erkennen lassen, daß man gewillt ist, die Formgebung von gül-
tigeren Normen als bisher abhängig zu machen.
Diese Ansätze zeigen sich in den für die Brüsseler XVeltausstel-
lung bestimmten Exponaten, einem Glasservice und zwei Mok-
kascrvicen, deren Entwürfe auf Grund einer Ausschreibung zu-
stande kamen. Es scheint uns, daß damit die alte österreichische
Tradition in einer für die Gegenwart gültigen Formensprache
fortgesetzt wird. Österreich war ja in der Porzellanerzeugung
und ebenso in der Glasproduktion Jahrzehnte hindurch domi-
nierend. Die Wiener Porzcllnnmanufaktur, eine Gründung des
18. Jahrhunderts, gcnoß in der Ära Sorgenthal (1784-1804) ein
Ansehen und einen Einfluß, dem sich selbst die Manufaktur von
Sevres nicht entziehen konnte. Und die Glasproduktion in den
böhmischen Glasdistrikten der Monarchie war für den Glasstil _
des 18. und 19. Jahrhunderts in allen europäischen Ländern maß-
gebend.
Der gegenwärtige Besitzer der Tiroler Glashütte in Kufstein,
Claus Josef Riedel, entstammt einer dieser alten böhmischen
Glasmacherfamilien. Erst 1957 hat er den Betrieb in Kufsteiit
aufgenommen. Das Glasservice, das die Hütte nach den Ent-
würfen des Wiener Architekten Alfred Soulek entwickelte, zeich-
net sich durch klare Formen, Einfachheit und praktische Ver-
wendbarkeit aus. Allen Einzelteilen des Services liegt die ein-
fachste aller Gefäßformen, der Becher, zugrunde. Um ihm aber
die nötige Standsicherheit zu geben, ist die Bodenfläche massiv
gehalten, jedoch durch das sogenannte Eis, die klare über dem
hohlgeschliffenen Boden liegende Glasschichte, seiner Schwere
beraubt. Trichterförmig steigen die Becher darüber auf und un-
terscheiden sich nur durch ihre Proportionen, die sich nach ihrer
Bestimmung als Weim, Wasser, Bierglas usw. richten.
Was sich von dem Glasservice sagen läßt, gilt auch für die beiden
Mokkaservice der Wiener Porzellanfabrik Augarten. Die unde-
korierte Ausformung, gleichfalls nach einem Entwurf von Al-
fred Soulek, bringt die klare Formensprache der einzelnen Ser-
viceteile zur vollen Geltung. In jedem Wohnensemble werden
diese zeitlos gültigen Formen einen festlichen Glanzpunkt bil-
den. Das von dem Architekten Peter Pcrtz entworfene Service
hingegen, mit dem zarten Liniendekor, der sich gleich einem Netz
in freier Weise über die Gefäßwand zieht, wird eher im Rahmen
eines modernen Wohnenscmbles seine individuelle Note erst
richtig zur Geltung bringen.
UNSEREAUTOREN
Mokkascrvice mit zartem Strichdekor nach einem Entwurf des Arch.
Peter Pcrtz. Ausgeführt von der Wiener Porzellanfabrik Augarten. Von
oben nach unten: Mokkakanne, Milchgießer, Zuckerdose und Schalen
mit Untertasse.
Emil Maurer, geboren am 1. Januar 1917, Dr. phiL, Privatdozent für
Kunstgeschichte an der Universität Basel, Denkmalpfleger des Kantons
Aargau, Bearbeiter der „Kunstdenkmäler des Kantons Aargau". Stu-
dium an den Universitäten von Zürich, Paris (Sorbonne) unu Basel.
Publikationen: Jacob Burckhardt und Rubens. Basel 1951. - Die Kunst-
denkmäler der Schweiz, Bd. 29 (Bezirk Brugg) und Bd. 32 (König-s-
felden), Basel 1953 und 1954.
]obnrm Muxchile, geboren 1911 in Wien, Kunstkritiker der Zeitung
„Neues Österreich", Mitglied der Association Internationale des Criti-
ques d'Art, Träger des Preises der Biennale von Venedig, 195-1, für die
beste in der internationalen Presse erschienene Kunstkritik und des
Theodor-Körner-Preises 1957.
Günther Probrzl, geboren 1887 zu Graz. 192() Dr. phil. (Geschichte bei
Oswald Redlich und Alfons Dopsch, Kunstgeschichte bei Max Dvoi-ak)
1921-1924 Institut für österreichische Gesehichtsforschung, sodann in
der Privatwirtschaft. Während des Krieges Dienstleistung im Kunst-
historischen Museum in Wien. 1954 mit dem Titel eines Professors
ausgezeichnet. Derzeit Pächter einer Münzhandlung in Graz. Werke:
Friedrich v. Amerling, Wien 1926; Die geprägten Schaumünzen Inner-
österreichs (Steiermark, Kärnten, Krain, Corpus), Zürich-Leipzig-Wien
1928; Der Schatz des Ordens vorn goldenen Vlielle, Wien 1926; Quel-
lenkunde der Münz- und Geldgeschichte der ehemaligen Österreichisch-
Ungarischeu Monarchie, sowie zahlreiche Aufsätze in Fachzeitschriften.
(Siehe „Alte und moderne Kunst", Heft 4, 3. Jg.)
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