aber doch nur nothwendige Folge, dass
der Staat, welcher die Freiheit der Kunst, die ganze Kunst nur um ihretwillen allein,
missachtete und nur zu seinem Wohle gepflegt, nun auch nicht im Stande ist, blus durch
seine Mittel der matten frisches Leben einzuhaucbcn. Jener Einzelne aber wsr Ginseppe
Briati, welcher die Kunst plötzlich zu noch nicht erlsngter Bedeutung erhob, indem er die
fremden Krystzllglliser nicht nur an Reinheit erreichte, sondern in seinen Fabricsten rei-
chere nnd hiihnere Formen zur Anwendung brachte. Trotz mancher Missgunst erhielt
Briati ein auf 10 Jahre vom Rath der Zehn (23. Januar 1736); er litt nicht
wenig durch die Anfeindungen, die ihm hieraus erwachsen. Auch Stefano Motte verdient
genannt zu werden. Ihm wurde durch sechs Jahre die Fahrication der Glasscheiben über-
geben und 1741 die Pacht auf ein weiteres Triennium gelassen. Die Brüder Giacomo und
Dolnenico Mszzola hatten schon 1734 die Pacht salmmtlicher Oefen innegehabt, und sich
1737. als 90 Maestranze (Meisterschaften) „aus Verzweiiinng gezwungen waren, ansser-
halb des Staates Arbeit zu suchen", verpflichtet, durch Arbeitgebnng dem Uebel möglichst
abzuhelfen. 1742 nahm die Regierung abermals den Antrag entgegen, wonach dieselben
Mazzolb drei Oefen, je zu sieben Töpfen, errichten wollten, nur wurde bedingt, dass das
Privilegium Briati's unverletzt verbleibe. Und eben diese Privilegien raubten, wie der
Autor treiflich berkt, die Wohlthaten der Concurrenz. Nun kamen Klagen iiber die
schlechte Qualität der runden Fcnsterglässr und sogleich entzog man Stefano Motta sein
dreijähriges Privllegium. So engte man das Kunstgewerbe hartnäckig in das Corporations-
wesen ein und beschränkte durch kleinliche Gesetze, „ohne zu erkennen, dass das Princip
der Genossenschsß und der Protection von Seiten der Regierung jegliche monapolisirten
Gesellsdlaßen iibertreße". Das Collegio snll' arte vetraria di Mnrano wurde in einem De-
crete von 1745 für seine Vorsicht gelobt, seine Vorschläge aber - unbeachtet gelassen.
Es ist lehrreich, den Anzeichen der Dissolntion in Allem, was man thst und unter-
liess, beschloss und aufhob, zu folgen. Die Gebrüder Mazzolä erhielten 1746 ein dreijäh-
riges Privilcgium, da sie 1789 bereits ein Material aus Schlesien eingeführt hätten, welches
die Wirkung von Soda und Pottasche erreiche und in England üblich sei; ferner sich
zur Heizung von 22 Töpfen, sowie, dem damals schon gewöhnlichen Brauche nach, zur
Zahlung von 70 Ducaten an die überflüssigen Meister verpflichtet hatten. Briati und
Mehrere aber traten gegen die Mazzola und ihr Privileginm auf, indem die Einfuhr jenes
wichtigen Schmelzmittels! des Genannten Verdienst war, und so annnllirte der Rath der
Zehn du Im 26. Sept. 1746 verliehene Priviieginm bereits am 19. Dec. desselben Jahres.
(Schluss folgt.)