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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 12)

Josef Dobrowsky, Damenbildnis, O1. 
sommerliche Grün erscheint kaum. S0 ist es der schwcrmütigc 
llerbst, der vcrhangene Winter und der noch spätwinterliche 
Züge aufweisende Frühling, die Dohrowsky am eindrucksvoll- 
sten malt. Nicht selten stehen einsame Kirchen, Gehöfte und 
lläusergruppen in den Bildern, sie wirken jedoch nicht illustra- 
tiv, sondern verstärken den Stimmungsausdruck der schweig- 
samen Landschaften, in deren farbigen Raum sie völlig ein- 
gehen. Waren es in den frühen Schaffensjahren wenige Töne, 
die das Landschaftsbild aufbauten, so sind es kraftvolle und 
leuchtende Farbenströme, die im letzten Jahrzehnt, die Bilder 
aus dem Buric, nland durchwellen. Mit der Farbigkeit hat sich 
auch eine neue Bewegtheit in allen Landschaftsformen so sou- 
verän durchgesetzt, daß man an Van Goghs machtvolles Pathos 
erinnert werden mag. Auch in den Landschaften wirkt die un- 
verweehselhzire Eigenart Dobrowskys. Sie gibt den Wuchs der 
Natur und ihre körperliche Dichte und baut aus den Formen 
der Natur farbige Gebilde von persönlichstem Ausdruck. Was 
diese von den Bildern der Mitstrehenden entscheidend abhebt, 
ist der faszinierende Klang inneren Lebens, der in aller Ver- 
haltenheit nicht selten mit ergreifender Intensität wirkt. Es ist 
die besondere Stärke Dobrowskys, im Bild der Natur etwas vom 
Geheimnis ihrer Erscheinung sichtbar zu machen. 
Die Verlebendigung innerer Ausdruekskräfte charakterisiert 
auch das Stilleben, das in den Blumenstücken Dobrowskys die 
blühendste Farbigkeit erreicht. Gleich bunten Raketen schießen 
die Gladiolen hoch und in den immer wieder gemalten weißen 
Pfingstrosen scheint das stumme Entfalten und Vergehen der 
Blüten sichtbar zu werden. Gerade im Blumenstück treten Aqua- 
rell und Pastell nehcn das Ölbild. aber auch im Bildnis und in 
der Landschaft erreicht das virtuos gehandhahte Material durch 
seine Flüssigkeit und Weichheit neue Möglichkeiten des male- 
rischen Ausdruckes, Pastell und Aquarell erscheinen nicht weni- 
ger dynamisch bewegt als das Ölbild. Erstaunlich, mit welcher 
schlagenden Unmittelbarkeit der persönliche Ausdruckswille in 
den Bildnissen und Landschaften nicht selten durchbricht! 
Das künstlerische Werk des Siebzigjährigen - ausgezeichnet 
durch die tiefe Konsequenz seines sich ständig erneuernden 
Wachstums - reicht in eine völlig veränderte Welt herein. Es 
sind die Meister gleichen Alters, die außerhalb Österreichs den 
radikalen Bruch vollzogen, der zur neuen, gegenstandslosen 
Kunst des 20. Jahrhunderts führte. Keiner der österreichischen 
Maler aus der Generation Dobrowskys - bis auf Herbert Böckl. 
in dessen Werk die abstrakten Kompositionen wohl Episode 
bleiben werden - nahm an der tiefen künstlerischen Revolution 
teil. Der konservative Grundcharakter des österreichischen 
Schaffens ließ auch die stärksten Kräfte die Linien der Tradi- 
tion weiterführen. Nur wenn deren künstlerisches Werk mit den 
Maßstäben gemessen wird, die von ihm selhst aufgestellt wer- 
den, vermag die wirkliche Größe der künstlerischen Leistung 
Josef Dobrowskys erkannt zu werden. 
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