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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 3)

 
Ein Banyai-Knüpfer für die Pn 
Stiege des Burgtheaters in Wien 
Teppichiabrik Bacher, Frankl u. 
Das kräftige Rot des Grundes 
die einfache und strenge Muster 
ergeben im Zusammenklang mit 
Mnrmor- und Stucktöncn der 
chitektur eine festliche Wirkung 
ließ die bestehenden Privatbetriebe zu Weltfirmen sich ent- 
wickeln. Schon 1795 hatte Österreich in der „K. k. Aerarial Wol- 
lenzeug-, Tuch- und Teppichfabrik in Linz" ein bedeutendes 
staatliches Produktionszentrum besessen, dessen Erzeugnisse auf 
den der Förderung des heimischen Gewerbes dienenden Gewer- 
beprodukten-Ausstellungen der dreißiger und vierziger Jahre 
höchste Anerkennung fanden. 1850 wurde der Betrieb als für 
den Staat unrentabel aufgelöst. Der Absatz war im wesentlichen 
auf die innerösterreichischen Lande beschränkt und eine nicht 
gerade ambitionierte Verkaufsorganisation tat ein übriges, um 
diese Erzeugnisse der Biedcrmeicrzeit im Auslande unbeachtet 
zu lassen. 
Erst die Umstellung auf die Jacquardweberei, die z. B. bei der 
ältesten Privatfirma Philipp Hans im Jahre 1828 erfolgte, und 
auf die mechanische Produktion, die bei Johann Backhausen im 
Jahre 1869 durchgeführt wurde, machte die Erzeugung von In- 
dustrieteppichen in größerem Ausmaße möglich. In diese Zeit 
fallen daher auch die ersten bedeutenden Teppichaufträge und 
Lieferungen. Als im Jahre 1878 Österreich Bosnien und die Her- 
zegowina annektierte, versuchte man das heimische Kunsthand- 
werk dieser Länder neu zu beleben, indem man in Sarajewo eine 
Teppichmanufaktur einrichtete. Die Schulungskräfte hiezu wur- 
den in Österreich, im Betrieb der Firma Backhausen in Hohen- 
eich, angelernt und ausgebildet. 
Aber alle Vorkriegserfolge der österreichischen Teppichindustrie, 
das weitverzweigte Verkaufsnetz und die große Zahl von Nieder- 
lassungen, wurden durch die Erschütterungen, die zwei Welt- 
kriege gerade für die österreichische Industrie mit sich brachten, 
zum Teil zerstört oder immer wieder in Frage gestellt. 
Nach dem folgenschweren Einschnitt des Jahres 1945 began- 
nen die alten renommierten Firmen zum zweiten Male mit dem 
Wiederaufbau und Ausbau ihrer Produktion. Zu ihnen gesellten 
sich jüngere Unternehmen, sodaß gegenwärtig in Wien vier Fir- 
men - Philipp Hans und Söhne, Johann Backhausen und Söhne, 
Teppich- und Möbelstoffwerke A. G., Wiener Teppiehfabrik Ba- 
cher, Frankl und Co. - ihren Sitz haben, die die österreichis 
Teppichproduktion repräsentieren. Neben einem Erzeugungs; 
gramm, das die allgemein üblichen Artikel umfaßt, bringt a 
jede der Firmen ihr Spczialerzeugnis auf den Markt, und da 
eine belebende und individuelle Note in die standardiesierte P 
duktion. 
Philipp Hans und Söhne, 1810 gegründet, ist für seine in El: 
gassing hergestellten Handknüpfer bekannt. Diese Spezialerze 
nisse, die auch in modernsten Farben und Dessins hergesti 
werden, vermögen dem europäischen Teppich neues Ansel 
und Bedeutung zu geben. ' 
Die Firma Johann Backhausen hat die Erzeugung der Ha 
knüpfteppiche stark eingeschränkt, jedoch die Herstellung 
Velour- und Boucleteppiche auf ein Vielfaches der Vorkrie 
produktion zu steigern vermocht. 
Aus einem im Jahre 1848 gegründeten Familienbetrieb sind 
Teppich- und Möbelstoffwerke A. G. hervorgegangen. In Gr 
Siegharts, im alten Bandlkrztmerland, und Wien sind die Fal 
ken. Neben dem reichen Erzeugungsprogramm von Velo 
Boucleteppichen und Möbelstoffen bringt die Firma als ihr S 
zialerzeugnis den „Tcfzct-Orientteppich" auf den Markt. 1 
den besten ausgesuchten Wollen bestehend, wird er einzeln . 
der Hand angefertigt. Er ist von dichter Struktur - 180.4 
Noppen auf den Quadratmeter - und seine Dessins sind n: 
den schönsten Orientteppichcn gebildet. 
Die Wiener Teppichfabrik Bacher, Frankl und Co. erzeugt ' 
allem den maschingeknüpften, sogenannten Banyai-Knüpfer 
der Qualität „Persia". Die Gewebebindung erfolgt durch 1 
Smyrnaknoten und beträgt 50.000 bis 55.000 Knoten für 4 
Quadratmeter. Zur Herstellung dient ein Knüpfstuhl, 1 
Dr. Maurus Banyai, ein Österreicher, in den zwanziger Jah 
erfunden hat. Die Firma, die vor dem ersten Weltkriege im 
detenlande beheimatet war, hat in Pottendorf bei Wien, in ein 
alten Textildistrikt Niederösterreichs, im Jahre 1921 eine n 
Heimat gefunden. 
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