Schloß Kirchslenen, Detail aus dem
Deckengemälde: der blumcnslreu-
ende Frühling mit Saturn und der
Wahrheit (rechts am Rand).
den Repräsentanten der Zeit, die in ihrem Ablauf durch die
Personifikationen derjahreszeiten-unter denen der Beherrscher
des Meeres für den Winter steht - wie durch eine poetische
Fabel sichtbar gemacht und verdeutlicht wird. Maulbertseh hat
die Allegorie mit größter Freiheit behandelt. Die Figur der Wahr-
heit erscheint nicht mehr mit der Sonne, ihrem überlieferten
Attribut, sie selbst wirkt im hellen Himmelsschein mit ihrem
Körper als liehtverklärte Gestalt, gleichsam niederschwebend in
die Zone der Götter, durch die leuchtend roten Draperien aber
zugleich hinausgehoben über ihre Welt. Das triumphierend er-
hobene Szepter und die Fessel an Saturn dokumentieren an der
großartig erfundenen Figur, die rittlings auf der emporflattern-
den Draperie durch den Raum schwebt, Herrschaft und Sieg über
den Reigen der Götter und den Reigen der durch sie veran-
schaulichten jahreszeiten.
Maulbertsch hat die ligurale Komposition, die mit wogenden
Schrägen durch das Bildfeld schwingt, durch landschaftliche Ele-
mente begrenzt und gestützt. Felsenstufen tragen die Stilleben
und, zu beiden Seiten emporsteigend, die Gestalt Neptuns, die
Ziege Amalthea und Bnechus. Sehäumcndes Wasser trennt Nep-
tun und Nereide von den Figurengruppen um Saturn. Die lich-
ten Wellen gehen in den Fall der weißen Draperie über, die Sa-
turn umrahmt und auch in einer zweiten Bahn vor der Welt-
kugel niederiällt, sodaß der all: Gott mit hoch cmporgezogenen
Beinen wie auf einer Insel in den Himmel zurückgeworfen liegt.
Ein hoher Baum ragt mit seinen Ästen über der Ziege in den
Bildraum herein: die irdische Sphäre mit Felsen, Wasser und
Gewächs und der himmlische Raum mit seinen Wolken werden
zum frei zusammengeiaßten Schauplatz für die von einer wo-
genden Bewegtheit erfüllten Figuren. Als sei die Vision der Göt-
terwelt gleichsam im Sturmwind sichtbar geworden, so drang-
voll ist jede körperliche Aktion mit äußerster Spannung ger-
iüllt und so kühn zur höchsten Steigerung ihrer Gebärde ge-
führt. Mit unvergleichlicher Vorstellungskraft hat Maulbertsch
den nach allen Seiten ausgreilenden Frnuenakt mit dem Szepter
gemalt, in voller und lichter körperlicher Schönheit, die in stärk-
stem Kontrast zu dem grotesk verkürzten Akt des Saturn steht.
Dem Haupt des Gottes beugt sich das Hitupt der Frau mit den
Kirschen entgegen und der im wehenden Himmelswind fliegen-
den Gestalt der lilora mit ihrem Putto antwortet auf der Gegen-
19