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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 11)

Porträt Karls V. im Ordensornat. Aus der Handschrift 5 des 
Ordens vom Goldenen Vließ, fl. -12 v. 
Usterr. NllL-ßlhl. Cotf. 2606. 
ders die Gebildeten, unbedingt gegen eine französische Kan- 
didatur eingenommen, wenngleich sie andererseits von Karls 
Persönlichkeit nicht übermäßig entzückt waren. Maximilians 
sehr gescheite Tocwter Margarcthe, die mit fester Hand nicht 
nur die Verwaltung der Niederlande, sondern auch die Ver- 
tretung der habsburgischen Interessen in Deutschland führte, 
suchte - feinhörig für die Stimmung im Volke - den jüngeren 
Bruder Ferdinand a s Kronkandidaten vorzuschieben: dieser War 
ja nicht König von Spanien, bloß Erzherzog von Öste eich, 
mithin Reichsfürst und nichts anderes sonst, konnte daher weit 
weniger als Fremder empfunden werden. 
Aber da kam sie bei Karl schön an! In einem hingen Briefe 
legte er ihr dar, taß angesichts der zu gewärtigenden Welt- 
gegnerschttft nur die rücksichtslose Konzentration aller 
Machtmittel der gesamten Dynastie in seiner Hand ihren 
Bestand garantieren könne - Ferdinand würde als Kaiser eine 
mehr als traurige iigur machen. Wenn aber er, Karl, Kaiser 
geworden sei, dann werde er für den Bruder sicherlich in ge- 
ziemender Weise sorgen. Es versteht sich, dali diestr Zwischen- 
fall nicht geeignet war, das von gewissenlosen Höflingen schon 
längst geniihrte, an sich grundlose, Niifitrauen gegen den jün- 
geren Bruder zu be teben. 
Karl ist noch im jahrc 1519 Kaiser geworden, und jetzt erst 
konnte er, vorerst wenigstens mittelbar durch das in Augs- 
 
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burg amtierende Reichs- und oberste erbländischc Regiment - 
einer Ordnung der schrecklich verworrenen österreichischen 
Verhältnisse Vorarbeiten. Zunächst wurden Kommissare ausge- 
sandt, die unter vielen, mit erstaunlicher Geduld und Geschick- 
lichkeit überwundenen Schwierigkeiten, von Land zu Land die 
Huldigung der Stände einzuholen vermochten. Sodann bedurfte 
der Kaiser seines Bruders, um an seiner Statt das einst den ja- 
gelloncn gegebene Eheversprechen einzulösen: die Hochzeit Fer- 
dinands mit Anna von Ungarn und Böhmen fand 1521 in Linz 
statt. Die Ungarn waren mit dieser Regelung nicht sehr ein- 
verstanden, weil sie sich einen stärkeren Verwandten ihres 
Königshauses gewünscht hätten, denn der Druck der Osmanen 
wuchs von Tag zu Tag. Damit er nicht ohne Besitz sei, hatte 
Karl die östliche Gruppe der lirblande - des „Hauses Öster- 
reich", wie man sie in ihrer Gesamtheit damals nannte - Fer- 
dinand in Worms zugesprochen, allerdings mit einigen Ah- 
strichen, Tirol aber und die Vorlandc in Süddeutschland sich 
selhst vorbehalten. 
Dies war ein recht trauriges Arrangement, das die Vorfahren, 
wenn sie cs hätten noch miterleben müssen, schwer betrübt 
haben würde. Eine solche Zerreißung des Ländergefüges, das 
seit Babenbergcrzeitcn mit ruhiger Folgeriehtigkeit erarbeitet 
und über die Gefahren in der Zeit der Verwaltungsteilungcn 
glücklich hinübergerettet worden war, vernichtete mit einem 
Schlage einen politischen Faktor, dessen oft entscheidende Be- 
deutung schon im Mittelalter klar geworden war und dessen 
Fehlen für die Zukunft, angesichts der vom Islam her zu ge- 
wiirtigenden Aggression, äußerst bedenklich werden konnte - 
für ganz Europa! Nur ein junger, mit der speziellen Sachlage 
nicht vertrauter und von landfremden Politikern beratener Fürst 
wie Karl V. konnte die seinem ganz andersartigen Rcchtsdenken 
so fremde Problematik des österreichischen Gesamthandtitcls 
durch eine solche rohe Halbierung zu lösen suchen. Freilich 
leiteten ihn dabei auch andere Rücksiehten. Man weiß, welche 
Rolle in der großen Politik des Kaisers das Herzogtum Nfailztntl 
spielte, und man begreift, daß er größten Wert darauf legen 
mulltc, Tirol, das für ihn so wichtige Paßlitnd nach Oberitalien, 
in eigener Hand zu behalten. 
Gegen die Regelung von Worms (1521) regte sich alsbald dop- 
pelter Widerspruch. Die Ungarn machten mit Recht geltend, 
daß ein so unzureichend dotierter Erzherzog von Österreich 
ihnen im Falle des Vordringens der Osmanen so gut wie keine 
Hilfe leisten könne. Königin Maria, Karls V. Schwester, bot 
ihren ganzen persönlichen Einfluß auf, und daß Ferdinand sich 
nicht zufrieden geben konnte, versteht sich. So hat Karl V. 
im folgenden Jahre 1522 den entscheidenden Schritt getan, in- 
dem er auf seine aus der Gesamthand resultierenden persön- 
lichen Rechte auf die österreichischen Erhlande verzichtete und 
seinem Bruder nunmehr die gesamten österreichischen Herr- 
schaften, vermehrt um das kurz zuvor neu erworbene Württem- 
berg, überließ, wenn auch unter der Bedingung, daß diese Ab- 
machung vorderhand geheim bleibe - damit die Welt nicht 
etwa glaube, daß Karls Machtbereich eine Einbuße crlittcn 
habe! Dieser Brüsseler Vertrag vom 7. Februar 1522 darf als das 
Fundament der künftigen Geltung Österreichs in der Welt an- 
gesehen werden, und er bleibt mit Karls V. Namen verbunden. 
Erzherzog Ferdinand, der vier Jahre später die folgenschwere 
jagellonische Erbschaft in Ungarn und Böhmen anzutreten be- 
rufen war, ist allmählich seinem Bruder auch menschlich immer 
nähergcrücltt. Seit der Schlacht bei Pavia (1525) wußte der 
Kaiser, daß Ferdinand sein einziger natürlicher Bundesgcnosse 
in Deutschland, ja in der Welt sei, der seine Verläßlichkeit und 
Uneigennülzigkeit bewiesen hatte. Darum hat er ihn fortan 
auch nach Kräften gefördert, wenngleich er die liauptlast der 
Osmanenabwehr ihm und seinen Ländern überlassen mußte. Der 
Ansturm aus dem Osten galt ja gar nicht eigentlich dem „armen 
Herren von Wien", wie man Ferdinand am Bosporus vct öhnte, 
sondern seinem Bruder, dem „König von Spanien". Es ist be- 

	        
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