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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 1 und 2)

Vorzeichnung für die Rückseite eines Fächers. Fe- 
dcr- und Pinselzeichnung (Sepia) auf Papier von 
Cajetan Gilowsky von Urazowa, sign. u. dat. (1786) 
mit einer Widmung in französischer Sprache an den 
Wiener Buchhändler und Verleger  V. Degen. Blatt 
Nr. l (Vorderseite) hat sich nicht erhalten. Ein 
Druck nach dieser Vorlage konnte nicht nachge- 
wiesen werden. Gilowsky war Feld- und Kriegsak- 
tuarius, aus Salzburg gebürlig, Malerdilettnnt und 
Schriftsteller. Sein freundschaftlicher Verkehr mit 
dem Buchhändler Degen wurde ihm zum Ver- 
hängnis, da er und seine Freunde auf Grund ano- 
nymer Anzeigen Degens 1794 verhaftet und er und 
Franz Hebenstreit wegen Beteiligung an der soge- 
nannten jakobinerverschwörung vom Kriegsgericht 
zum Tode verurteilt wurden. Gilowsky beging 1795 
vor der Hinrichtung Hebenstreits durch Erdrosse- 
lung mit seinem Sacktuch Selbstmord. Degen 
schätzte beide wohl hoch ein, bezeichnete sie aber 
in seinen anonymen Briefen als gefährlich (Biogra- 
phische Angaben nach freundlicher Mitteilung von 
Dr Ferdinand Wernigg, Wiener Stadtbibliolhek). 
 
dem Kohlmarkte, der durch mehrere verfehlte Speeulationen 
schon ganz herab gekommen war, kündigte plötzlich ,Damen- 
Fächer a la Vigand an. Kaum wurde diese Annonce in der Wie- 
ner-Zeitung gelesen, so bestürmten auch schon die Bedienten der 
Vornehmen und Reichen Löschenkohls Niederlage. Die feineren, 
eleganten Fächer kosteten zwei Ducaten, die minder schönen 
einen Ducaten, die ordinäre Sorte einen Gulden und dann wurden 
noch ganz simple Fächer ä la Vigano aus gemeinem Holze und 
aus Papier für 20 Kreuzer ausgeboten, natürlich alle mit dem 
Bilde der Madame Vigano geziert. In dem Zeitraume eines Vor- 
mittags verkaufte Löschenkohl seinen ganzen bedeutenden Vor- 
rat. Er mußte Tag und Nacht in seiner Fächerfabrik arbeiten 
lassen; er konnte nicht genug Leute für seinen Verkaufsladen 
auftreiben, die Liebhaberinnen dieser Fächer zu befriedigen, 
selbst gemeine Weiber, Fiakerinnen, Höckerinnen, Obstweiber 
usw., mußten Facher a la Vigano besitzen. Als Löschenkohl am 
Schlüsse seines Vigano-Fächer-Geschäftes den Gewinn zusam- 
menzählte, hatte er noch ein Mal so viel eingenommen, als Ma- 
dame Vigano durch ihre Kunstleistungen. Sie trug 4000 Ducaten 
aus Wien fort; Herrn Lüschenkohl brachte seine Vigano-Specu- 
lation 36.000 Gulden ein; der Mann stand wieder glänzend du." 
Ob es die Türkenkriege waren, der erste Luftballon, der Ein- 
Zug der Marokkanischen Botschaft in Wien, ein Theater- oder 
musikalisches Ereignis (z. B. die Erstaufführung von Haydns 
„Schöpfung"), Hochzeit, Krönung oder Tod eines Herrschers 
oder ein „Porträt des Tages", alles regte ihn zur Produktion an. 
