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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 10)

Böckslcin bei Wildbad l 
51g, Meran (1828). 
Eastein, M. ' 
.oder. Aquarell, Z7 
( 36,7 cm. 
die in der Französischen Revolution einerseits, in dem poli- 
tischen Werk Mettcrniehs anderseits ihre Manifestation fanden 
und als dramatische Auseinandersetzungen zwischen Fortschrei- 
ten und Bewahren verstanden werden können, zeigen sich nicht 
minder dramatisch im Bilde der Kunst. 
Matthäus Loder, der am 31. Mai 1781 in Wien, ärmlichen Ver- 
hältnissen entstammend, mitten in die josephinischc Ära hinein- 
geboren wurde, gab schon früh als Schüler der Piaristcn-Colle- 
gialschule in der josephstadt Zeichen seiner Begabung. Daß er 
die leeren Blätter seiner Schulbücher mit Ansichten von Dörfern, 
von Hirten, die das Vieh zur Weide treiben, und mit Blumen 
bekritzelt, mußte wohl gerügt werden, fand aber auch die Auf- 
merksamkeit des geistlichen Professors der dritten KlasseDieser 
läßt den Vater rufen und empfiehlt ihm, Matthäus in eine 
Zeichenanstalt zu schicken. Der lbjährige tritt 1797 in die Wiener 
Akademie ein, wo sich eben in diesen Jahren unter der Leitung 
des überlegenen F. H. Fiiger tiefgreifendste Auseinandersetzun- 
gen vollzogen. Der Einbruch des Klassizismus in die Kultur des 
späten österreichischen Barocks als Ausdruck einer politisch- 
sozialen Wende, moralisch-ethisch der Idee einer Schein-Antike 
zueifernd ebenso zu verstehen, wie als Streben nach ästhetischen 
Harmoniegesetzen „edler Einfalt, stiller Größe", muflte in einer 
dynamischen Dialektik den Künstler vor schwerwiegendste Ent- 
scheidungen stellen. Doch es war nicht nur dies. Der Aufprall 
der national-österreichischen Begeisterungswoge im Gefolge 
eines antinapoleonischen Aufbruches sondergleichen, konnte 
ebensowenig ohne tiefgreifende Folgen bleiben, wie der Über- 
druß am verstandesgeborencn Repetieren der Antike oder 
dessen, was man darunter zu verstehen meinte. Eine entstehende 
Bürgerkultur schuf sich neue Leitbilder. Die seit joseph Il. invol- 
vierte antiklcrikale Tendenz rief nach Gegenkräflen; wo es um 
die Preisgabe unveräußerbarer christlicher Werte ging, deren 
Reinheit sich im deutschen Mittelalter anbot, waren schwärme- 
rischer Gefühlsbewegung keine Grenzen zu ziehen; ja, eine 
Durchdringung aller dieser Bewegungen durch die Grundfrage 
nach der Stellung des Menschen als Geschöpf in der geschaffenen 
Natur, letzten Endes damit die Frage nach Freiheit und Bindung, 
im Kunstbereieh gesprochen nach Genie und Regel, mußte eine 
geistige Situation schaffen, deren höchste Bedeutung für unser 
Jahrhundert erst heute klarzuwerden beginnt. 
Die Akademie, sich selbst, nämlich der Überzeugung von der 
Regelhaftigkeit und damit Lehrhaftigkeit der Künste treu, wurde 
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