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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 1)

die gräflich Schaaffgotschische Bibliothek in Warmbrunn enthält in ihren 
Sammlungen z_wei ganz hervorragende Arbeiten dieser Art. 
Die Krystallschneider bemühten sich, das kostbare Material derart 
zu bearbeiten, dass womöglich davon wenig wegfalle, und um ein voll- 
ständiges Gefäß, mit Kelch und Fuß, zu erlangen, musste der Künstler 
manchmal verschiedene Stücke zusammensetzen, welche alsdann der 
Goldschmied durch ein ebenfalls kostbares Material, durch emaillirtes 
Gold, zusammenfasste. Hiedurch ergaben sich reiche, reizende und manch- 
mal ganz abenteuerliche Formen. 
Der Gedanke, das kostbare Bergkrystall durch das zur krystallischen 
Reinheit gediehene Glas zu ersetzen, lag nahe. Die Montirung fällt hiebei 
weg, da das Ganze aus einem Stücke besteht; doch erinnern die Nodus- 
ringe der Ständer an das frühere Vorhandensein derselben. Eben die 
Ringe der böhmischen geschliffenen Gläser, welche naturgemäß und zierlich 
den Schaft gliedern, scheinen nur diesen Ursprung zu haben, während 
die Kugeln und Hohlpuifen der Schäfte anderer Gruppen von Glas- 
erzeugnissen auf anderen Voraussetzungen basiren. Der hohe plastische 
Schmuck vieler Arbeiten aus der Mitte und der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhunderts beruht gleichfalls auf der Technik der Krystallschneider 
und hat mit der Kunst Lehrnann's, wie wir sie aus seinem vollbezeich- 
neten Becher vom Jahre 1605 3) kennen, nichts zu schaffen. 
Die Mitte und die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist eben jene 
Zeit, in welcher die meisten Glashütten des Riesengebirges und Nord- 
böhmens, sowie auch des Böhmerwaldes begründet oder ausgestaltet 
worden sind. In vielen Fällen handelte es sich nur um Hebung oder Or- 
ganisirung eines von altersher geübten Industriezweiges, welcher in Folge 
des Dreißigjährigen Krieges und der Wandlungen des Geschmackes sich 
in ganz neue Verhältnisse versetzt sah. Der Adel griff hier durch Er- 
theilung von Freiheiten an unternehmende Hüttenmeister fördernd ein; 
im Riesengebirge waren es die Harrach's und SchaaffgotscNs, in Süd- 
böhmen das Haus Eggenberg und die ihm nachfolgenden Schwarzenberg's, 
die Grafen Bouqu0y's u. A. 
In der Umgegend von-Winterberg findet man bereits im Jahre 1652 
neugegründete Glashütten, und als im Jahre 1687 die dortigen Hütten- 
meister um Bestätigung ihrer Freiheiten ansuchen, wird bereits von dem 
hohen Aufschwunge der Glasindustrie und auch vom Reichthume der 
Hüttenmeister gesprochen 4). Gleichzeitig mehren sich die Glashütten auf 
der Herrschaft Krumau, und da Streitigkeiten entstehen, findet sich die 
a) Reproductionen von J. Koula, Denkmäler des Kunstgewerbes in Böhmen, I. 
Heft VII, Bl. 5, 6, I2. - Kunstgewerbl. Museum Prag, Auswahl von kunsxgewerbl. Ge- 
genständen aus der retrospecliven Ausstellung, Prag 1891, Bl. 73, 74, 75. - Apllg, 
Minheilungen des k. k. Oesterr. Museums, N. F. II. 
') Belege im angeführten Werke von Mareä.
	        
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