künstler dieser Zeit selbst die Gartengestaltung bei ihren Archi-
tekturentwürfen in die Hand genommen, oder nur das Grund-
schema, die eigentliche landschaftliche Gestaltung, selbst ent-
worfen und die Detailausführung dem Fachmann überlassen?
Bevor auf diese Frage eingegangen wird, sei hier nur in kurzen
Zügen die Bedeutung des barocken Gartens am Ende des 17. und
Anfang des 18. Jahrhunderts gestreift.
Der Barockgarten repräsentiert die strenge „Disziplin", die ma-
thematische Ordnung des Zeremoniells des höfischen Absolutis-
mus. Der Garten ist eine Erweiterung der Repräsentationsräume
des Hauses, für Feste und prunkvolle Aufführungen bestimmt.
Er ist nicht ein beschaulicher Erholungsort, er soll nicht „ge-
nossen", er soll „gezeigt" werden, er ist für den Besucher, nicht
für den Besitzer gemacht. Nichts ist der Willkür, der Natur über-
lassen, alles ist in architektonische Formen verwandelt, in eine
„Architektur als Durchstrahlung des Raumes mit Richtungen;
nicht uns einhegcnd, sondern von uns ausgehend; als Mal nicht
unseres Körpergefühles, sondern als Mal unserer Fähigkeit zur
Ortsbewegung"! Der Genuß der Gesamtkonzeption ist aber nur
dem Entwerfendcn vorbehalten, der Plan allein offenbart die
Vielfalt der geometrisch-mathematischen Situationen und Ein-
fälle, die der Erlebende erst nach langem Umherwandeln müh-
sam erkennt. Aber ebenso wie in der bis zu den feinsten Raffi-
nements ausgebildeten Etikette der damaligen Zeit waren auch
im strengen Formwillen des barocken Gartens ungeahnte Mög-
lichkeiten von „Varietäten" verborgen.
Hat der Besucher den ersten Eindruck von Pedanterie und be-
drückender Starrheit überwunden, so bietet sich ihm eine Fülle
von Überraschungen, Spannungen und ungeahnten Reizen. Vor-
getäuschte Raumwirkungen eröffnen fälschliche Hoffnungen,
Licht- und Schattenwirkungen zersetzen die festen Formen, un-
erwartete Nischen, verborgene Ruheplatze und Kaskaden über-
raschen ihn und lassen ihn zugleich bewundernd vor den „Erfin-
dungen" stehen. Alles in allem ein Haschen nach Effekten und
plötzlichen Eindrücken, das eine Welt des Scheins entstehen läßt.
Damit kommt der barocke Garten wohl der Kunst des Theaters,
d. h. der Bühnendekoration am nächsten.
1 Vgl. Wilhelm Finder, Der Deutsche Park, Blaue Bücher und Marie-
Duise Gothein, Geschichte der Gartenkunst, vol. II., S. 132 ff.
Aber selbst die Architektur des Hauptgebäudes wird in diese
Unwirklichkeit miteinbezogen. Ein buntes Borderieparterre in
leuchtenden Farben - man verwendet mitunter sogar bunte
Steine - ist wie ein Teppich vor die Gartenfassade gebreitet
und bringt sie zu farbiger Kontrastwirkung. Durch strenge Baum-
kulissen werden wirkungsvolle Ausschnitte von allen Seiten her
erreicht, während Wasserstrahlen und ihre Lichtwirkung die
Gesamtvedute der Architektur beleben. Sehr beliebt waren auch
Wasserspiegelungen, wie z. B. im Bassin des oberen Belvederes,
wo die ganze Architektur noch einmal, auf den Kopf gestellt,
in eine Fläche aufgelöst und in ein bewegtes Bild verwandelt er-
scheint. jeder Augenblick bringt neue Veränderungen, neue Bil-
der, groteske Verzerrungen, wechselnde Farben und Lichter,
gelöst in eine, im Realen nie zu erreichende Unwirklichkeit.
Dazu kommt als Höhepunkt des „Spiels" das Einbeziehen des
Himmels und der wechselnden Wolkenbilder, die Zufallswir-
kung des bewegten Wassers. Damit ist ein Schritt zu dem Endziel
getan, auf das sich im Barockgarten letztlich alles konzentriert:
das Einbeziehen der freien, natürlichen Landschaft, auf die dann
meistens das „Belvedere", als Abschluß des Gartens, den Aus-
blick gewährt.
Wie aber stand Fischer von Erlaeh zur Gartenkunst seiner Zeit?
Hat er selbst Gärten seiner Schloß- und Palastarchitekturen ent-
worfen, hat er sich überhaupt mit Gartenentwürfen beschäftigt?
Fischers erster, nie ausgeführter Entwurf für Schönbrunn, der
in die Jahre vor 1695 fallen muß, zeigt die bekannte großartige
Konzeption einer auf den Hügel aufsteigenden Monumentalar-
chitektur, die alle bisherigen Prunkbauten, vor allem Versailles,
schlagen sollte. Bei der in großen Terrassen ansteigenden Anlage
läßt sich aber kaum von einer Gartenarchitektur sprechen -
Sedlmayr erinnert zwar an die Gärten des Fortunatempcls von
Palästrina - da nur ganz wenige Elemente eines Gartens, gleich-
sam nur zur Ergänzung und Unterstützung der Architekturfülle
verwendet sind. Die Bäume der ersten Terrasse wirken nur (wie
eine Verkleidung der großgeschwungenen Futtermauer, wäh-
rend die vor der letzten großen Terrasse angedeuteten Blumen-
parterres nur als ein füllendes Detail der Gesamtkomposition er-
scheinen, keinesfalls aber eine Eigenexistenz als Garten führen.
Dafür ist die Kaskade als ein mächtiger Blickfang in die Mitte
der Anlage gestellt, wirkt aber auch hier mehr architektonisch
als landschaftlich. Hinter dem Hauptgebäude allerdings sieht man