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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 12)

EINE FRANZISZEISCHE WEIHNACHTSKRIPPE 
ZU EINER HEINZ-KRIPPE AUS DEM MÄHRISCH-SCHLESISCHEN RAUM 
Von LEOPOLD SCHMIDT 
Seit einem Viertcljahrhundert befinden sich im Österreichischen 
Museum für Volkskunde die Figuren einer Krippe, die als holz- 
geschnitzte Kleinplastiken zum Besten gehören, das wir auf dem 
Gebiete der Krippenkunst kennen. Damals, 1934, übergab näm- 
lich die Enkelin des Malers und Bildhauers Benjamin Heinz diese 
Figuren dem Museum, und schuf so die Grundlage für die we- 
nigstens beiläufige personelle Bestimmung dieser Krippe. Benja- 
min Heinz, der 1791 in Lindcwiese am Altvatergebirge, im Bezirk 
Freiwaldau im damaligen Österreichisch-Schlesien geboren wurde, 
soll der Enkel eines Barockmalcrs Josef Heinz gewesen sein 1. Die 
Krippenfiguren sind daher nicht anonym-volkstümlich, wie man 
das von vielen anderen ihrer Art sagt und glaubt, sondern be- 
zeugtermaßen Werke eines individuell gekennzeichneten Künst- 
lers. Die Angabe der Namen und Daten erspart auch die sonst 
so schwierige Herkunfts- und Altersbestimmung. Es muß sich 
um einc mähriseh-schlesisehe Krippe handeln, und sie ist wohl 
ungefähr in der Zeit um 1815 geschaffen worden. Wir legen sie 
nicht durch eine Stilbezeichnung fest: Obwohl sich, wie wir sehen 
werden, Bezeichnungen wie „nachlebendes Rokoko" oder „land- 
schaftlich bedingtes Empire" aufdrängen mögen, ziehen wir die 
im Rahmen des Hergebraehten. Schließlich muß man auch die 
Figur des in der Krippe liegenden jesuskindes vom Bestand der 
eigentlichen Heinz-Krippe abziehen. Wie in vielen anderen Fäl- 
len ist auch in diesem offenbar die ursprüngliche Figur verloren- 
gegangen und gelegentlich durch eine andere ersetzt worden. 
In diesem Fall sogar durch eine offensichtlich ältere, wie beson- 
ders die Bemalung zeigt. Die Figuren der Heinzkrippe sind nicht 
mehr im barocken Sinn gefaßt, sondern dünn bemalt, wodurch 
die kantenreiche Holzschnitzerci hervortritt, wogegen dieses ]e-. 
suskind noch den dicken Anstrich aufweist, der im 18. jahrhun- 
dert so gern die Holzplastik überdeckle. Sehr weit entfernt, zeit- 
lich wie örtlich, ist aber wohl auch dieses jesuskindlein nicht von 
der ganzen Krippe entstanden. 
Aus den erhaltenen, zusammengehörigen Figuren nun liißt sich 
feststellen, daß es sich um eine Krippe mit mehreren Szenen ge- 
handelt haben muß. Den Mittelpunkt bildeten wie so oft das 
jesuskind mit Maria und Josef: Maria im roten Rock und blauen, 
über den Kopf gezogenen Mantel, kniet anbetend, josef im hell- 
blauen Leibkleid und gelben Überwurf, steht mit erhobener Rech- 
ten da, die Linke hält den ergrünten Stab, deutlich als Anspie- 
 
Die Könige aus dem Morgenland. Krippen- 
figuren von Benjamin Heinz. 
Bezeichnung „lranziszeisch" vor. Das soll heißen, daß eine 
Krippe wie die des Benjamin Heinz der Zeit des Kaisers Franz I. 
entstammt und auch geistig angehört. 
Es handelt sich um insgesamt 26 Figuren, von denen man aber 
die ausgesägtcn beiden Versatzstücke abziehen muß. Sie besa- 
gen ebenso wenig wie die drei weidenden Schafe und der Ziegen- 
bock und der Hund. Solche Figürchen wurden geradezu routine- 
mäßig hergestellt, auch ein individueller Künstler hielt sich hier 
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1mm" genannt an n"... Welzl, lxlelner 1mm; zur Kunstgeschichte un- 
lung auf seine Auserwählung bei der Bräutigamswahl Mariens 
gedacht. Ochs und Esel sind vorhanden, sie standen also an der 
Krippe hinter dem heiligen Paar. Irgendwo im Vordergrund mag 
sich die Verkündigung auf dem Felde abgespielt haben. Wir er- 
kennen es an den Hirtenligurcn, von denen im ganzen acht vor- 
handen sind, sieben Männer und eine Frau. Die Hällte davon ge- 
hört sicherlich zur Szene der Heiligen Nacht, also der eigentli- 
chen Anbetung durch die Hirten z. Hier spielt alte Überlieferung 
Hefe! Helmullimileii (Zeltnelirlll (I6! rliihrisvheii Lnnilexrnunelluis, im. vi, imiim 
1906, s. an). 
E Vgl. dazu Lrapuld Schmldt, Formprohlemu u" deutschen Weihnachts- 
spiele (: m. Sehnuhülinv, Hd. 20) Emiidetteri um. s. saii. und SCll lulrlt, 
D]: Allrlbule der Engel III der lleulnehen Vollrluulluliiung (Zellsthrllt lür Volks- 
kunde, N. F. Hd, V., Berlin 1935, S. 151 H.)
	        
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