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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 5)

ZEITGENÖSSISCHE KUNST FÜR ALLE: 
vom WESFN UND WIRKEN DER ARTA 
Von ERNST KOLLE 
lm Durchschnitt des letzten Dezenniums wurden in Wien etwa sechs- 
tausend Wohnungen jährlich fertiggestellt und ztn Mieter vergeben, die 
in der überwiegenden Mehrheit der Fälle nicht über eigenes Mobiliar, 
geschweige denn über Besitz an kunstgewerblichen oder bildkünstle- 
riechen Gegenständen verfügten. Dies bedeutet - um bei einem beson- 
ders wichtigen Teilgebiet zu bleiben -, dafl das Bildergeschäft heute 
floriert wie kitum je zuvor, es bedeutet jedoch auch, daß sich eine in 
ihrem Geschmack durchaus unsichere, wenn nicht gar verbildete Kau- 
ferschaft einfach aus Mangel eigener Meinung und guter, gewissenhafter 
Beratung Kitsch übelster Art andrehen läßl. der höchstens „Kunsl"- 
Bedürfnisse auf der Ebene erotischer Wunsehvorslellungen und pustl 
kartenbunter Rciseerinnertingen befriedigt: lmmer noch sind mehr oder 
minder unbeklt ete Miidchengestalten in kokctten Posen oder sonnen- 
untergangsübergossenc Dolomitenzinken Trumpf in Wohnungen, deren 
sonstige Einrichtung vielfach schon von sachlich-funktionellen Über- 
legungen bestimmt ist. 
 
Kurt Absolon Oe 25 "Wiener Vorstadt" Litho Zfarbig 
grüngrau, schwarz 
Format 45 x 34 cm. Preis Fr. 11.- 
(Ärlü Uxstetreleh) 
Die ARTA arbeitet selbstverständlich auf der Non-Profit-Basis; sie wird 
von einem fünfgliedrigen Vorstand geleitet, der ausschließlich aus 
Laien-Kunstliebhabern besteht. Dem Vorstand obliegt vor allem die 
Auswahl und Einladung der zur Mitarbeit in Frage kommenden Künst- 
ler. Den Künstlern selbst wird die auf 230 Exemplare begrenzte Auf- 
lage eines Blattes en bloc zu sehr noblen Bedingungen abgekauft; in 
seinem Besitz bleiben zur persönlichen Verwertung nur zehn Abzüge 
einer jeden Arbeit. Die Auswahl und Einladung der Künstler erfolgt 
lediglich auf der Basis der Sehaflcnsqualität; es ist hiebei klar, daß 
Künstler, dic sich als besondere Publikumsfavoriten erweisen, auch ein 
zweites und drittes Mal zur Mitarbeit eingeladen werden können. Es 
kann nicht genug betont werden, daß kommerzieller Kitsch prinzipiell 
ausgeschlossen bleibt, dali darüber hinaus aber keinerlei besondere 
Richtung oder Stilart forciert oder unterdrückt wird. 
Von besonderem Reiz für die Mitglieder der „ARTA" ist dic 'l'atsache, 
daß sie in der Auswahl ihrer Mitarbeiter und Abnehmer durchaus nicht 
auf die Schweiz beschränkt blieb. 1947 wurde in Holland eine Schwester- 
gesellschaft gegründet, 1954 folgten Österreich und jugoslawicn und 
mit vergangenem jahr schloß sich auch Deutschland, nach den USA und 
Italien, der ARTA-ldee praktisch auf. Alle Schwestergcsellschztften ar- 
beiten völlig unabhängig voneinander. doch kann selbstve tündlieh ein 
Mitglied aus den Vereinigten Staaten ein Blatt der jugoslawischen ARTA 
zu genau den gleichen Bedingungen beziehen wie eine Arbeit se es 
eigenen Landes oder sonst irgendeines Mitglizdstaates: Nicht ohne Grund 
ist das ARTA-Bulletin in mehreren Sprachen abgefaßt. 
 
Nancuc Gcnoud Nr. 596 "Corlllc" Lilho Slarbig dun- 
kelblau, hellblau, gelb, schwarz. grau 
Formal 47 X 35 cm. Preis Fr. 12.- 
(Krln Hchueilj; 
Aber wie kann es möglich sein, gute, zeitgenössische und zeitgemäße 
Kunst an ein breites Publikum heranzutragen, ohne durch dogmatisieren- 
des, theoretisierendes Belehren und Diktieren abschreckend zu w ken? 
Vor nunmehr zweiundzwanzig jahren fand ein Buchbinder in Zürt h 
namens A. Grossenbacher einen Weg zur Popularisierung guter neuzeit- 
licher Kunst, der durch die vielen Tausende. die ihn mitbeschritten, seine 
Gangbarkeit bewiesen hat. Grossenbacher ging von der Erkenntnis aus, 
daß der Kunstliebhabei" ohne professionelle Vor- und Verbildung die 
Chance haben müsse, sich sein Urteil und seinen Geschmack selbst zu 
bilden und zu entfalten. Um das Risiko eines solchen Bemühens mög- 
lichst klein zu halten, mußten die zur Verfügung stehenden Kunstwerke 
preiswert sein; gleichzeitig war dadurch die Möglichkeit unberechen- 
barer Wertsteigerungen gegeben, es erfolgte somit auch ein Appell an 
die dem Menschen eingeborene Spekulationsfreude. Grossenbacher prü- 
zisierte seine Ideen bei der Gründung der „AKTA-Vereinigung der 
Kunstfreunde" zu einem knappen, einleuchtenden Programm, das seine 
Richtigkeit vollauf bewiesen hat. jedes Vierteljahr veröffentlicht die 
„ARTA" ein Bulletin, in dem eine große Anzahl neuentstandener 
graphischer Arbeiten (Lithos, Radierungen, Holzschnitte usw.) den Mit- 
gliedern zur Auswahl angeboten wird. jedes Mitglied hat die Verpflich- 
tung, pro Jahr mindestens ein Blatt zu einem Preis abzunehmen, der 
weit unter der Hundertschillinggrenze liegt, es hat darüber hinaus aber 
auch das Recht, eine beliebig große Anzahl von Arbeiten zu erstehen -- 
allerdings mit einer wichtigen Beschränkung: {Es dürfen unter keinen 
Umständen mehrere Abzüge eines Druckes, und seien es auch nur zwei, 
erworben werden. Damit ist jegliche Möglichkeit ausgeschaltet, dafi 
ein einzelner Blätter nur darum aufkauft. um sie zu Übel-preisen weiter 
zu verwerten. 
 
Paul Flora 0c 18 „Denkmalenthüllung" Lixho 
Formal 44 X 28 cm. Preis Fr. 7.- 
(Arm Uslenelvh) 
Dic ARTA in der Schweiz zähl! hculc an die achtlausend Milglicdcr; 
Österreich liegt noch Weil im Hintcrlreflen _ lediglich ctwn zweihun- 
dert Ahnehmcr sind vorhanden, davon in Wien alleine nur an die siebzig. 
Dieses Phänomen ist Icichl zu crk n'en: Die ARTA muß ihrem gnnzcn 
Wesen nach auf jegliche Form der kommerziellen Werbung vci ' hten. 
ihr Wirken muß sich hi-rumsprcchcn, ihr Erfolg erwächst aus der Ev- 
 
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