Ständen zu ihrem neuen Landesherrn nach Spanien gesandt wur-
den, befand sich als Vertreter der Steiermark Sigismund von
Herberstein. Er hatte schon das Vertrauen Kaiser Maximilians
genossen und war von diesem wiederholt mit schwierigen Auf-
gaben betraut worden. Bei den Verhandlungen der Abgesandten
der Länder mit Karl und dessen Räten (im Winter 1519120 in
Molin del R6 bei Barcelona) fiel Herherstein durch seine ge-
mäßigte und dem Landesfürsten gegenüber loyale Haltung auf.
Schon zu Beginn des jahres 1521 ernannte ihn Karl als sein
Landcsfürst „zu aincn lnnncl rat im fürstenthumb Steyr". Bald
wurde er auch als kaiserlicher Vertreter zu den Reichstagcn
entsandt und nahm dann an den Verhandlungen teil, die zu
den Erbtcilungsverträgen (1521, 1522) zwischen Karl und Fer-
dinand führten. Von da an versah er am Hof Ferdinands ver-
schiedene Ämter, wurde schließlich 1537 in den Freiherrnstand
erhoben, im selben Jahr zum Kriegsrat und zwei Jahre darauf
eine slawische („die windische") und eine romanische Sprache,
sondern halle auch Gelegenheit zu lernen, wie man nationale
Eigenart erkennt und sich ihr nnpaßt. Seine äußere Erscheinung
war aehtunggcbietend. In den Verhandlungen verband er mit
treffsicherer Schlagfertigkeit die Gabe, auch sehr unangenehme
Sachen in einer Art vorzuhringen, die nicht verletzte. Sogar die
ansonsten sehr distanzierten Moskauer schätzten ihn auch persön-
Ahb.2.
Vnsilij III. lvanoviö, Moskauer Großfüral 1505-4533.
Illunrution zur ersten Ausgabe von Herhcrsteins Musee-
viu (1549) von dem bekannten Kupferslechcr Augustin
llirschvogcl (1503-1553). Rechts unten eine nicht sehr
gelungene Wiedergabe des großfürsllichen Wappens.
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Abb. 1.
Sigismund Freiherr von Herbe lein im Ehrenklcid,
das ihm der Moskauer Großlu "t 1526 geschenkt
hat, Holzschnitt aus der autobiographischen Schrift
Herbersteins „Gratae posteritati...", Wien 1561).
zum Präsidenten der niederösterreichischen Kammer ernannt.
Wie Maximilian und Ferdinand, so schätzte auch Kaiser Karl,
dem er nur kurze Zeit diente, den gewissenhaften und gewandten
Mann. Vor allem für seine Mitwirkung bei den Erbteilungen
gewährte er ihm eine Wappenverbesserung, auf die wir noch
einmal zu sprechen kommen werden.
Seine bedeutenden Leistungen in kaiserlichen Diensten voll-
brachtc Herberstein jedoch nicht als Rat oder Kammerpräsident,
sondern als Diplomat. In jenem Gebiet geboren, in dem die drei
großen Völkerfamilien Europas aneinandergrenzen (Wippiach in
Krain, 23. August 1486), lernte er schon als Knabe nicht nur
Abb. 2.
Vasilij III. Ivanovie, Moskauer Großfürst 1505-1533.
Illustration zur ersten Ausgabe von Herbersteins Mosco-
via (1549) von dem bekannten Kupferstechcr Augustin
Hirschvogel (1303-1553). Rechts unten eine nicht sehr
gelungene Wiedergabe des großfürstlichen Wappens.
lich;so lud ihn der Großfürst Vasilij III. (Abh.2) zu einer Jagd
ein - eine seltene Ehrung für einen Gesandten. Aus einer rei-
chen Bildung schöpfend, vermochte er seine Gesprächspartner
zu beeindrucken und daher auch zu beeinflussen. Wie er Kaiser
Maximilian mit Erzählungen von seinen Reiseeindrüeken ge-
fesselt hatte, so werden auch andere mit Freude und Interesse
seinen Erzählungen gefolgt sein. Wie sehr er sich übrigens der
Bedeutung seiner Reisen bewußt war, zeigt schon allein, daß er
zu allen wichtigeren Reisen Holzschnitte anfertigen ließ, und
daß er bei der Wappenverbesserung, die ihm Kaiser Karl ge-
währte, als Helmzier drei Herrscher abbildele: In der Mitte der
Kaiser, zu seiner Linken der König von Spanien und zu seiner
Rechten der Großfürst von Moskau - sein südwestlichstes
Reiseziel und sein niordöstliehstes (Abb,5 und die Darstellun-
gen am oberen Rand der Karte, Abb. 6).
Zu den persönlichen Eigenschaften, die ihn zu einem glänzen-
den Diplomaten machten, kam noch eine wohlfundierte Sach-
kenntnis vor allem der Verhältnisse in den östlichen Nachbar-
ländern, Am Beginn seiner Diplomatentätigkeit wurde er -
erst dreißig Jahre alt - mit einer sehr heiklen und peinlichen
Mission an den dänischen König Christian II. beauftragt; er
verhandelte auch wiederholt für Maximilian und Ferdinand an
deutschen Fürstenhöfen, doch sein eigentliches und nach 1534
auch ausschließliches Tätigkeitsgebiet war Ungarn bzw. Sieben-
bürgen und vor allem Polen. Das Hauptproblem der Habsburger
im Osten besonders nach 1526 war die Türkengefahr. An der
Gestaltung der damit eng zusammenhängenden Beziehungen zu
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