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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 5)

war maßgeblich beim Neubau vieler Bürgerhäuser in 
St. Pölten beteiligt, wo er auch die Karmcliterkirche und 
das Kernstück der Fassade des Instituts der Englischen 
Friitilein erbaute. Er war im Kloster Seitenstetten und 
Kremsmünster beschäftigt und führte den Krcmsmüna 
stcrerhof in Linz auf, den jetzigen Bischofshof. Wie be- 
herrschten doch diese Meister nicht nur den großen Stil, 
sondern auch die reiche Fülle des Ornamentes! Das Stift 
Mclk, Prandtauers großartigstcs Werk, das kostbare ju- 
wel barocker Architektur, ist das Beispiel jener bildne- 
rischen Kraft und großzügigen Raumgestaltung, die dem 
hochgemuten Empfinden dieser Zeit entspricht. Bei der 
Ausstattung dieser mächtigen Räume wurden Künstler 
und Kunsthandwerker vor ganz große Aufgaben gestellt. 
Italienische und einheimische Maler und Stukkateure. 
Stcinmetzen und Tischler wetteiferten, den herrschaft- 
lichen Glanz der Bauten in den Schmuck und das Mobiliar 
der Innenräume zu übertragen. 
Der Barock enthält, ja pflegt sogar starke Kontraste. 
S0 ist dieses Zeitalter nicht nur von weltliehern Sinnen 
und Trachten erfüllt, sondern zeigt auch die Züge eines 
starken religiösen Impulses und echter Frömmigkeit. Wie 
rasch und sicher wird doch die Brücke zur volkstümli- 
chen Frömmigkeit und ihren Ausdrucksmitteln gescl 
gen! Es gibt eine Menge von zeitgenössischen Zeugnis n 
innerer Ergriffenheit und opferwilligstcr religiöser Hin- 
gebung. Was in der Zeit der Glaubensspaltung vernach- 
lässigt und fast zu Ruinen geworden war, erhebt sich nun 
wieder zu neuem Leben. Überall erstehen Kirchen und 
Kapellen und an allen Wegen, an Brücken und auf Plätzen 
werden Bildsiiulen und Denkmäler religiösen Empfindens 
errichtet. Die Bewunderung heroischen Tugendlebens 
und persönlicher seelischer Größe fördert nachdrücklich 
die Verehrung der Ileiligcn. besonders derjenigen, auf 
deren Fürbitte man großes Gewicht legte in einer Zeit. 
die so oft von Seuchen und Ungemach heimgesucht war. 
St. Sebastian, Rochus und Rosalia, Katharina, St. Florian 
und Leopold sind Heiligengestitlten, die ebenso allge- 
meine Verehrung wie die 14 Nothelfer und Johannes 
von Nepomuk, der auf Andringen des Kaisers heilig ge- 
sprochen wurde und in der gesamten Monarchie als 
Helfer in Wassernot angerufen wurde. Es bilden sich 
religiöse Bruderschaften nach dem Beispiel religiöser 
  
Genossenschaften. Sie pflegten das gemeinsame Gebet 
und hatten auch karitative Aufgaben. Die Pfarrseelsnrge 
war längst wieder in geordnete Bahnen gebracht wor- 
den; denn die Bestimmungen des Trienter Konzils hat- 
tcn für eine gründlichen: theologische Ausbildung der 
Alumnen in Diözesanseminaren und Ordensanstalten ge- 
sorgt. Die zahlreichen Klöster standen in ungewöhnlicher 
Blüte, da die Zahl der Jünglinge und Mädchen, die den 
Habit nahmen, erstaunlich gewachsen war. Diese Ent- 
wicklung der Konvente brachte es mit sich, daß die In- 
tensität des religiösen Lebens zunahm und die Klöster 
neue Aufgaben übernehmen konnten. Ein neues wissen- 
schaftliches Interesse regte in vielen Klöstern gelehrte 
Studien an und legte besonderes Gewicht auf die Ausge- 
staltung der Bibliotheken und die Vermehrung der Bü- 
cherschätze. Die alten, oft sehr vernachlässigten Kloster- 
gebäude genügten den modernen Ansprüchen nicht mehr. 
Da bei zunehmender Wirtschaftlichkeit die Einnahmen 
aus dem klösterlichen Grundbesitz stiegen, war man in 
der Lage, neue weiträumige, nach einheitlichen Gesichts- 
punkten geplante Klostcranlagen aufzuführen, denen 
vielfach die weltliche Schloß- und Palastarchitektur zum 
Vorbild diente. Kirche, Bibliothek und Festsaal standen 
im Mittelpunkt der Anlage und wurden künstlerisch reich 
ausgestattet. Die großartige Bautätigkeit der Klöster - 
man erinnere sich an Melk, Göttweig, Klosterncuburg, 
St. Florian, Admont u.v. a. - verschaffte unzähligen 
Menschen Verdienst und stellte der Kunst und dem 
künstlerischen Handwerk große und lohnende Aufgaben. 
Selbst die Vorstände kleinerer Konvente, zum Beispiel 
in Dürnstein, suchten in reduzierten Maßstäben die Lei- 
stungen der großcn nachzuahmen und brachten es zu 
wundervollen Schöpfungen. 
Lange Zeit besaßen die jesuiten ein Studienmonopol für 
höhere Lehranstalten, jetzt machten ihnen die Benedik- 
tiner Konkurrenz, die ihre alten Klosterschulen zu 
Gymnasien ausgestalteten und neue Ordensgemeinschaf- 
ten, wie die Piaristen, pflegten eine neue Art fortschritt- 
lichen Unterrichtes. Aus ihnen gingen später die großen 
Schulreformer hervor, als die jcsuiten unter Maria The- 
resia aus ihrer beherrschenden Stellung im Schulwesen 
verdrängt wurden. Viele Klöster zeichneten sich durch 
intensive Förderung gelehrter Studien aus, wie zum 
 

	        
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