EINE FRANZISZEISCHE WEIHNACHTSKRIPPE
ZU EINER HEINZ-KRIPPE AUS DEM MÄHRISCH-SCHLESISCHEN RAUM
Von LEOPOLD SCHMIDT
Seit einem Viertcljahrhundert befinden sich im Österreichischen
Museum für Volkskunde die Figuren einer Krippe, die als holz-
geschnitzte Kleinplastiken zum Besten gehören, das wir auf dem
Gebiete der Krippenkunst kennen. Damals, 1934, übergab näm-
lich die Enkelin des Malers und Bildhauers Benjamin Heinz diese
Figuren dem Museum, und schuf so die Grundlage für die we-
nigstens beiläufige personelle Bestimmung dieser Krippe. Benja-
min Heinz, der 1791 in Lindcwiese am Altvatergebirge, im Bezirk
Freiwaldau im damaligen Österreichisch-Schlesien geboren wurde,
soll der Enkel eines Barockmalcrs Josef Heinz gewesen sein 1. Die
Krippenfiguren sind daher nicht anonym-volkstümlich, wie man
das von vielen anderen ihrer Art sagt und glaubt, sondern be-
zeugtermaßen Werke eines individuell gekennzeichneten Künst-
lers. Die Angabe der Namen und Daten erspart auch die sonst
so schwierige Herkunfts- und Altersbestimmung. Es muß sich
um einc mähriseh-schlesisehe Krippe handeln, und sie ist wohl
ungefähr in der Zeit um 1815 geschaffen worden. Wir legen sie
nicht durch eine Stilbezeichnung fest: Obwohl sich, wie wir sehen
werden, Bezeichnungen wie „nachlebendes Rokoko" oder „land-
schaftlich bedingtes Empire" aufdrängen mögen, ziehen wir die
im Rahmen des Hergebraehten. Schließlich muß man auch die
Figur des in der Krippe liegenden jesuskindes vom Bestand der
eigentlichen Heinz-Krippe abziehen. Wie in vielen anderen Fäl-
len ist auch in diesem offenbar die ursprüngliche Figur verloren-
gegangen und gelegentlich durch eine andere ersetzt worden.
In diesem Fall sogar durch eine offensichtlich ältere, wie beson-
ders die Bemalung zeigt. Die Figuren der Heinzkrippe sind nicht
mehr im barocken Sinn gefaßt, sondern dünn bemalt, wodurch
die kantenreiche Holzschnitzerci hervortritt, wogegen dieses ]e-.
suskind noch den dicken Anstrich aufweist, der im 18. jahrhun-
dert so gern die Holzplastik überdeckle. Sehr weit entfernt, zeit-
lich wie örtlich, ist aber wohl auch dieses jesuskindlein nicht von
der ganzen Krippe entstanden.
Aus den erhaltenen, zusammengehörigen Figuren nun liißt sich
feststellen, daß es sich um eine Krippe mit mehreren Szenen ge-
handelt haben muß. Den Mittelpunkt bildeten wie so oft das
jesuskind mit Maria und Josef: Maria im roten Rock und blauen,
über den Kopf gezogenen Mantel, kniet anbetend, josef im hell-
blauen Leibkleid und gelben Überwurf, steht mit erhobener Rech-
ten da, die Linke hält den ergrünten Stab, deutlich als Anspie-
Die Könige aus dem Morgenland. Krippen-
figuren von Benjamin Heinz.
Bezeichnung „lranziszeisch" vor. Das soll heißen, daß eine
Krippe wie die des Benjamin Heinz der Zeit des Kaisers Franz I.
entstammt und auch geistig angehört.
Es handelt sich um insgesamt 26 Figuren, von denen man aber
die ausgesägtcn beiden Versatzstücke abziehen muß. Sie besa-
gen ebenso wenig wie die drei weidenden Schafe und der Ziegen-
bock und der Hund. Solche Figürchen wurden geradezu routine-
mäßig hergestellt, auch ein individueller Künstler hielt sich hier
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lung auf seine Auserwählung bei der Bräutigamswahl Mariens
gedacht. Ochs und Esel sind vorhanden, sie standen also an der
Krippe hinter dem heiligen Paar. Irgendwo im Vordergrund mag
sich die Verkündigung auf dem Felde abgespielt haben. Wir er-
kennen es an den Hirtenligurcn, von denen im ganzen acht vor-
handen sind, sieben Männer und eine Frau. Die Hällte davon ge-
hört sicherlich zur Szene der Heiligen Nacht, also der eigentli-
chen Anbetung durch die Hirten z. Hier spielt alte Überlieferung
Hefe! Helmullimileii (Zeltnelirlll (I6! rliihrisvheii Lnnilexrnunelluis, im. vi, imiim
1906, s. an).
E Vgl. dazu Lrapuld Schmldt, Formprohlemu u" deutschen Weihnachts-
spiele (: m. Sehnuhülinv, Hd. 20) Emiidetteri um. s. saii. und SCll lulrlt,
D]: Allrlbule der Engel III der lleulnehen Vollrluulluliiung (Zellsthrllt lür Volks-
kunde, N. F. Hd, V., Berlin 1935, S. 151 H.)