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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 78)

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Gewerbevereine und dem Vereine zur Förderung der Kunstindustrie in 
Graz aus. 
Die andere zu errichtende Schule ist keine allgemeine, sondern eine 
für die in dem Elbogener Bezirke bereits bestehende Industrie bestimmte 
Fachschule. Dieselbe soll der deutschböhmischen Porcellanrnanufactur in 
jenen Gegenden bessere Musterzeichner zuführen, damit die österreichische 
Fabrication auf diesem Gebiete, welche vormals so Ausgezeichnetes hervor- 
gebracht haf}, nicht auf die Herstellung von Mittelwaare beschränkt bleibe, 
und ein feinerer Geschmack fürderhin nicht mehr gezwungen sei, bessere 
Erzeugnisse aus Frankreich, England und Sachsen sich zu beschaffen. 
Dies Unternehmen braucht ganz besonders das Mitwirken der Fabrikanten, 
um die heimische Porcellanindustrie auf würdigere Bahnen zu bringen. 
Die llulncaillerie- und Bljouterleii-liiduatrie In Galilonz. 
Der industrielle Bildungs- und Unterstützungsverein in Gablonz aIN. in Bohmen 
theilt uns folgenden Bericht über die Entwicklung der dortigen Gürtler- und Quinoaillerie- 
Industrie mit, welcher manches Interessante für die Leser der i-Mittheilungenw enthält. _ 
i-Die Gürtlerei in Gablonz dürfte bereits vor hundert Jahren, wenn auch noch in 
sehr unvollkommenetn Zustande, betrieben worden sein, Unter die ältesten Gürtler, _die 
eben zu jener Zeit lebten, dürften unzweifelhaft ein gewisser Hoffmann (kurzweg Spanich 
genannt), der Grossvater des jetzt noch lebenden Anton Hoffmann (Romus jfonl), dann 
Melchior PfeiEer und ein gewisser Jakl, der valte Goldschmied- genannt, gezahlt werden. 
Die damaligen Erzeugnisse waren zumeist Knöpfe mit Fuss, die später von pol- 
nischen Kaufern -Spinka'su genannt wurden, und unter diesem Namen noch heute, natür- 
lich sehr verbessert, aus Metall gegossen vom Herrn Anton Pilz erzeugt werden. Auch 
sind damals schon Manchettenknöpfe erzeugt worden. _ _ 
Diese Knopfe bestanden aus Kesseln oder Fassungen, welche mit einem scharfen 
Hauer aus Messingblech auf einem harten Klotz ausgeschlagen, in einem eisernen Gesenkt: 
mittelst Hammer und Eisenstempel getieft wurden. An _diese Kessel _wurd_en Oesen an- 
gelöthet und aus Fensterglas mit der Scheere ausgeschnittene und mit Leimfarbe über- 
strichene Steine eingefasst, immer zwei und zwei mittelst eines S-artig gebogenen Drahtes 
zusammengehangt. Auch wurden damals Hutschnallen aus vorerwahnten Kesseln und 
Steinchen angefertigt, sowie auch Haarringel aus sehr starkem Messingblech, die einer 
zweizacltigen Gabel, wenn man sich den GiilT wegdenkt, nicht unähnlich waren. lVlelchior 
Pfeiifer machte auch Knöpfe, aber ganz anderer Construction und schon _viel feiner und 
geschmackvoller. In denselben befanden sich schon geschliffene Steinchen in Farben, auch 
aus echtem Bergkrystall. Die Steine wurden in Zinn gefasst und die Fassung wurde auf 
den Fuss des Knopfes, welcher aus Messingblech zusammengesetzt war, künstlich aufge- 
lbthet. Auch dürften zu jener Zeit schon die sog. urdinaren Kinderringe, welche heute 
noch gangbar sind, erzeugt worden sein. Ob die von Rekziegel in Seidenschwanz er- 
zeugten, aus Zinn und Blei gegossenen Ringe und Knöpfe auch schon in der hier be- 
sprochenen Periode ihre Erzeuger gehabt haben, oder ob selbe erst später aufgekommen 
sind, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. 
Der walte Goldschmied-i, von welchem im Eingange Erwähnung geschieht, beschaf- 
tigte sich mehr mit Gold- und Silberarbeit. Es wurden Gold- und Silbermünzen mit 
Oesen versehen, woran ringsum eine aus gleichem Metalle sehr niedlich gearbeitete kranz- 
ehenähnliche Verzierung angebracht war, welcher nach unten drei, mit böhmischen Gra- 
naten gefasste Kreuzchen als Behange diente. 
Auf solche und andere Art montirte Gold- und Silbermünzen, an einer Halskette 
hängend, dienten damals der bemittelteren oder reichen Classe als Brautschmuck, welcher 
sehr in Ehren gehalten und nur bei Hochzeiten oder an kirchlichen Festtagen getragen 
wurde. 
In dieser Weise mochte sich die Gürtlerei in Gablonz mit unwesentlichen Verbes- 
serungen durch zwei bis drei Decennien bewegt haben, nur mit dem Unterschiede, dass 
sie durch das Selbstständigwerden der Gehilfen an Umfang gewann. 
Vor 70 Jahren wurde das Beizen oder Gelbbrennen von drei oder vier Gürtlern, 
die es kannten, als tiefes Geheimniss behandelt, und von denen, die es nicht kannten, als
	        
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