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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 3)

 
Türkischer (h-luclxlvppich aus dem frühcn 18. jahrhun- 
dcrt. 156 T 123 cm. 
II-lerrrichlsrhcs Yhlstllln m zmgewunxlle Kunwt. 
Trägt der Mihrab dieses Teppichs noch deutlich architektonisi 
Züge, so ist auf dem Teppich in Abb. 2 bereits eine Umdeutt 
ins Stilisierte wahrzunehmen. Die Säulchen stützen den Gie 
nicht mehr, sondern sind zu ornamentalen Bändern geword 
ohne ihren Ursprung aus dem Bereiche der Architektur gänzl 
zu verbergen. Der Giebel selbst ist im Gegensatz zum Giebel 
Abb. 1 nicht glatt, sondern eigentümlich getreppt gezeieht 
Das hängt damit zusammen, daß die Mihrabgiebel der nat 
liehen Vorbilder sehr häufig aus Kragsteinen in Gestalt unech 
Gewölbe geschichtet werden, wobei naturgemäß die einzeli 
Bauglieder einander überragen und stufenweise in die Höhe s 
gen. Die Stufen werden dann zu kleineren Nischehen („Stab 
titen") umgestaltet und ihnen so ein gefälligeres Aussehen v 
liehen. 
Die Grundierung des Mihrabfeldes ist wieder Rot, was bei t 
Persern die Farbe des Wohlergchens, bei den Arabern die Fm 
des Schaitans bedeutet. Auf diesem roten Grund ist im Giebel e 
Moscheeampel angebracht, das Sinnbild für das Licht der Bar 
herzigkeit, das Allah selbst ist. Darunter hängt verkehrt e 
Kanne, wie sie der Gläubige braucht, wenn er die für das ( 
bet vorgeschriebene Waschung vornimmt. Die Nelke, die i 
der Kanne entspringt, sagt uns jedoch, daß das Gerät wenig 
als Abbild der Wirklichkeit, sondern eher als ornamentales Ä 
tiv aufgefaßt werden sollte. 
Die Frage nach der Herkunft des 'l'eppichs läßt sich vor all 
aus den Mustern in den Zwickeln der Giebelfelder beantwort 
Sie werden von einer bizarr gezackten und spiralig gekrümm 
Blütenstaude eingenommen, welche bei Giordes-Teppichen öi 
(jtbtlsluplwich aus Uhu-du. 18. Iahrhundvurt, 163 - 
lYslerreirhl-rhcs xum-um 1m ulvgrukllllllq- Kunal. 
durchgehen kann. Es dient in der Moschee dem Zweck, die Rich- 
tung nach Mekka anzuzeigen, wenn der Imam davor Aufstellung 
nimmt und der Gemeinde die Gcbctc versagt. 
Neben der Zeichnung des Mihrab trägt das Innenfeld in den 
Zwickeln der Giebel und darüber floralen Dekor. Im Mittelgie- 
bei hängen Nelken herab, ebenso in den Seitengiebeln, nur sind 
sie hier kleiner und eckiger gezeichnet. Über den Giebeln wur- 
den in die Zwickelräume große Arabeskblätter hineinkomponiert, 
die eine Art von Flammen umgebene Kreuzblüle umschließen. 
Ober dem Mittelgiebel wächst eine Arabeskblüte empor, über- 
dacht von einem Paar geknickter Zackenhlätter, welche in der 
Form den Giebel gleichsam wiederholen. Interessant ist der 
Hauptstreifen der Bordüre. Er enthält die um eine Rosette grup- 
pierte, sich wiederholende Abfolge quadratisch stilisierter Blatt- 
formen, bei denen die Mittelrippe durch einen Diagonalbalkcn 
gekennzeichnet ist. In den Begleilstreifen finden sich wieder Nel- 
ken, die aber diesmal im Sinne einer fortlaufenden Ranke an- 
einander gereiht sind. 
Das häufige Vorkommen des Nelkenmusters auf diesem und 
vielen anderen Teppichen Kleinasiens zeigt die ungeheure Be- 
liebtheit, welche die Nelke in Kleinasien genoß. Allein in Stambul 
wurden im achzehnten jahrhundert ZOO Arten von Nelken ge- 
zogen, die sich sowohl durch die Farbe wie durch den Duft von- 
einander unterschieden. Möglicherweise ist es der starke Duft, 
den die Pflanze ausströmt ("der Wohlgeruch der Erfüllung", wie 
der Dichter sagt), der sie für die Menschen des Orients so anzie- 
hend macht, daß sie auch im Dekor so oft verwendet wird. 
Das auffällige Muster der Hauptbordürc mit den quadratisch 
stilisierten Blattformen ist dagegen weniger verbreitet. Nach 
xCelal Asad ist es besonders auf Teppichen aus Kula und Rhodos 
anzutreffen. Nach anderen wird unser Teppich jedoch nach La- 
dik, und zwar in das achtzehnte jahrhundert, gesetzt. 
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