haben, um Ehre und Ruhm zu gewinnen, so daß ich dann Gott
würde danken dürfen, daß er mir einen solchen Sohn gegeben
hat. Um aber meinesteils alles das zu tun, was bei mir steht,
schreibe ich Euch, mein Sohn, diesen Brief im Vertrauen darauf,
daß Gott mir dabei das Richtscheit hält. Seid fromm, bleibt in
seiner Furcht und liebt ihn über alles."
„Mein Sohn, Ihr sollt ein Freund der Gerechtigkeit sein. Befehlt
Ihren Dienern, sich nicht von Neigung und Leidenschaften be-
wegen zu lassen, noch weniger durch Geschenke. Niemand möge
auch das Gefühl haben, daß Ihr selbst aus Liebe, Ärger oder
Leidenschaft etwas entscheidet, am wenigsten in der justiz. Doch
sollt Ihr der Gerechtigkeit nach dem Beispiel unseres Herrn beiv
gesellen die Barmherzigkeit. Für Eure Person müßt Ihr ruhig
und gemessen sein. Führt niemals etwas im Zorne aus. Seid zu-
gänglich und leutselig, höret guten Rat und hütet Euch, wie vor
Feuer, vor den Schmeichlern."
Das lange Schreiben endet mit einem Gebet: „Gebe Gott, mein
Sohn, daß Ihr mit Gottes Hilfe so lebt und wirkt, daß ihm ge-
dient sei, und daß er Euch nach diesen Erdentagen in seinem
Paradies erwarte, worum ich ihn bitte als Euer guter Vater."
Es sind keine großen Worte. Im Gegenteil, es ist eine schlichte
Frömmigkeit, wie ja auch jene Mahnungen keine Spur von kom-
plizierten Gedankengängen aufweisen.
Josef Lortz sprach einmal von dem „Weihebewußtsein stark
objektiver Prägung", das Karl V. zu eigen gewesen sei. In der
Tat dringt dieses Bewußtsein von der heiligen Würde des Kaiser-
tums bei jeder Gelegenheit durch. Das Zeremoniell der Kaiser-
krönung ist der Bischofsweihe sehr ähnlich und dieser fast
sakramentale Charakter der Weihe hebt den römischen Kaiser
aus der Reihe der übrigen Fürsten hervor. Sie heiligt nicht nur
den Kaiser, der als „sacratissimus imperator" eine objektiv sa-
krale dignitas erhält, die ihn zum „rex regum principumque
princeps" erhebt, Sondern die auch auf das Reich selbst zurück-
strahlt und es zum „sacrum imperium" macht. Darum liegt die
Funktion des Kaisertums nicht in der Sphäre der Macht, sondern
des Rechtes und der Gnade. Recht zu sprechen, Streit zu schlich-
ten, Frieden zu wahren und Gnaden zu spenden und als supre-
mus advocatus ecclesiae die Kirche zu schützen und den Glau-
ben zu verteidigen, das sind die vornehmsten Pflichten seines
heiligen Amtes.
Bei der feierlichen Krönung in Aachen wurde der Erwählte
gefragt: „Willst Du den heiligen katholischen Glauben halten
und fördern? Willst Du treuer Beschützer der Kirche und der
Diener der Kirche sein? Willst Du das Reich in Gerechtigkeit
regieren? Willst Du dem Heiligen Vater, dem römischen Papst
und seiner Kirche die Schuldige Ergebenheit bewahren?" Die
tiefe Religiosität Karls V., an deren Aufrichtigkeit niemand
zweifelt, nimmt dieses Gelöbnis auf in den Bereich seines Ge-
wissens. In der Tat wurde es ihm nicht leicht gemacht, es zu
halten: denn seine Zeit setzt Politik und Religion in eine andere
Beziehung als es die Tradition des Mittelalters zu sehen ge-
wohnt war. Er selbst sah sich oft genug der Politik des Papstes
gegenübergestellt, während er dessen religiöser Autorität unbe-
dingte Ergebenheit entgegenbringt. Kaum eine andere Zeit als
die der Reformation hat das kaiserliche Schutzamt so heraus-
gefordert wie die Periode seiner Regierung. Die Frage der
inneren Reform der Kirche, die Frage der Glaubcnsspaltung und
die Frage des Schutzes der Christenheit gegen den Ansturm der
Türken, das sind und bleiben die großen und beherrschenden
Probleme kaiserlicher Politik. Alles andere, so sehr es die künf-
Großer Fayencclcller mit der Er-
stürmung von Goletn. Nach dem
Original des Giulio Romano von
Fra Xantho Avclli. Urbino, um 1535.
Unten. Museum m angewandte Kunst,
Wien.