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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 7 und 8)

 
„ . . . daß mit die Zum! Llß-Lßdßß Iwyzßzhßlewz, m, 
man eigmu Üßauuzßeßwl" 
Aus der Rede des Untcrrichuminislers anliißlich der Wiedcrhuralcllung des Schwarzcnhcrgp: 
Beim Betreten dieser Räume hört unser Inneres noch einen Nach- 
hall des glorreichen Jubels, der sich mit dem beginnenden 
18. Jahrhundert nach dem Erlöschen eines österreichischen 
Heldenzeitalters über eine Erde erhob, die Spuren schwerer 
Kriege trug. 
Der Himmel dieser Triumphe ist seither an vielen Stellen über 
uns eingestürzt, so wie das Dach dieses Hauses unter dem Feuer- 
sturm des Jahres 1945. Nach solchen Erlebnissen geziemt es sich, 
demütig und dankbar zu sein. 
Die glückliche Bewahrung der Existenz, die Bewährung im Be- 
harren und Naehschaffen wäre - vom Geistigen her betrachtet 
- eine unzulängliche Antwort auf die Herausforderungen der 
Gegenwart. Auch bei dieser Feier geht es um mehr als um die 
bauliche Wiederherstellung des im Kriege zerstörten Hauses. 
Um dieses Mehr anzudeuten, möchte ich drei Dinge in dieser 
Stunde heraussstellen: 
Eine Familie, das Haus und die Idee, die darin verblieb und von 
der wir glauben, daß ihre Wirksamkeit in mehrfacher Hinsicht 
nicht zu Ende ist. 
Eine Familie feiert, die den Wienern über alle Wechselfälie 
hinweg im Gedächtnis bleibt. Nicht nur deswegen, weil das 
Standbild des Diplomaten und Feldherrn aus der Zeit der 
napoleonischen Kriege an hervorragender Stelle das Stadtbild 
schmückt, sondern deswegen, weil es ein Name ist, der gar nicht 
der Vergessenheit anheimfallen kann, es sei denn, wir würden 
ganze Seiten aus unserer Österreichischen Geschichte heraus- 
reißen. Es ist der Name, der auch unter dem Bildnis des ersten 
und einzigen Premierministers Franz Josephs steht. Ein Zu- 
fall fügt es, daß wir ein solches Bild just in dem Raum des 
Kaunitz-Palastes am Ballhausplatz finden, in dem als einziges 
Pendant das Porträt Metternichs hängt. Beide Staatsmänner wa- 
ren mit die letzten Vertreter österreichischer Großmachtpoli- 
tik, die mit der Macht der Idee die Gewalt der Tatsachen in 
die Waagschale der Entscheidung werfen konnte, zur Verteidi- 
gung der alten Aufgabe der europäischen Mitte, so wie es im 
großen Konzept des Altkanzlers gelegen war: Diese europäische 
Mitte stark genug zu machen gegen den bedrohlichen Druck 
der Flankenmächte und jenes Verhängnis zu verhüten, das 
hundert Jahre später über die Erdteilmitte hereingebrochen 
lSI. 
Dicscs Haus steht nicht mehr inmitten großen historischen Ge- 
schehens - aber es zeugt nicht nur für die politische Staaten- 
geschichte und die Geschichte des Krieges. In der Existenz die- 
ses Hauses kumuliert sozusagen die Quintessenz aller Taten 
früherer Bewohner, die im Fortschritt des wirtschaftlichen, so- 
zialen und kulturellen Lebens des Landes Taten von zeitdauern- 
der Gültigkeit gesetzt haben, über die auch spätere grundsätz- 
liche Gegnerschaft nicht hinwegkommen kann. 
