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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 11)

 
Abb. 3. 
Hcrberstcins Rcisc durch Rußlzmd. Holzschnitt aus der 
deutschen Ausgabe der Moscovin (Wien 1557) nach einem 
Kupferstich von A. Hirschvogel. 
rangiger Bedeutung, doch hatte er während der langwierigen 
Verhandlungen - er hielt sich das erstemal 31 und das iweite- 
mal 24 Wochen in Moskau auf - reichlich Zeit, das Leben im 
Moskauer Staat kennenzulernen und von den Moskovitern Nach- 
richten über Land, Leute und Sitten zu erhalten. Kaiser Maxi- 
milian war Herbersteins Bericht von „der frembden nation sitten, 
Wesen und ceremonien" „angenämlf, ja er ging später zu Bett, 
als es seine Gewohnheit war, um von seinem Gesandten mehr 
über das fremde Land zu erfahren. Vor der zweiten Reise wurde 
Herberstein eigens beauftragt, Nachrichten über die Religion 
der Moskoviter zu sammeln. 
Nach der zweiten seiner beiden Moskaureisen vergingen noch 
23 Jahre, bis Herberstein das über den Moskauer Staat gesam- 
melte Material unter dem Titel ..Rerum Moscoviticarum C0- 
mentarii' in Wien veröffentlichte (Abb. 7). Auch für eine Ar- 
beit wie diese brachte er die erforderlichen Voraussetzungen 
mit. Wie schon erwähnt, hatte er als Knabe in seiner Heimat 
Windisch gelernt, er konnte daher in kurzer Zeit Russisch 
lernen und sich mit den Menschen ohne mühsames Dolmetschen 
verständigen, wobei ihm seine gewinnende Persönlichkeit man- 
che Informationsquellen öffnete, die anderen verschlossen 
blieben. 
Was ihn jedoch vor den meisten anderen - auch geschickten 
und sprachgewanclten - Diplomaten auszeichnete, war seine 
solide humanistische Bildung. Schon als Neunjährigcr besuchte 
er die damals bekannte Adelsschule in Gurk und im Alter von 
zwölf Jahren kam er an die Schule bei St. Stephan in Wien. 
1499 immatrikulierte er an der Universität und wurde im März 
Sicbenbürgen war Herberstein wesentlich beteiligt. In den diplo- 
matischen Beziehungen zum Sultan wurde er jedoch nur ein ein- 
ziges Mal eingesetzt, nämlich im Jahre 1541, als es galt, Sulei- 
man den Präehtigen von einem Angriff auf Wien abzuhalten. 
Neben der 'l'ürkengcfahr war das Verhältnis zu den jagcllonen- 
königcn das schwierigste Problem habsburgischcr Ostpolitik. 
An der Gestaltung dieses Verhältnisses war Herberstein 36 Jahre 
lang (1517 bis 1553) maßgebend beteiligt. Er erlernte sehr bald 
polnisch, konnte hier mit seiner Latinität brillieren und war 
am Hof und bei den Magnaten, die an der Renaissance und am 
Humanismus lebhaft Anteil nahmen, ein gern gesehener Gast. 
Er baute sich ein privates Nachrichtensystem auf, um über die 
Entwicklung in Polen immer auf dem laufenden zu sein und 
übernahm die wichtigeren Missionen selbst (er war insgesamt 
vierzehnmal in Polen und einmal bei Ludwig II. in Ungarn). 
Er führte Verhandlungen über drei Eheschließungen polnischer 
Könige zu einem erfolgreichen Ende und geleitete selbst zwei 
habsburgische Prinzessinnen als Bräute nach Polen. 
In den Verhandlungen mit Polen halte der Kaiser ein sehr wirk- 
sames Druckmittel zur Verfügung: Wenn immer die jagellonen 
dem Kaiser gegenüber eine feindliche Haltung zeigten, nahm 
der Kaiser mit dem Moskauer Großfürsten Kontakt auf und 
demonstrierte den Polen die Gefahr vor, in einen Zweifronten- 
krieg verwickelt zu werden. Zweimal kam es sogar zum Ahschluß 
von Bündnissen zwischen dem Groilfürsten und dem Kaiser, 
der sich jedoch - sobald die Polen angesichts der Gefahr ein- 
gelenkt hatten - bemühen mußte, zwischen dem König und dem 
Großfürsten Frieden zu vermitteln, um nicht bei den Moskauern 
in den Verdacht der mangelnden Vertragstreue zu kommen 
und so für die Zukunft das wirksame Druckmittel zu verlieren. 
Zweimal wurde auch Herberstein als Vermittler nach Moskau 
gesandt. Seine erste Mission 1517 blieb erfolglos, beim zweiten- 
mal (1526) konnte er einen Waffenstillstand vermitteln. Poli- 
tisch waren diese beiden Missionen Herbersteins von zweit- 
 
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Abb. 4. 
Promotion llerbcrstcins zum Baccaluurcus der Universität Wien 
durch den Rektor Dr. Hans Kaltcnmnrkcr im März des jahrcs 
1502. Holzschnitt aus der deutschen Ausgahc der Moscovin, Wien 
1557. 
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