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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 12)

DER ZEICHNER FRITZ VON HERZMANOVSKY-ORLANDO 
Von JORG MAUTHE 
Kürzlich ist in der Wiener Galerie Würthle das bisher nahezu 
unbekannte graphische Oeuvre des kürzlich verstorbenen Fritz 
von Herzmanovsky-Orlando ausgestellt gewesen. Diese Ausstel- 
lung war eine Sensation, aber es wurde nicht bemerkt, daß sie 
eine war; denn die Wiener Kunstkritik, seit einiger Zeit v0m' 
Non-Objektivismus hypnotisiert wie ein Kaninchen von der 
Schlange, versagte angesichts dieser von Gegens lndliehkcilen 
randvoll angefülltcn Bilden-Welt nahezu vollständig; mit Aus- 
nahme eines einzigen Kritikers glich sie einem Kind, das Edel- 
steine für Glasperlen hielt. In München wird das anders sein, 
falls die Herzmanovsky-Blätter dorthin kommen; aber e. ist ja. 
auch ein Münchner Verlag und ein Münchner Theater gewe- 
sen, die dem literarischen Werk dieses nicht nur bedeutenden. 
sondern geradezu exemplarischen Österreichers zum endlichen 
Ruhm verholfen haben. 
Die Wiener Kritik, die sich nach wenig erlauchten Pariser Mu- 
ster bereits daran gewöhnt hat, selbst erste Malversuche S ib- 
zehnjähriger am Wohl und Wehe des Abendlandes zu messen, 
hätte es, beispielsweise, schon als Sensation werten müssen, daß 
hier plötzlich ein ebenso umfangreiches, wie in sich geschlosse- 
nes und nunmehr als ein halbes Jahrhundert durchkreuzendes 
graphisches Lebenswerk aus dem Unbekannten aufgetaucht war 
- aus dem Unbekannten zwar, wohl aber von einem Manne 
stammend, der als Literat immerhin so bekannt geworden ist, 
 
daß auch seine bildnerischen Mühen eingehendere Beachtung 
verdienten. Dergleichen passiert ja schließlich nicht alle Tage. 
(Die Bcsuchs- und Verkaufsziffern der Galerie lassen die tröst- 
liche Vermutung zu, duß das kleine Wiener Ausstellungspubli- 
kum nicht ebenso versagt hat). 
Ferner wäre mit geringer Mühe zu bemerken gewesen, daß die- 
ses ausgebreitete Oeuvre stilistisch und erst recht inhaltlich von 
durchaus unverwechselbarer Eigenart und Eigenartigkeit war. 
Formal ist für die Herzmunovsky-Zeichnung die Roeaille cha- 
rakteristisch, dieses so zufällige wie komplizierte, so sinnliche 
wie abstrakte, so verspielte wie künstliche Ornament, das den 
Geist dieser Blätter vollkommen entspricht (als hätte das öster- 
reichische Rokoko nun endlich doch stattfinden müssen). Und 
was die Thematik des Zeichners betrifft, so ist sie zwar unüber- 
sehbar, denn sie reicht vom puren Erotikon bis zur Groteske, 
vom concettistischen Sinnbild bis zur Karrikatur und vom amü- 
santen Zeiehenwitz bis zum ernsthaften Versuch, aus in sich 
widersprüchlichen Details ein beziehungsreiehes Neu-Bild zu 
schaffen - und oft genug hat Herzmanovsky sich wie in seinen 
Romanen bemüht, alle diese Themen und Motive auf einmal un- 
terzubringen. Gleichwohl ist das figurale Ensemble dieses 
K. u. K. Commedia deIFArIe-Rokokos ziemlich beschränkt: der 
hagcre, mikrozephrile Beamte, der gra öse Androgyn, der man- 
nigfnch verkleidete Arlecchino, monströse Zwerge und üppige 
Fritz v. Herzmanovsky-Orlando, Byzanz l. 
 
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