Ist all das, was wir in Zeiten bitterster Not in diesem Lande 
getan haben - die Neubauten am Dom zu St. Stephan, am 
Opernhaus, am Burgtheater und nun an diesem Stadtpalais - 
nur die Verwirklichung eines restaurativen Gedankens, ein Be- 
harren-Wollen-oder beantworten wir damit nicht auch mit 
einer neuen, nicht bloß nachschaffenden Tat die Herausfor- 
Die obenstehrnde Gedenlsmiinzc wurde anläßlidi du Wiederaufbaues des Sdiwarzenhergpzlais 
von Prof. Arnold Hurtig gesdtaffen. Auf der Rückseite zeigt sie das Palais und die Dann 
der Wiederaufbaujahre 1945-1957. 
derung ciner von Grund auf gewandelten Welt in der Gcgcm 
mit einem mutigen „Ja", das sich gegen Verzicht, gegen Ai 
und gegen Vcrzagen richtet? Nur dem Schwachen sind die ü 
ragenden Taten der Ahnen eine Bcdrückung. Dem Starken 
Gläubigen sind sie selbst in den kleingcwordenen Proportio 
des gegenwärtigen Lebensraumes ein Auftrag für eine neue i 
derung an unsere Zeit. 
Das gibt Stärke genug, um dieses unser Österreich zu tra, 
Indem wir so aufgerufen sind, aus eigener Entwicklung n: 
Leben zu entfalten, sprechen wir nicht einfach großspurig 
kulturellen Vormachtstellungen, die uns erhalten blieben, : 
dcrn machen wir dieses Haus Österreich wieder für seine be 
Geister bewohnbar. Wir glauben dabei, daß uns dieses k 
nicht durch cincn Zufall des Glückes erhalten geblieben 
sondern zufolge eines Auftrages, der noch nicht erfüllt 
und den wir spüren sollten in diesem europäischen T1 
sitorium. 
Der Unterrichtsminister hat oft genug den Satz zu vertreten 
sei nun die Aufgabe der öffentlichen Hand geworden, die ei 
mals gebräuchlich gewesene Funktion des Mäzenatentums 
besorgen. Wie schlecht kann der unpersönliche Staat aus 
Anonymität seiner Willensbildung dieses Geschäft oft zuvß 
bringen! Was hier an und in diesem Hause geschieht, was f 
meister und Maler, was die bildende und darstellende Kunst 
geschaffen hat, geschah nicht dazu, um ein sorgfältig gehüt 
Museum zur Schau zu stellen. Es geschah, um das unfaßf 
geistige Anliegen eines bestimmten Lebensraumes sinnfällig 
machen. So entstand dieses Haus nicht aus den Bedürfnis 
exquisiten Komforts, vielmehr gleichsam als die Dokumenta 
eines überzeugenden und uns Nachfahren ergreifenden W 
bildes, das mit bloßer Gcnußsucht nichts zu tun hat. Diesen 
terschied der Auffassung spürt der am meisten, der gewollt t 
ungewollt Zeuge davon ist, wie die Erzeugnisse zeitgenössisc 
künstlerischen Schaffens nicht mehr unseren höchstpersönlic 
Lebensraum erfüllen und schmücken, sondern abgedrängt v 
den in die Publizität öffentlicher Schaustcllungen. Indem ich 
andeute, will ich nicht Distanzen aufzeigen und Vorwürfe et 
ben, sondern ein Wort dafür sprechen, daß wir die Kunst wir 
heimholen in die engere, persönlich empfindbarc und wahrnel 
bare Nachbarschaft unseres eigenen Hauswesens. 
Wenn wir uns das vornehmen, dann dürfen wir uns im Hinb 
auf Vergangenes nicht an dem bescheidenen Lebenszusch 
unserer Tage stoßen und zuletzt glauben, daß es mit der v 
endeten Technisierung des Hauswesens eben sein Bewen 
haben muß. Indem wir künstlerischen Taten der Vergangen 
das Kalkül „vollendet" geben, sprechen wir ja zugleich : 
daß es nach dieser Vollendung immer wieder ein Neues gc 
muß. Haben wir uns diesen Sinn des Lebens erst zu eigen 
macht, dann haben wir schon teil an der eigenen Ei 
w i ck l u n g, die das Leben ausmacht. Nicht die Monumental 
der Werke macht die Präsenz der Kunst in unserem pers 
liehen Lebensbereich aus, sondern das Erfühlenkönnen des ir 
wohnenden Wertes, für das ein Stück genügen kann, um 
Glück der erwähnten Nachbarschaft spürbar zu machen. 
KLMWW...
	        
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