Porzellanmanufaktur Du Pnquicrs und ihr nahestehende Haus-
mnler haben einen sehr verwandten Dekor auf Porzellan mit
Vorliebe gepflegt. Auch diese Sehwarzlotgläser bilden nur ein
Zwischenspiel, allerdings eines von guter Qualität. Es müssen
natürlich keine direkten Beziehungen zwischen den Wiener Por-
zellunmalern und den Sehwarzlotmalereien auf den böhmisch-
sehlesischcn Gläsern der zwanziger und dreißiger Jahre be-
stehen; aber fast gleichzeitig kommt der Sehwarzlotdekor auf
Glas und auf Porzellan aus der Mode.
Die böhmiseh-schlcsischen Glashütten und ihr Einflußbereieh be-
saßen eine erstaunliche künstlerische Regsamkeit. Ihnen ver-
danken wir ja auch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die
Zwischengoldgläser mit allen ihren Abwandlungen im Dekor.
Kein Wunder, dzxlS hier auch die Frage des Emaildekors in einer
von der sonst üblichen Emttilmalerei abweichenden Form auf-
gegriffen wurde. Diese Gläser - meist einfach faeettierte Be-
eher, Pokale und Flaschen - tragen dem geänderten Zeit-
gesehmaek Rechnung. Die zierlichen Figuren des Rokoko und
des Frühklassizismus bewegen sich Zwischen Rocaillen, Land-
schaits- und Archilekturandeutungen. Die Furhen sind häufig
Ton in Ton nhschallicrt; etwa von Weiß bis Purpur oder von
Weiß bis Blau; aber auch die viellarbigen Darstellungen zeugen
von einem feineren Farbemplinden und sind malerisch wert-
voller als man es von den Humpen und Flaschen dieser Zeit
sonst gewohnt ist. Neben dem Limaildekor gibt es noch reizende
Goldmalcreien mit duftigen Roeziillen und kleinen Figürchen in
einfachsten Landschaftsnndeutungcn. Die Frage nach Entste-
hungsort und Künstlerpersänlichkeiten läßt sich für diese Glas-
veredelung ehenso wenig beantworten wie für den Schwarzlot-
dekor und die Zwisehengoldverzierung. Da aber die limailmalcrei
auf Glas nicht an die Glashüue gebunden ist, sind Beziehungen
zu den Malern der Wiener Porzellnnmanulaklui" auch in diesem
Falle nicht ganz von der Hand zu weisen.
DIE PFARRKIRCHE VON WILTEN BEI INNSBRUCK
Von OTTO R. v. l.L"I"I'l.R()'
I)iv Wiltcnrr PIurI-Ltiirlni lUllHfP in (Im: fahren 1953-56
unter Leitung 11er Dmkmulanzlci" nach Plänen der Archi-
tekten Robert IWm-zrr (T) und Ingo Forxlcr in vorbild-
licher [Weise l'c.tfzttll'it'l'f.
Dem XVandercr, der vom Süden her die Brenncrstraße ins lnntll
herabsteigt, fällt allsogleiclt eine mächtige G bäudemasse, von
Türmen und Kuppeln überragt, ins Auge. Es ist die Gottcsburg
des Stiftes Wilten mit den zwci Kirchen, ein tirolischer Escorial
und zugleich Nordtirols älteste Kulturstätte, in vergangenen
Jahrhunderten Mittelpunkt im weiten Inntal, Keimzellc des
Frühchristcntums, führend als Pflcgestätte von Kunst und Wis-
senschaft. Das Alter der an einem wichtigen Straßenknotcnpunkt
gelegenen Siedlung reicht nach den Funden bis in die vorge-
schichtlichc Zeit zurück. Auch dic. Römer ließen sich hier auf
dem Sillschuttkegel nieder; der Ort wird im Itincrar des An-
tonin „Vcldidena" genannt und es haben sich auf dem Boden
des heutigen Klosters viele römische Altertümcr gefunden.
