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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 2)

stand wie vor sechs Jahren auch in der Ära der Kunstdicbstiihle 
ein Mord. Damals hatten zwei Metalldiebe bei Mödling ihre Ab- 
nehmer umgebracht, in der Nacht zum i. Dezember 1956 er- 
scboß der Dieb von der Votivkirche seinen Hehler. Der Hinter- 
grund dieses Verbrechens ist einer der wertmäßig bedeutendsten 
Fälle von Kunstdicbstahl. Die Heiligenfiguren des Amraser Altars. 
gotische Holzschnitzarbeit aus dem 15. Jahrhundert, stellen tat- 
sächlich einen Kunstschatz dar. Etwa zur gleichen Zeit ver- 
schwanden aus der Filialkirche von Pockhorn bei Heiligenblut 
Statuen, die gleichfalls die Bezeichnung kostbar verdienen. Wei- 
ter fortzusetzen, fiillt schon schwer. Wenn auch bei vielen der 
übrigen Kirchen- und sonstigen Kunstdiebstähle erhebliche Wert- 
angaben zirkulieren, so geht es doch eigentlich fast nie um 
wirklich Unersetzliches. 
Diese Umstände und auch andere Anzeichen sagen den Krimi- 
nalisten, daß es sich bei den Kunstdiebstählcn wahrscheinlich 
nicht - auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat - 
um das Werk eines internationalen Diebs- und Schmugglerringes 
handeln dürfte. Man kommt nicht aus Übersee, um nach langer 
Kreuzfahrt landauf, landab zehn oder zwanzig Barockengcrlit 
zu ergattern. Die Fälle, die bisher geklärt werden können, ver- 
mitteln ein ganz anderes Bild: Da wurde einmal ein Handels- 
vertreter, ein anderes Mal wieder eine Gruppe jugendlicher ver- 
haftet. Dem Vertreter waren, wenn er mit seinem Auto herum- 
kam, unterwegs einfach günstige Gelegenheiten untergekommen. 
Die jungen Burschen wieder sind nicht selten sogar dieselben, die 
vor fünf und sechs jahren Buntmetall stahlen - sie stehlen alles, 
was leicht zugänglich ist und Interessenten findet. Die Auftrag- 
geber, wenn man überhaupt von solchen sprechen kann, sind 
weder leidenschaftliche Sammler noch versierte Makler. In dem 
„Votivkirchen-liall" war es ein Kaffeehauspächtcr, der wtdci" als 
Cafetier, geschweige denn als Kunsthiindler einen Gewerbe- 
schein oder auch nur Sachkenntnis besaß. Um „seine" Heiligen 
anzubringen, brauchte er als Vermittler einen deutschen Auto- 
händler. jene Bande, die im Februar in Wien ausgehoben wurde, 
hatte über den Riidclsführer ursprünglich tatsächlich mit einem 
Kunsthändler zusammengearbeitet, der dem Burschen von einem 
- Sittlichkeitsvcrbrcchen her bekannt war. Als die Bande andere 
Abnehmer suchte, war damit auch schon ihr Ende besiegelt. 
Eine Kunsth-ändlerin aus der Wiener Inneren Stadt meldete der 
Polizei, daß ihr aus der Franziskancrkirche gestohlene Altar- 
leuchter angeboten worden waren und bald darauf befanden sich 
die Burschen in Haft. Sie hatten sich übrigens vor allem auf 
„Haushcilige", in Nischen von Bauernhäusern in der Umgebung 
Wicns aufgestellte Figuren, verlegt. Also durchaus keine über- 
ragenden Kunstschätze. Daß Kunsthändler der Polizei zur Aus- 
forschung von Kunstdichcn verhelfen, ist weder eine Seltenheit 
noch besonders verwunderlich. Ihnen bringt der Briefträger 
periodisch eine Druckschrift ins Haus, deren Einleitung unmiß- 
verständlich formuliert ist: „Vor dem Erwerbe der in diesem 
Verzeichnis angeführten Gegenstände wird unter Hinweis auf 
Werben auch Sie lllr unscro Zollschrllt 
ALTE UND MODERNE KUNST 
Die österreichische Kunstxaltschrltt 
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Bedienen Sie sich das inliegenden Bestellscheine: 
 
KOSTBARKEITEN IM WIENER KUNSTHANDEL 
 
HL. BARBARA 
Diese 87 cm hohe Figur aus Lin- 
denholz der Schutzpatronin der 
Knappen, Kanoniere, und vor a1- 
lem gegen Blitz und Unwetter 
dürft-e ursprünglich an der Außen- 
wand eines Hauses, vielleicht in 
einer Nische, gestanden sein. In 
Darstellung und Haltung liegt 
noch jener Hauch von Mystik, der 
uns in gotischen Dornen ergreift. 
Dle Statue stammt aus dem Kunst- 
kreis Krummau, um 138i), dessen 
Blüte uns in der ..Kn1mmauer Ma- 
donna". der bedeutendsten Plastik 
dieser Zeit überhaupt (heute im 
Kunstl-iistorischcn Museum) be- 
kannt ist. Die Barbara-Statue 
stammt aus dem Mühlviertel aus 
PrivatbesLz und Lt zum ersicnmal 
im Handel. 
Kunsthandlung August Siedler, Wien. 
 
Hans Reinhnrt. 1536: Denkmünzc des Kurfürsten johann von Sachsen. 
Silber, vergoldet, Originalgröße. 
Gelen: 51 Crlstopb, Wien 
29
	        
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