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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 7 und 8)

Glanz der Steigbügel und Zaumzeuge, jede Sattelform, 0b Herren- 
oder Damensattel und deren polierte, gcdrechselte Gestelle sind 
. genauest festgehalten. 
Welche Bedeutung mullte damals dem Reitsport zugemessen 
worden sein, daß diesem Raum eine derart prächtige Ausstattung 
gegeben wurde und er dann zum Anlaß für einen malerischen 
Auftrag werden konnte! Dieser Aufwand wird verständlich, wenn 
wir bedenken, daß Reiten und jagen seit jeher zu den Kennzei- 
chen und Vorrechten des Herrenstandes gehört hatten. Freilich, 
die ständische Ordnung war im Begriff zusammenzubrechen. Mit 
ihr Schwanden auch die alten Privilegien und Auszeichnungen 
und verloren ihre Gültigkeit. Was aber nach wie vor weiterbe- 
stand, das waren die großen Besitzungen mit ihren Ländereien 
und wildreichen Wäldern. Sie gaben die wirtschaftliche Basis 
und boten die Voraussetzung, die einstmals herrschaftlichen, 
repräsentativen Privilegien nicht aufgeben zu müssen, sondern 
gewandelt, als im neuen Sinne „herrschaftlichäl, und leiden- 
schaftlich ausgeübte „neufeudale" Liebhabereien beibehalten zu 
können. Aus dieser neuen Sinngebung alter Vorrechte erklärt 
sich also der Aufwand, der hier getrieben wurde. 
jahrhundertealte Überlieferungen und Vorstellungen von Rüst- 
und Waffenkammern aus feudaler Zeit, spielten hier mit und fan- 
den in Erinnerung an die große historische Vergangenheit eine 
romantisch gefärbte Weiterführung. Dabei kommt allerdings be- 
sonders klar zum Ausdruck, wie sehr sich die Akzente verscho- 
ben und die Zeiten geändert hatten. Waren einst die Rüst- und 
Waffenkammern Dokumentationen der obrigkeitlichen Gewalt 
und ihrer Maehtmittel, so dienten die luxuriös ausgestatteten 
Sattelkammern nur mehr dem privaten Vergnügen, der Liebha- 
berei des noblen Herrensports englischer Prägung. 
Wir haben gehört, dail Fürst Johann Adolf sich in England auf- 
gehalten hat und die dortigen Anregungen von nachhaltigem 
Einfluß auf sein späteres Wirken waren. Es lag nahe, daß die 
Lebensführung jener Gesellschaftsschicht, der es gelungen war, 
sowohl politisch, als auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein und 
auf dieser Basis großen Reichtum oder Einfluß zu erwerben, 
für die Länder am Kontinent vorbildlich wurde. In England hatte 
man es verstanden, neben der beruflichen Tätigkeit mit Hingabe 
und Begeisterung die Freuden und Annehmlichkeiten des Land- 
lebens zu genießen, und dafür überzeugende Lebensformen zu 
finden. Gerade das Landleben, in den von weiten Parks umge- 
benen Schlössern, erschien nachahmenswert. Es war also ver- 
ständlich, daß Fürst johann Adolf sich auch auf diesem Gebiet 
nach dem englischen Vorbild richtete. Und tatsächlich, als er 
dern Beispiel seiner Vorfahren folgend sich als Bauherr betätigte, 
ließ er sich dabei von der Erinnerung an die Großartigkeit und 
Herrschaftlichkeit der englischen Schlösser leiten. Sein Lebens- 
werk in dieser Beziehung ist der Umbau des jagdschlosses 
Frauenberg bei Budweis, das in Anlehnung an die englische Son- 
derform der späten Gotik, dem Tudorstil, errichtet wurde. Die 
Ausführung des Schloßbaues lag in denHänden des Wiener Archi- 
tekten Franz Beer und beanspruchte eine Bauzeit von 30 Jahren, 
von 1840 bis 1870. Vermutlich um die gleiche Zeit und von der 
gleichen Hand, wurden auch die barocken Stallungen des Wiener 
Gartenpalastes zum Teil im englischen Stil umgestaltet, wie es 
Rudolf von Alts Aquarell der Sattelkammer zeigt. 
Knpellc im Westflüvel des PAY IXquarL-H von Rudolf von Alt. 1851. Div: 
völlig zur l ist, wxrd erst in drn mmendcn Jahren restauriert werden. 
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