Nach den Stürmen der Völkcrwanderungszeil taucht erst 870
der Name „Wiltina" wieder auf. Es bestand hier eine dem rö-
mischen Märtyrer Laurentius geweihte Kirche unbestimmten,
aber sicher hohen Alters, später verbunden mit einem Konvent
von Klerikern. Bischof Reginbert von Brixen ersetzte diese Kon-
vcntualen zwischen 1128 und 1138 durch den Orden der von
St. Norbert gegründeten Prämonslratenser und schuf damit ein
rcichbestiftctes Kloster, auf dessen Grund und Boden seit 118i)
die Stadt Innsbruck emporwuchs. Die förmliche Bestätigung des
neuen Klosters zu Willen erfolgte 1138 durch Papst Inno-
zcnz II., die Schenkungsurkunde des Brixner Bischofs Rcginbcrt
stammt von 1140. -
Damals übernahm der erste Propst Marchward, Norberts Schü-
ler, Kirche und Kloster Wilten samt der Pfarrkirche aus den
Händen des Bischofs. Diese Kirche für die Pfarre Wilten, der wir
uns heute im besonderen zuwenden wollen, bestand also sicher
schon bei der Ankunft der Prämonstratenser und ihre weitaus-
gedehnlc Seelsorge erstreckte sich über das Gebiet des heutigen
Innsbruck („St. Jakob in der Au", „St. Moritz am Inn"), Höl-
ting, Mutters-Natters, Völs und St. Siegmund im Scllraintal.
1261 wurde die Kirche, ein wohl romanischer Bau, vom Bischof
Bruno von Brixen neuerdings bestätigt, fiel um 1299 wahrschein-
lich samt Kloster und Stiftskirche einer verheerenden Feuers-
brunst zum Opfer und wurde 1310 als „ecclesia nova in Wilthina
prope monastcrium" (als neue Kirche in Wilten nächst dem
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Kloster, so genannt 1309) neu geweiht durch Bischof Johannes
Wulfing von Brixen. Die Form dieser Kirche is s einem Grund-
riß zu erschließen, den der Stiftsprior und spatcrc Abt Andreas
Mayr 1609 einer Eingabe an die oberösterreichische Regierung
um Bcisteuer zum Umbau der alten Pfarrkirchc beigelegt htttc.
Lis war ein einfacher rechteckiger Kirchcnraum, durch vier Pfei-
lcr in drei Schiffe geteilt, unsicher ob mit flacher Balkendeck-e
oder doch eher schon (um 1300!) gewölbt. Der polygonale go-
tische Chor wurde wahrscheinlich erst unter Abt Alexius Stoll
(1470-1492) angebaut und wohl damals, falls es nicht schon
früher geschehen war, auch das Schiff eingewölbt. An der Süd-
ostecke erhob sich ein hoher Glockenturm. Der Hochaltar, ein
Ziboriumbau, mit dem Gnadcnbild „Maria unter den vicr
Säulen" stand mitten im Kirchenschiff.
Die Wiltcner Pfarrkirchc ist ja zugleich eine der ältesten und
berühmtesten Wallfahrtsstältcn Tirols. Die mittelalterliche Le-
gendc, nach der christliche Soldaten der römischen „Legio ful-
minata" (Blitzlegion) bei ihrem Feldlager in Veldidena ein Ma-
donnenbild unter vier Bäumen aufgestellt und so den Anlaß zur
Wallfahrt gegeben haben sollen, deutet zumindest auf den früh-
mittelalterlichen Ursprung der Wallfahrt und Kirche hin. Nach
Übernahme der Pfarrkirchc durch die weißen Mönche um 1128
erlebte diese Wallfahrt eine Blütezeit. Nach Urkunden aus dem
13. Jahrhundert zogen die Chorherren mit dem Volk jeden
Mittwoch und später auch Samstag in Prozession vom Stift in
die Pfarr- oder Fraucnkirche. Der Neubau von 1310 war daher
wohl auch wegen der großen Pilgerscharen notwendig, die aus
den Kirchengemeinden von nah und fern nach Willen zogen.
Die heutige, auf dem Hochaltar befindliche gotische Statue der
thronenden Maria mit Kind (aus Sandstein, 88 cm hoch, nach
Restaurierung wieder in alter Fassung) stammt aus der ersten
Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist der sogenannten Anger-
Muttcrgottes im Bayerischen Nationalmusctim in München
ähnlich.
Die Verehrung zu Maria unter den vier Säulen zeigte u. a. dic
jährliche Prozession der Stadt Innsbruck zum Agathafest (5. lieb-
ruar), um die Agathenkcrzcn gegen Feuersgefaht" zu opfern. Als
1529 Wien von den Türken belagert wurde, unternahm die Stadt
ebenfalls eine große Wallfahrt. Daß Wilten und Innsbruck beim
Bauernaufstand 1525 und später beim Einfall des Kurfürsten
Moritz von Sachsen (1552) von der Plünderung verschont blieb,
schrieb man dem besonderen Schutz des Gnadenbildes zu. Schon
Herzog Friedrich mit der leeren Tasche (gcst. 1439) stiftet-e 1418