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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 2)

Abb. 1. Der Schriftgelehrte, Tempern. 
In seiner Klause meditiert der Schriftgelehrte 
die Letzten Dinge, während die Welt des A1 
für ihn arbeiten und leiden muß, als habe si4 
Voraussetzungen zu schaffen, die dem Geiste 
Einkehr zu sich selbst ermöglichen. 
Malerei entschlossen, die er sich als Autodidakt erobert. Aber 
es geht ihm nicht etwa um die große „Peinture", sondern nur 
um eine Weise, Bilder loszuwerden, also sich aus gewissen Be_ 
drängnisser. zu lösen, vielleicht auch Angriffe zu starten und 
positive Erkenntnisse und Erlebnisse bildnerisch zu formulieren. 
Was die letzteren betrifft, so sind sie von einer erstaunlichen 
Stille und zu Tiefen hin geöffnet, die keiner der voreiligen Kri- 
tiker der Jugend mit ihr in Verbindung bringen würde. 
Ncuffer ist, wie etwa auf dem Bilde des „Schriftgelehrten", für 
den die halbe Menschheit arbeiten, leiden und eventuell auch 
am Galgen enden muß, nur damit er in Versunkenheit seiner 
längst schon bei den mathematischen Symbolen angelangten 
Weisheit dient und huldigt, fast ein wenig manieriert und gravi- 
tätisch, aber nie, auch auf seinen Anklagen nicht, pathetisch. 
Er klagt eigentlich überhaupt nicht an, sondern entlarvt bloß, 
und damit hat sich der Fall für ihn (wie eben für die Jugend 
seiner Art) erledigt. Denn da wird nicht irgendeine Moral ver- 
fochten, sondern vielmehr der Versuch unternommen, festzustel- 
len, um sodann aufzuzeigen, ob Substanz da ist oder nicht. 
Neuffer - und auch das ist typisch - spürt und will das Hir 
gründige und hilft ihm hier und da auch ein wenig vom Lif 
her nach. Er und seine Kollegen sind überhaupt alles ani 
als unbewußt, aber sie haben nicht jenes platte Rechenschie 
Bewußtsein, mit dem sich irgend welche Warenlistcn zusamr 
stellen oder in vorteilhaften Austausch bringen lassen. Ihr 
finement ist differenzierter. Es schließt auch den Bluff nicht 
der der Taschenspielerclou an der Spitze der Effekte ist. I 
fern ist sogar viel Ende in diesen jungen Menschen, aber 
gleich auch eine eigenartige Redlichkeit und Unbestechlich 
- wenn man will, des „Verlorenseins" -, die in mancher 
sieht mehr Aussicht hat, „gefunden" zu werden als viele, Clil 
Ewigkeit bekenntnismäßig fiir sich in Anspruch nehmen. 
sehe sich das Selbstporträt, in Aquarell und Tempcra auf 
Zeitung gemalt (auch hier wurde Not zum Effekt gema 
oder den Kupferstich der „Arche Noah" genauer an, und 
wird schwerlich leugnen können, daß sich da ein völlig unsi 
mentales Armsein und ein ebenso unsentimentaler Reichtum 
Schauens zusammenfinden. 
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