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Neue Wege des Wiener Kunsthandwerlces
Von Oberbaurat Dr. Josef Hoffman n, Professor der Kunst-
gewerbescbule
Unsere Ausstellung „Das befreite Handwerk" ist aus dem
Wunsche entstanden, den Wiener Gewerbe-Genossenschaften
den Weg zu bahnen, den sie suchen, um aus der rein
sachlichen Einstellung der modernen Formgebung heraus
zukommen, durch welche sie ihre Arbeit zurückgedrängt
fürchten.
Unsere Meister und Gehilfen wollen nicht glauben, daß ihre
Kräfte und großen Fähigkeiten heute brachliegen müssen
und daß eine reichere Ausgestaltung unseres Kunsthand
werkes restlos vorbei sei.
Die Kunstgewerbler wollen durch die momentane Krise
nicht gezwungen werden, wertvolle Kenntnisse wegzuwerfen
und müssen versuchen, eine dem Oesterreicher besonders
gelegene Begabung für eine Bereicherung und Veredlung
unserer Umwelt wieder zu erwecken, um die übliche, allzu
gleichförmige, fast schon eintönig wirkende Auffassung zu
überwinden und neue Wege zu gehen.
Es soll vor allem die gute Handarbeit zu ihrem Rechte
kommen. Die Zusammenarbeit von Handwerker und Ent
werfer soll verbürgen, daß Neues und Wertvolles entstehen
kann. Die vorläufigen Resultate dieser für unsere schwere
Zeit geradezu heroischen Bemühung werden nunmehr ge
zeigt und sollen anregend und in manchen Stücken vielleicht
vorbildlich wirken.
Auf das Eindringlichste müssen wir aber unsere Mitbürger
an ihre heilige Pflicht erinnern, uns nicht durch Mangel an
Interesse in dieser ernsten Stunde im Stich zu lassen,
sondern unsere Absichten in jeder Art zu fördern.
Es handelt sich uns natürlich nicht um irgendeine ein
seitige Einstellung den Dingen gegenüber, sondern um Be-