Daneben gab es aber noch viele andere Typen und Gattungen 
von Fächern, wie: der Kalender, Mode-, Landkarten-ß Rätsel-, 
Spiel- und vor allem der beliebte und begehrteste Namenstags- 
fächer (besonders zum Annen-, josephs- und Theresientag). 1 
Die erhaltenen Fächer mit Wiener Theaterszenen im Besitz des 
Historischen Museums der Stadt Wien haben einen besonderen 
Quellenwert als Bilddokumente des volkstümlichen Theaters aus 
einer Epoche, die solche Zeugnisse spärlich oder gar nicht über- 
lieferte. So konnten bisher nur aus dem Spielplan und den Text- 
büchern Aufführungen des Freihaus- und Leopoldstädter-Thed- 
l VgL idii. Pezzl, Skizze von Wien. Herausgegeben von o. Gugltz und A. Schlos- 
auf, cm im, s. a: "s, Ist llüth nicht nehr lange, duii die Mode den Pinn von 
Wien und die Gegend lllllhel auf die Flehe! der Schönen iunm. Es schmerzt 
llllch, dnß der Geschmack für diese Flehe! gefallen m... Gewlß, ein solcher 
am." Ist unendlich "um nin jener mll dem plpatllehen Einzug, mit d" inn. 
ters zwischen 1795 und 1798 erstmalig bildlich nachgewic 
werden (diese Ergebnisse werden abschließend im Rahmen ei 
eigenen Arbeit später veröffentlicht werden). 
Wie sehr durch diese Geschäftstüchtigkeit vor allem des 
schenkohlsehen Verlages die bisherige Vormachtstellung 
ausländischen Erzeugnisse nicht nur zurückgedrängt und 
brechen, sondern ihnen sogar ein erfolgreicher Konkurre 
kampf angesagt wurde, geht aus einer Reklamcankündigung 
Jahres 1786 im „Journal der Moden" hervor (zitiert nach: E. 
Braun, Altwi-encr Fächer und Miniaturen von H. Löschenkt 
In: Graph. Künste, jg. XXVIII, 1905, Mitteilungen Nr. 2, S. i 
„Da die Augsburger meine Kupferstiche schon seit einigen j 
ren copiren, und die Franzosen meine Fächer nachmachen, i 
auf der Frankfurther Messe verkaufen, und in auswärtigen L 
den sehr beliebt sind; so ist ganz leicht zu schliesen, daß ich l 
einen namhaften Absatz an verschiedene Handelsplätze zu w 
sprechen habe. Ich versichere zugleich, daß, wenn die Abnah 
bey mir in solcher Quantität geschieht, als ich mir versprecl 
und hoffen kan, ich den einzelnen Handverkauf in meinem l 
wölbe aufgeben,und mich nurlediglich dahin beflcißen werde, z 
Herrn Kaufleute immerzu mit neuen Stücken in erforderlic 
Menge versehen zu können. Sollten einige Herren Kaufle 
noch französische Fächer haben, deren Überzüge nicht intei 
sant genug sind, so können sie ncue auf ihre Gestelle bey i 
erhalten. 
Wien, den tSten May 1786. Löschenkohl. 
Die Vielfalt der auf den Fächern dargestellten Themen, wie 
aus den erhaltenen Stücken und mehr noch aus den zahlreicl 
Ankündigungen hervorgehen, sowie die in vielen Fällen erv 
senen Massenauflagen zeigen, daß die Nachfrage einem 
dürfnis der Zeit entsprach, wobei gesagt werden muß, daß die 
durch immer größere Auswahl nicht nur geweckt, sondern Ell 
gereizt wurde. Ebenso reichhaltig war die Qualität der Ausf 
rung, für jedermanns Geschmack und Ansprüche war vor 
mltlnnltldlen Audienz Dtlßl der jetzlge Zuuberfäeht-r." - Vgl. auch s. 3111. 
1 Vgl. G. Gugltz, Das Anlienhzsl lni alten Wleli. In: Von Lauten und Zelten 
alten wlßh. Vun E. K. ßiixmiui und n. Gugilz. Wien 1921, s. es 11., iuit 
hlltlung alliea Annenflehera (nach s. M), den nunmehr das Historische Mus 
besitzt, jcdßch in 52h! beschldlgtem Zustande. 
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