Rudolf v. Eitelberger und das Oesterreichische
Museum für Kunst und Industrie.
Vortrag, gehalten im k. k. Oesterr, Museum am 2.6. Ocrober r885
von J. v. Falke.
(Fortsetzung)
Aus diesen Gedanken, aus dieser klar erkannten Lage der Dinge
ging nun jenes Museum in .London hervor, das nach verschiedenen
Phasen der Entwickelung unter dem Namen des South-Kensington-Mu-
seums zu so großem Ruhme gelangt ist. Und in der That hat es auch
den Anstoß zur Weiterführung der Reform gegeben und ist das Vorbild
aller nachfolgenden Kunstgewerbe - Institute geworden, deren freilich
keines je in der Lage sich befunden, der außerordentlichen Mittel des
englischen Institutes sich rühmen zu können. Diese Mittel übertreffen
die unsrigen noch heute um das Zwanzigfache und Dreißigfache.
Das Londoner Museum, so wie es festgegründet war, entfaltete
nun nach allen den genannten Seiten seine Thätigkeit. Es kaufte und
sammelte die Vorbilder aus der ganzen Welt und allen Zeiten, es gab
Vorlesungen im eigenen Hause für Jedermann und seine Kunstprediger
wanderten durch ganz England; die Kunstschule wurde errichtet, und die
Lehrer herbeigeschaift; um das Institut populär zu machen, scheute man
sich nicht Concerte darin zu geben und für das aristokratische Publicum
großartige Routs zu veranstalten. Was würde man gesagt haben, wenn
wir hier desgleichen gethan hätten?
Der Erfolg entsprach völlig den Erwartungen. Als sich elf Jahre
nach der ersten Universal-Ausstellung die Welt zum dritten Male wieder
ein Rendezvous gab, diesmal - 1862 - wieder in London, da war die
englische Kunstindustrie nach diesem kurzen Zeitraume eines Decenniums
bereits eine interessante Erscheinung geworden. Früher gänzlich unbe-
achtet, verachtet oder verspottet, zog sie bereits die Augen der Welt auf
sich und machte diese stutzig. Es war gewiss nicht alles gut und gewiss
waren nicht alle schlimmen Fehler von ehedem verschwunden, aber wer
zu sehen verstand, der ;musste sich doch sagen, dass hier der richtige,
unter den Umständen der allein richtige Weg zur Besserung eingeschlagen
war. Und sollte man diesen Weg nicht auch anderswo, nicht auch auf
dem Continente mit Erfolg betreten können? Das Leiden war ja das
gleiche, sollte nicht auch dasselbe Mittel zur Besserung führen?
Diesen Gedanken theilte unser erhabener Protector Erzherzog Rainer
dem damaligen Professor der Kunstgeschichte an der Wiener Universität
Rudolf von Eitelberger mit. Beide waren in London bei dem Studium
der Weltausstellung zusammengetroffen. Eitelberger ergriff den Gedanken
mit der Lebhaftigkeit seines Geistes und dem patriotischen Feuereifer,
die ihm bis an sein Ende zu eigen geblieben sind.