Anton Grassi, Modcllrneistcr der k. k. Porzellanfabrik in Wien
Von WILHELM MRAZEK
In den jahren 1709110 hatten sich in dem alchimistischen Labo-
ratorium des johann Friedrich Böltger (1682-1719) auf der
Venusbastei in Dresden entscheidende Ereignisse vollzogen. Nach
langem Experimentieren war es dem entlaufenen Apothekerlehr-
ling gelungen, die Zusammensetzung jener Ausgangsmaterialicn
zu finden, die, anfangs erdig und unscheinbar, im Endstadium
eine einheitliche, glänzend-durchscheinende und fast marrnor-
harte Substanz ergaben. Dieses ncue Produkt, von Böttger als
„der gute weiße Porcellain" bezeichnet, war an „Schönheit und
Tugend" dem indianischen Porzellan des femen Ostens völlig
ebenbürtig. Es ließ sich nicht nur vom Töpfer zu Gefäßen und
Geräten formen, sondern lieferte auch dem bildenden Künstler
ein geeignetes Material, um seine plastischen Gestaltungen zu
verwirklichen. Die bildsame Porzellanmasse ließ sich zu kleinen
und größeren Statuetten und Gruppen formen, deren Oberfläche
auch noch durch Farben glänzend-bunt gesteigert werden konnte.
Für den barocken Plastiker ließen sich dadurch alle Anforderun-
gen, die eine ausschließlich der Repräsentation dienende Kunst
Abb. 1 Bxskuilmcäalllon in Rokokournrahmuug mlO dom Purlrll Kalsar Jouphx II Slgnlnrl Grzxsl, Wlan um 1778
Uxvqrralchlxcbvnz Muxnum Rar zngnwandu Kuvul
15