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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 11)

 
Am 19. September verkündete am Steinbruchseingang oder viel- 
mehr draußen an der Straße, von der die Zufahrt zum Stein- 
bruch abzweigt, ein Fahnenwald, daß die aus der Arbeit des 
ersten Symposions hervorgegangenen Werke der elf Bildhauer 
- ein Italiener, zwei Schweizer, ein Franzose, zwei Belgier, ein 
Holländer, zwei Berliner, ein Jugoslawe und ein Wiener - sich 
der Besichtigung empfehlen. Das wunderbare Herbstwetter un- 
terstrich diese Empfehlung mit förderndem Nachdruck, und das 
unvergleichliche Ausstellungsgelände des Steinbruchs, mit dem 
sich kein noch so schöner Ausstellungspark und -platz wie etwa 
Middelheim-Antwerpen messen kann, tat ein Übriges, einen 
solchen Ausstellungsbesuch zu einem bleibenden Erlebnis ab- 
zurunden. 
Was die Werke selbst betrifft, so können sie zweifellos den 
Anspruch erheben, als redliche und zum Teil sogar bedeutende 
Arbeiten gewertet und anerkannt zu werden. An einem solchen 
Arbeitsplatz, der in seiner Klarheit. Raumkraft und Bestimmt- 
heit das „Schwindcln" fast unmöglich macht, sind die Sauber- 
keit, Disziplin, Rcdlichkeit und Verantwortung im Schaffen fast 
selbstverständlich. Man braucht sich nur die Steinbrucharbciter, 
deren einer über dreißig Jahre an diesem Platze tätig ist, anzu- 
sehen, um zu erkennen, daß das Arbeiten in einer solchen Natur 
saubere und feste Menschen bildet. 
Alle diese Arbeiten haben tatsächlich den Charakter von in 
Stein gehauenen Zeichen, von Formzeichcn oder geistig be- 
stimmten und doch innerlich erschauten Bildern, „die Zeugnis 
ablegen sollen von unserer Zeit", wie es in dem schönen Katalog 
zur Ausstellung heißt. Die beiden Züricher, Peter R. Meister 
und josef Wyss, sind dabei am konstruktivsten vorgegangen. 
Auch der jugoslawe janez Lenassi aus Ljubljana hat für sein 
Symbol für die Verschiedenheit und Verbundenheit des männ- 
lichen und des weiblichen Prinzips eine streng gebaute Form 
gewählt. Bei den Berlinern Erich Reischke und Gerson Fehren- 
bach, bei den Brüsselern Jacques Moeschal und Andre Wille- 
quet, bei dem Amsterdamer Hans Verhulst und erst recht bei 
dem Franzosen Eugene Dodeigne hingegen scheint die bildne- 
rische Form aus jeweils verschiedenen Wachstumsprozessen her- 
vorgegangen, was ihren Lebenszeichen-Charakter noch unter- 
streicht. Auch Karl Prantls Zeichen macht nicht den Eindruck 
einer Konstruktion, sondern weit eher den eines zu Stein ge- 
wordenen Meditationsergebnisses, während der Mailänder Dino 
Paolini als einziger im Gcgcnständlich-Figürlichen verblieb und 
eine „Mutter mit Kind" schuf, die sich bei näherer Betrachtung 
als eine reiche und gelungene Arbeit präsentiert. 
Wie immer man sich aber auch zu diesem ersten Symposien- 
Ergebnis stellen mag, das sich übrigens schon darin bewährt, 
daß es vor diesem Steinbruch und den mächtigen Rohstein- 
blöcken überhaupt bestehen kann, so ist das alles doch nur als 
Anfang aufzufassen. Die Idee des Ganzen und der ihm zuge- 
dachte Schauplatz sind einzigartig und nicht nur nicht zu 
schlagen, sondern fast mit Naturnotwendigkeit entwicklungs- 
fähig. Sie können einzig durch Dummheit und Kleinlichkeit be- 
hindert werden. Wer sie aber fördert, hilft nicht nur das Leben 
mehren, was eigentlich gerade Österreich am besten verstehen 
müßte, sondern er schafft sich auch auf die Dauer eine „Attrak- 
tion", wie sie kein anderes Land so leicht zu bieten hat. (Dies 
nur, damit das moderne „goldene Kalb", das aus Konsum, Um- 
satz und Fremdenverkehr besteht, seinen Tribut erhält.) Die 
wesentlichen Früchte brauchen wohl nicht erst noch einmal auf- 
geführt zu werden.
	        
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