Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
24. Jahrgang Wien, 15. Februar 1932 Nr. 4
Sustüv JSendas JCinterlassenscAaft.
Der öffentliche Kunstbesitz Wiens ist durch eine
Schenkung von ungeheurem Wert bereichert wor
den, Gustav B e n d a, der Alleininhaber der bekann
ten Instrumentenfirma Waldeck, Wagner & Benda,
der am 7. Februar hochbetagt in Wien starb, hat
letztwillig seine kostbare, internationalen Ruf ge
nießende Sammlung, die einen Wert von mindestens
einer Million Dollar repräsentiert, zwei Wiener
Kunstinstituten, dem K u n s t h i s torische n
Museum und dem Oesterreichischen
Museum für Kunst und Industrie ver
macht.
Die Sammlung Benda ragt nicht durch die
Quantität, sondern durch die Qualität hervor. Nur
zwei Zimmer und ein Kabinett waren ihr in dem
stolzen Palais am Opernring, in dem Benda wohnte,
eingeräumt, aber jedes Stück war ein Juwel, Seit,
mehr als einem halben Jahrhundert verfolgte Benda
mit kundigem Blick die Vorgänge auf dem Kunst
markt und holte nur das ganz Außerordentliche, das
Seltene und Kostbare in vorzüglichster Erhaltung
für sich heraus. Er war in dieser Beziehung sogar
dem weit bekannteren Wiener Sammler Dr, Albert
F i g d o r über, der, wie man weiß, auch so manches
in seine Sammlung aufnahm, was nicht erstklassig
war, ihn aber irgendwie interessierte.
Der Schwerpunkt der Sammlung Benda lag in
den kunstgewerblichen Gegenständen, Viel
bewundert wurde ein herrlicher, goldtauschierter
Harnisch nebst einem Helm von F rauenprei ß.
Spätgotik und Frührenaissance, Epochen, die Benda
besonders favorisierte, spendeten ihm köstliche sil
berne Kirchenkelche, Ananasbecher, getriebene
Schalen. Für altdeutsche Keramik hatte er gleichfalls
eine ausgesprochene Vorliebe. Seine Steinzeugkrüge,
besonders die rheinischen, zählten zu den schönsten
ihrer Art. Der Frauenbecher, aus Kehlheimer Stein,
kann als ein Rarissimum bezeichnet werden. Die
Goldemailanhänger sind Meisterstücke deutscher
Goldschmiedekunst. Zum Erstaunlichsten aber
gehört ein venetianisches Glas aus dem 15, Jahr
hundert, Die Cupa aus Milchglas sieht porzellanartig
aus, das Medaillenporträt gemahnt an Carpaccio.
Der silberne Fuß. auf dem es ruht, ist eine feine
französische Arbeit.
Die Sammlung enthält weiters die weltberühmte
Büste eines lachenden Kindes, die lange fälschlich
dem Donatello zugeschrieben wurde, später aber
einwandfrei als ein Werk des Desiderio de Se tti g-
nano festgestellt wurde, Eine Kette aus Barock
perlen, die sich um den Hals des Kindes schlingt,
verhüllt einen Sprung, den das Werk einmal er
litten hat. Der lachende Knabe war Benda besonders
ans Herz gewachsen und er hat auch in seinem Te
stament verfügt, daß er so aufgestellt werde, daß er
zur rechten Wirkung komme. In der Sammlung be
finden sich ferner ein glasiertes Tonrelief von Luca
della R o b b i a, darstellend Maria mit dem Kinde,
ein kleines Tabernakel aus Terrakotta von der Hand
desselben Künstlers, ein Bronzerelief von Bertoldo
di Giovanni Madonna mit dem Jesukind und
Engeln, ein Stucco-Relief von Donatello Madon
na mit Kind vor einer Brüstung, mit den alten Far
ben und der alten Vergoldung. Eine Predella des
Venezianer Malers Lorenzo L o 11 o,' das den hl. Do
minikus predigend darstellt, gehört zu einem Bild,
das sich in Recanati (Mittelitalien) befindet. Eine
große Seltenheit ist ein Niello von Francesco Fran-
c i a. Benda hinterließ auch Bestandteile einer Rü
stung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol. Die
Porzellane, die, wie die Zinngeräte, dem Oesterrei
chischen Museum zufallen, enthalten reizende Grup
pen von Du Paquier,
Bilder waren im allgemeinen nicht Bendas
Sache. Gleichwohl hinterließ er einen erstklassigen
Murillo, der die mystische Vereinigung der hl.
Rosa von Lima mit dem Christuskinde darstellt. Der
große Delfter Meister Jan Vermeer, der neu-
estens auf dem Kunstmarkt phantastische Preise er
zielt, ist durch einen reich staffierten Platz in einer
holländischen Stadt, Jacob Ruisdael durch eine
reizende Landschaft vertreten. Ferner besaß Benda
Bilder von van der Venn, Francesco Guar di,
W a 1 d m ü 11 e r u. a. Die Bilder waren wiederholt
ausgestellt; zuletzt im Jahre 1910 in der Ausstellung
in Brüssel; sonst blieb die Sammlung dem allgemei
nen Besuche unzugänglich.
Benda gehörte seinerzeit dem Denkmalrat
an, der Einfluß auf den öffentlichen Kunstbesitz
nahm; sein besonderes Interesse für das Kunsthisto
rische Museum betätigte er auch schon früher da
durch, daß er ihm bedeutende Geschenke zuwandte.
So erstand er im Jahre 1906 bei der Versteigerung
der Sammlung Oppolzer die beiden Flügelbilder
von Hans von K u 1 m b a c h, die er dem damals noch
kaiserlichen Institute schenkte. Das Kunsthistorische
Museum besitzt von ihm außerdem ein wertvolles
Relief Maximilians I. von Hans Taucher, eine