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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 6)

ben. Ihre Herkunft ist urkundlich nicht nachweisbar, doch deuten 
stilistische Vergleiche auf den Oberrhein mit dem Schwerpunkt 
Straßburg. Der europäisch geschulte Hauptmeister war mit den 
herkömmlichen Gesetzen der Glasmalerei ebenso vertraut wie 
mit den modernsten Wagnissen der zeitgenössischen Buch-, Til- 
fel- und Wandmalerei. Das szenische Bildmcdaillon wird erstm als 
auf die gesamte dreilanzettige Fensterbreite ausgeweitet. Vom 
Kathedralmotiv der Fcnsterrose abgeleitet, verrät das in Mall- 
werk gefaßtc Rundmedaillon - der Typus des Passionsfensters 
- den direkten Einflufl straßburgischer Kunst; auch ist die 
Nachfolge dieses kühnen Motivs nirgends so lebhaft wie im 
Elsaß. Zudem lassen die baugerecht-e Architektur der Taberna- 
kelfenster und das System der Kielbögen im Apostelfenster auf 
elsässische Herkunft schließen. Möbelhafte Bauwerke beginnen 
den Bildraum nach der Tiefe auszuweiten _ ein italienisches 
„Zitat", wie es gleichzeitig von mehreren Malern nordseits der 
Alpen gewagt wurde, beispielsweise auch auf den Rückseiten 
des Klosterneuburger Altars und im Salzburger Antependium 
von etwa 1325. In der Glasmalerei freilich bedeuten solche An- 
sätze des Raumillusionismus eine kritische Neuerung, und der 
Königsfelder Hauptmeister scheint mit ihnen als einer exzentri- 
schen Modernität die ehrwürdigen Flächcngcsetze seiner Kunst 
auf die Probe stellen zu wollen. Das Kolorit hat teil an der Auf- 
hellung und Differenzierung, die zum Ehrgeiz des frühen 
14. Jahrhunderts gehören. Erlesene, ja raffinierte, meist lichte 
Zusammenklänge beherrschen die Farbigkeit der Figuren, wäh- 
rend in den Bildgründen die überlieferte Glut von Blau und Rot 
nicht aufgegeben ist. 
Die großen Medlillons sind folgerichtig zu Einheiten neuer Art 
entwickelt: Kontinuierlicher szenischer Handlungsraum von gan- 
zer Fensterbreite, Figuren gleichen Maßstabs, alle auf das Haupt- 
crcignis gerichtet, das meist in der Mitte des dreiteiligen Bildes 
spielt. Über den Rahmenzwang und die ikonographischen For- 
meln hinausgehend, beginnt die Komposition sich als eine for- 
male und sinndeutende Leistung zu behaupten. Im Gerüst der 
Fensterpfosten und Quercisen symmetrisicrt sieh die Erzählung; 
Zumal die Tondi des Passionslensters zeigen geradezu „klassi- 
sche" Gliederung. Dank strenger Bildgeometrie heben sich die 
Figuren mit ihren Umrissen luftig und lesbar vom Grunde ab. Die 
edle Besonnenheit dieser „Repräsentationserzählungen" ist für die 
Königslelder Dramaturgie ebenso kennzeichnend wie ihre Logik 
und ihre sachliche Knappheit. 
Wer sich ans Einzelne wendet, kommt in den Bann eines makel- 
losen Menschengesehlechts: Gestalten von edlem Wuchs, anmutig 
in zeitloser Jugend, zuchtvoll bewegt, hölisch vom Scheitel bis 
zur Sohle, Köpfe von feinstem Schnitt, mit mandellörmigen 
Augen, hellen Blicks, Gewänder mit melodisehem Faltenlall - 
Reinheit und Wohllaut in jedem Zug. Schmerz und Trauer blei- 
lJen gefallt, die Martyrien geschehen beinah blutlos - so sehr 
kommt in der hellen, bewußten Bildordnung das Vertrauen in 
die Heilsgeschichte zur Anschauung. Unmittelbare Vorläufer die- 
ses hohen Figurenstils scheinen nicht erhalten zu sein; die näch- 
sten Verwandten weisen wiederum an den Oberrhein -- u. a. 
nach Heiligkreuztal (wohl eine Konstanzer Arbeit um 13iO[20) 
- der mit den Zentren Straßburg und Konstanz auch als Hei- 
mat der Königsfelder Werkstatt gelten darf. 
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