Abb. 2. Glu mll dem Blldnu du Jouph von Fürnlurg, du. 1739. Üshrrnlchlschts
Mumm In: lngtwanßh Kuvm
MILDNERGLÄSER
Von lguaz SCHLOSSER
Wenn man van Weitencgg in der Wachau den Waidenbach
entlang in das südliche Waldviertel eindringt, so kommt man
schließlich nach Gutenbrunn am Weinsbergiorst. Schon im
17.Jahrhundcrt befand sich hier eine Glashütte, die dann um
1780 herum von Joseph von Fürnbcrg neu errichtet wurde.
Fürnberg hatte sich in Gutcnbrunn ein kleines Schloß erbauen
lassen, der Waldreichtum der Gegend und der Ruf des Ortes
als Badeort mögen ihn dttzu veranlaßt haben. 1791 wurde der
Fürnbergschc Besitz durch Kauf eine k. k. Familienherrschait.
Die Glashütte bestand bis 1905 und wäre sicherlich wie viele
andere Glashütten des Waldviertels im Dunkel rein lokaler Be-
deutung geblieben, wenn nicht Johann Josef Mildner hier
gelebt und gearbeitet hätte.
Mildner, der einen großen Teil seiner Arbeiten signierte und
datierte, fertigte in den Jahren von 1787 bis 1806 eine Fülle
von Bechern, Flaschen und kleinen Pokalen, gelegentlich auch
Salzfäßchen mit dem für ihn charakteristischen Dekor an.
Die Zeit des Klassizismus bedeutet im Glas sowie in den an-
deren Gebieten des Kunsthandwerkes eine Hinwendung zur
schlichtesten Form; für Mildner bildete der glatte Zylinder des
Trinkbechers einen ebensolchen Ansporn wie die glatten Por-
zellanbccher der Sorgenthalzeit für die Malerwerkstatt der Wic-
ner Porzellanmanuiaktur.
Glasverdoppelungen hatte es im 18. Jahrhundert immer wieder
gegeben, von den kleinen Medaillons des frühen 18. Jahrhunderts
über die Zwischengoldgläser der zwanziger und dreißiger Jahre
bis zu den Silhouetten-Medaillons der irühklztssizistischen Zeit;
die böhmisch-schlesischen Glashütten waren die Hauptcrzcu-
gungsstätten.
Sehr wahrscheinlich war Mildner aus diesen Gegenden nach
Gutenbrunn zugewandert und hatte die Erinnerung an solche
Arbeiten mitgebracht. Jedoch die neue Art der Verwendung
und ihre Ausweitung ist einzig und allein Mildncrs Idee ge-
wesen und er hat in ihrer mühevollen Ausführung keinen Kon-
kurrenten gehabt.
Aus der Wand des Bechers wird eine medaillcnförmige Ver-
tiefung ausgeschliffen, so daß an dieser Stelle die Gefäßwand
auf die halbe Stärke reduziert wird. Bei reicher dekorierten
Gläsern geschieht das gleiche mit dem Mundrand, dem Fußrand
und dem Gefäßboden. In diese Vertiefung wird ein Glasmedail-
lon beziehungsweise ein Glasreilen mit der gleichen Oberflächen-
kriimmung genauestens eingepaßt. Und zwischen den beiden
Glasschichlen liegt entweder eine Goldfolie mit ausradierter
Darstellung beziehungsweise Ornamenten oder aber - bei Por-
träts und Wappen - ein buntbemaltes Pergamentblättchen; der
Golddekor wird durch einen meist roten Fond noch wirksamer
gemacht.
Der Darstellungskreis auf den Mildnergläsern umfaßt Bildnisse,
Wappen, Monogramme, Heiligendarstellungen, Landschaften,
Silhouetten u. 21., auf den schmalen Mund- und Fußreifen kehren
einfache Ornamente, Zicrleisten aus Blumen und Blättern, Ket-
ten, Zopflcisten, Inschriften immer wieder. Mit den Verdoppelun-
gen allein hat sich Mildner nur selten begnügt; am Fußrand und
um die Medaillons herum gibt es zart ausgeschlilfenc Olivfacetten;
mit dem Diamanten hat er bald kleine Streublümchen, bald Gir-
landen, Kränze und Inschriften in das Glas gerissen; bald hat
er sich auch des Schneidrades für ähnliche Zwecke bedient.
(Daneben gibt es Grenzlälle nach beiden Richtungen - Becher
ohne Verdoppelungen nur mit Diamantgruvierungen und voll-
ständige Becherverdoppelungen.) Neben den Bechern kommen,
allerdings in viel kleinerer Zahl, Flaschen und kleine Po-
kale vor.
Die Gläser Mildners verraten last immer innige menschliche
Beziehungen vom Künstler über das Werk zum Kreise seiner
Gönner und Freunde; Beziehungen, die durch Huldigungen, Wid-
mungen untl Sinnsprüche noch erhärtet werden.
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