Vorzeichnung für die Rückseite eines Fächers. Fe-
dcr- und Pinselzeichnung (Sepia) auf Papier von
Cajetan Gilowsky von Urazowa, sign. u. dat. (1786)
mit einer Widmung in französischer Sprache an den
Wiener Buchhändler und Verleger V. Degen. Blatt
Nr. l (Vorderseite) hat sich nicht erhalten. Ein
Druck nach dieser Vorlage konnte nicht nachge-
wiesen werden. Gilowsky war Feld- und Kriegsak-
tuarius, aus Salzburg gebürlig, Malerdilettnnt und
Schriftsteller. Sein freundschaftlicher Verkehr mit
dem Buchhändler Degen wurde ihm zum Ver-
hängnis, da er und seine Freunde auf Grund ano-
nymer Anzeigen Degens 1794 verhaftet und er und
Franz Hebenstreit wegen Beteiligung an der soge-
nannten jakobinerverschwörung vom Kriegsgericht
zum Tode verurteilt wurden. Gilowsky beging 1795
vor der Hinrichtung Hebenstreits durch Erdrosse-
lung mit seinem Sacktuch Selbstmord. Degen
schätzte beide wohl hoch ein, bezeichnete sie aber
in seinen anonymen Briefen als gefährlich (Biogra-
phische Angaben nach freundlicher Mitteilung von
Dr Ferdinand Wernigg, Wiener Stadtbibliolhek).
dem Kohlmarkte, der durch mehrere verfehlte Speeulationen
schon ganz herab gekommen war, kündigte plötzlich ,Damen-
Fächer a la Vigand an. Kaum wurde diese Annonce in der Wie-
ner-Zeitung gelesen, so bestürmten auch schon die Bedienten der
Vornehmen und Reichen Löschenkohls Niederlage. Die feineren,
eleganten Fächer kosteten zwei Ducaten, die minder schönen
einen Ducaten, die ordinäre Sorte einen Gulden und dann wurden
noch ganz simple Fächer ä la Vigano aus gemeinem Holze und
aus Papier für 20 Kreuzer ausgeboten, natürlich alle mit dem
Bilde der Madame Vigano geziert. In dem Zeitraume eines Vor-
mittags verkaufte Löschenkohl seinen ganzen bedeutenden Vor-
rat. Er mußte Tag und Nacht in seiner Fächerfabrik arbeiten
lassen; er konnte nicht genug Leute für seinen Verkaufsladen
auftreiben, die Liebhaberinnen dieser Fächer zu befriedigen,
selbst gemeine Weiber, Fiakerinnen, Höckerinnen, Obstweiber
usw., mußten Facher a la Vigano besitzen. Als Löschenkohl am
Schlüsse seines Vigano-Fächer-Geschäftes den Gewinn zusam-
menzählte, hatte er noch ein Mal so viel eingenommen, als Ma-
dame Vigano durch ihre Kunstleistungen. Sie trug 4000 Ducaten
aus Wien fort; Herrn Lüschenkohl brachte seine Vigano-Specu-
lation 36.000 Gulden ein; der Mann stand wieder glänzend du."
Ob es die Türkenkriege waren, der erste Luftballon, der Ein-
Zug der Marokkanischen Botschaft in Wien, ein Theater- oder
musikalisches Ereignis (z. B. die Erstaufführung von Haydns
„Schöpfung"), Hochzeit, Krönung oder Tod eines Herrschers
oder ein „Porträt des Tages", alles regte ihn zur Produktion an.
Daneben gab es aber noch viele andere Typen und Gattungen
von Fächern, wie: der Kalender, Mode-, Landkarten-ß Rätsel-,
Spiel- und vor allem der beliebte und begehrteste Namenstags-
fächer (besonders zum Annen-, josephs- und Theresientag). 1
Die erhaltenen Fächer mit Wiener Theaterszenen im Besitz des
Historischen Museums der Stadt Wien haben einen besonderen
Quellenwert als Bilddokumente des volkstümlichen Theaters aus
einer Epoche, die solche Zeugnisse spärlich oder gar nicht über-
lieferte. So konnten bisher nur aus dem Spielplan und den Text-
büchern Aufführungen des Freihaus- und Leopoldstädter-Thed-
l VgL idii. Pezzl, Skizze von Wien. Herausgegeben von o. Gugltz und A. Schlos-
auf, cm im, s. a: "s, Ist llüth nicht nehr lange, duii die Mode den Pinn von
Wien und die Gegend lllllhel auf die Flehe! der Schönen iunm. Es schmerzt
llllch, dnß der Geschmack für diese Flehe! gefallen m... Gewlß, ein solcher
am." Ist unendlich "um nin jener mll dem plpatllehen Einzug, mit d" inn.
ters zwischen 1795 und 1798 erstmalig bildlich nachgewic
werden (diese Ergebnisse werden abschließend im Rahmen ei
eigenen Arbeit später veröffentlicht werden).
Wie sehr durch diese Geschäftstüchtigkeit vor allem des
schenkohlsehen Verlages die bisherige Vormachtstellung
ausländischen Erzeugnisse nicht nur zurückgedrängt und
brechen, sondern ihnen sogar ein erfolgreicher Konkurre
kampf angesagt wurde, geht aus einer Reklamcankündigung
Jahres 1786 im „Journal der Moden" hervor (zitiert nach: E.
Braun, Altwi-encr Fächer und Miniaturen von H. Löschenkt
In: Graph. Künste, jg. XXVIII, 1905, Mitteilungen Nr. 2, S. i
„Da die Augsburger meine Kupferstiche schon seit einigen j
ren copiren, und die Franzosen meine Fächer nachmachen, i
auf der Frankfurther Messe verkaufen, und in auswärtigen L
den sehr beliebt sind; so ist ganz leicht zu schliesen, daß ich l
einen namhaften Absatz an verschiedene Handelsplätze zu w
sprechen habe. Ich versichere zugleich, daß, wenn die Abnah
bey mir in solcher Quantität geschieht, als ich mir versprecl
und hoffen kan, ich den einzelnen Handverkauf in meinem l
wölbe aufgeben,und mich nurlediglich dahin beflcißen werde, z
Herrn Kaufleute immerzu mit neuen Stücken in erforderlic
Menge versehen zu können. Sollten einige Herren Kaufle
noch französische Fächer haben, deren Überzüge nicht intei
sant genug sind, so können sie ncue auf ihre Gestelle bey i
erhalten.
Wien, den tSten May 1786. Löschenkohl.
Die Vielfalt der auf den Fächern dargestellten Themen, wie
aus den erhaltenen Stücken und mehr noch aus den zahlreicl
Ankündigungen hervorgehen, sowie die in vielen Fällen erv
senen Massenauflagen zeigen, daß die Nachfrage einem
dürfnis der Zeit entsprach, wobei gesagt werden muß, daß die
durch immer größere Auswahl nicht nur geweckt, sondern Ell
gereizt wurde. Ebenso reichhaltig war die Qualität der Ausf
rung, für jedermanns Geschmack und Ansprüche war vor
mltlnnltldlen Audienz Dtlßl der jetzlge Zuuberfäeht-r." - Vgl. auch s. 3111.
1 Vgl. G. Gugltz, Das Anlienhzsl lni alten Wleli. In: Von Lauten und Zelten
alten wlßh. Vun E. K. ßiixmiui und n. Gugilz. Wien 1921, s. es 11., iuit
hlltlung alliea Annenflehera (nach s. M), den nunmehr das Historische Mus
besitzt, jcdßch in 52h! beschldlgtem Zustande.
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