BAROCKMALER DER SAMMLUNG
WILHELM REUSCHEL VonBrunoGRlMSCI
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Mit dicscm Aufsatz beginnen wir eine Publikationsrcihu zur österreichischen Malerei des 18. und
jedem Hcll ein namhafter Autor einen Künstler dieser Epuche darstellen wird.
. jahrh un dcrts, wobei
Als großartige Stiftung kam eine Sammlung von läarockskizzcn
süddeutscher und österreichischer Meister an das Bayerische Na-
tionalmuseum in München. Wilhelm Reusehel, der Stifter,
brachte im Laufe von fast vier Jahrzehnten hingabestoller Sam-
meltiitigkeit mehr als einhundert farbige Studien und Entwürfe
zusammen, die er, um sie als geschlossenen Sammlungskörpcr
zu erhalten, als (icschenk dem Nationalmuseum überließ. lm
Vorwort des Kataloges seiner Sammlung schreibt Wilhelm Reu!
schcl: „ich war in diesen Jahren (1920-1923) in Bamberg he-
rufstätig und empfing in der ,Siebcn-llügel-Stadt' die ersten Ein-
drücke des fränkischen Barock. Architektur und Plastik des
17. und 18. Jahrhunderts begegnen hier dem Intert ierten auf
Schritt und Tritt und wecken die Sinne füi eine große deutsche
Kulturepoche. Meine Attfmerksamkeit für die Baroekmalerei
entflammte in Würzburg, als ich zum ersten Male die Fresken
Tiepolos in Neumanns großartiger Schöpfung, der Würzburger
Residenz, sah. l)ie unmittelbare Anregung zum Sammeln von
Entwürfen für Fresken und Bilder des 18. Jahrhunderts erhielt
ich durch die Riwhrer-Sammlung in Augsburg. Wiihrend meiner
beruflichen Tätigkeit in der Fuggersladt besuchte ich fast tag-
lich diese mich faszinierende Sammlung von Rokokoskizzen
und Bozzetti für Plastiken. Meine Begeisterung für die deutsche
Kunst des 18. Jahrhunderts erreichte jedoch ihren Höhepunkt
in Wien, besonders in der Begegnung mit den Werken des Ba-
rockmuseums. Damit wuchs in mir immcr stii ker der Wunsch,
mich auch in meinem Heim mit Werken des 18. Jahrhunderts
zu umgeben." Exemplarisch wird aus den Zeilen des großen
Sammlers die anregende und erzieherische Bedeutung der öffent-
lichen Museen und Sammlungen sichtbar. Sie hat Wilhelm Reu-
schel in seiner Ausrichtung auf die deutsche Barockmalerei be-
stätigt und bereichert, sodafi durch die Konsequenz des Samm-
lers eine einmalige Repräsentation dieser lebensvollsten Zettgv
nissu einer großen künstlerischen lipochc zusammenkam.
Mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts hebt für die süddeutsche
und die {österreichische Barockmalerei die große Zeit der far-
bigen lintwürfe und Skizzen an. Das 17. Jahrhundert hatte die
Studien fast durchaus in Zeichnungen und Aquarellen festgelegt,
im 18. Jahrhundert aber erfahren Frcsko und Altarbild in den
Olstudicn ihren ersten und eindrucksvollsten Niederschlag. Meist
dient der lintwurf als Unterlage für den Kontrakt über die Aus-
führung des großen Werkes, nicht selten aber ist er für den
Maler die erste und tirsprünglichstc Niederschrift einer Gestal-
tung des Darstellungsthemas. Die erhaltenen Programme der
großen lireskcnfolgen offenbaren, wie sehr der barocke Meister
- unvorstellbar für den Künstler der Gegenwart - bis
in die geringsten Einzelheiten an die Vorschriften des
Auftraggebers gebunden war. ['nv0rstelllvat' aber auch, mit
welcher souveränen lirciheit der Maler des 18. Jahrhunderts die
strengsten gegenständlichen Bindungen überwunden hat, als
seien sie überhaupt nicht gegeben gewesen. Die Vergegenwiirth
gungskraft der Phantasie ist von einer statinenswerten, nie mehr
erreichten geistigen Höhe. Ihr hält eine stupende malerische
Virtuosität die Waage. sodaß auch die schwierigsten, scheinbar
unrcalisierlvaren Darstcllungsvorwürfe mit einer unvergleich-
lichen Leichtigkeit bewältigt werden. Das Fresko, nur im ein-
maligcn Raumzusammcnhang wirkend und von ihm her konzi-
piert, erscheint auf den Studien in jener konzentrisehen Kompo-
sition, die alle Teilt: von den Bildrändcrn aus gegen die Mitte,
von den dunkleren Randzonen in die zentrale llimmelsglorie
führt. Das Architektonische und das Dekorative wirken bestim-
mend auf die Malerei, deren raumbildende und raumztufliäsendtr
Kraft ihren entscheidenden künstlerischen Wirkungsfaktor bil-
det. Die repräsentative Aufgabe, der Sxenenreiehtunt und die rie-
sigen Malie des lireskos zwingen zu Gestaltungsnormcn, die in
den Bereich einer „lnszenierung" führen und ein Element des
Theatrzilischen offenbaren.
Das 17. Jahrhundert war die lange Vorbereitungszeit. lls trug
Johann Jttctth Zt-iller, 0a- Verkündigung fxlllFiflü.
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