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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 42)

Dalierungsfragen bei Kolioschlta 
In den letzten jahren haben sich in den großen Werken 
über Oskar Kokoschka und in dem herausgegebenen 
Oeuvreverzcichnis einige kleine Irrtümer bei der Das 
tierung von Werken der frühen Wiener Zeit eingeschli- 
chen, die vor allem wohl deshalb zustande kamen, weil 
die Herausgeber, abgesehen von der besonderen Schwie- 
rigkeit, welche die Datierung der frühen Werke K0- 
koschkas bekanntlich macht, nicht genügend Gelegen- 
heit hatten, in Wien selbst Nachforschungen anzustel- 
len. So muß berichtigt werden, dall die Aufführung" 
des Dramas „Mörder, Hoffnung der Frauen" zusam- 
men mit der Komödie für Automaten ,.Sphinx und 
Strohmann" erst im Jahre 1909 im Gartentheater der 
großen Internationalen Kunstschau als letzte Auffüh- 
rung auf dieser Freilichtbühne kurz vor ihrem Ab- 
bruch stattfand und nicht im Jahre 1908, wie Winglcr 
angibt, der sich vor allem auf eine Aussage des Ar- 
chitekten, Prof. Philipp Häusler, Frankfurt, stützt, 
welcher damals in einer kleinen Rolle mitwirkteß Die 
Aufführung fand wegen des vorher herrschenden 
Sehlechtwetters erst am 4. Juli statt, obwohl zu diesem 
Zeitpunkt die Kunstschnu schon geschlossen war, weil 
das Ausstellungsgelände nach zweijiihrigem Bestehen 
demoliert werden mußte, damit man auf diesem Platz 
staatliche Gebäude aufführen konnte. Durch diese 
Festlegung des Aufführungsdatums ergibt sich auch 
eine Umdatierung des Plakates für die Aufführung, dem 
man meistens den Titel „Pietä" gibt (im Graphikver- 
zeichnis von Arntz im Münchner Ausstellungskatalog 
1950 mit Nr. 10 angeführt), auf das Jahr 1909. Ein 
stilistischer Vergleich mit dem bisher noch unpublizier- 
ten Plakatentwurf zum Kaiserjubiläumshuldigungsfest- 
zug (im Besitz des Wiener Städtischen Museums), der 
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im Jahre 1908 stattfand, hätte auch schon ein späteres 
Entstehungsdatum nahegelegt. Dieses Plakat ist ganz 
im Gegensatz zu dem äußerst expressiven, im Stil völlig 
gewandelten des Gartentheaters, noch von jenen Figu- 
ren beherrscht, wie sie die zeitgenössische Kritik wohl 
abwertend, aber treffend als „im Lebzelterstil" bezeich- 
nete. Notwendigerweise entstanden natürlich auch die 
Bühnenbilder von Kokoschka für diese Aufführung erst 
1909. Aus spärlichen Zeitungskriliken erfährt man, daß 
sich auf dem Hain, den die Bühne darstellte, ein blaues, 
von einem roten Gitter eingesehlussenes Verlies erhob. 
Kokoschka unterstreicht also damals schon die für die 
Spielhandlung wichtigsten Teile der Dekoration durch 
betonte Farbgebung. Es wurde phantastisch-ungelenk- 
pathetisch gespielt, in bizarren Kostümen mit starken 
Farbenreilexen bei zuckenden Fackeln. Die weibliche 
Hauptrolle spielte Marianne lleller, und nicht wie bei 
Wingler angeblich Lilith Lang, die Kokoschka in einer 
Porträtplastik modellierte (D 9 im Oeuvreverzeichnis 
von Wingler „Oskar Kokoschka, das Werk des Ma- 
lers", Salzburg 1956). 
Zuletzt sei noch auf eine unrichtige Datierung in der 
Bibliographie hingewiesen. Kokoschka übernahm erst 
1912 die Abendaktkurse an der Wiener Kunstgewerbe- 
schule (nicht 1911). l)ie Arbeiten seiner Schüler bewahrt 
übrigens die Wiener Akademie für angewandte Kunst. 
Durch die wachsende Opposition gab er Ende Septem- 
ber 1913 diese Stelle auf und schied aus der Kunst- 
gewerbeschule aus. 
1 Csokor irrte sich in seiner Notiz „Oskar Kokoschka im 
Bühnenbild" in „Das Kunstwerk", 9. igi, 1955f56, Nr. 4, eben- 
falls im Datum. 
BUCHBESPRECHUNG 
Indische Kunst - Islamische Kunst. Von Dr. Ernst Dicz, Pro- 
fessor an der Universität Wien. Aus: Illustrierte Welt - Kunst- 
geschichte in Fünf Bänden, hrsg. von Dr. Eugen Th. Rimli und 
Karl Fischer. Stauffacher- V tg A.G., Zürich usw. 1960. 
Ernst Dicz, heute wohl der illesle, wissenschaftlich nach wie 
vor aktiv tätigt: österrciehischc Kunsthistoriker und Spezialist 
für die Künste Asiens, legt in hnndbuchartig knapper Form eine 
au! das Wesentliche konzentrierte Darstellung der bildenden 
Kunst Indiens und des Islam vor. Keiner ist zu einem solchen 
Unterfangen mehr berufen als er, der in den zwanziger jahren 
 
zwei entsprechende Bände im Rahmen des Handbuches der 
Kunstwissensehaft publizierte, von denen besonders der Islam- 
Band heute zum längst noch nicht veralteten Arheitszcug von 
Studierenden und Praktizierenden gehört. Auch die neueste Ver- 
öffentlichung von Pi f. Diez zeichnet sich durch die gleichen 
Wesenszüge aus, die auch die große Reihe seiner iiltercn Pu- 
blikationen kennzeichnete: Knappheit der Darstellung, Verzicht 
aul alle. die Grenzen strenger Wisscnschaltlichkeit sprengende 
pseudo-literarischen Ambitionen, enger Verbleib bei der Sache 
selbst, dic niemals zum Stibslrat subjektiver Spekulationen ge- 
macht wird. In diesem Sinn seien die beiden Kapiteln der 
Staulfachcrschen Wc. l-Kunsigeschichle gerade all denjenigen 
empfohlen, die mit der Materie noch nicht vertraut sind und 
kurze, klare und knappe Informatinncn rein sachlicher Natur 
wünschen. Dr. Köller. 
UNSERE 
AUTOREN 
Harry 112 Pauer. In Österreich geboren, lebt in den Vereinigten 
Staaten, wo er häulig für führende Magazine, besonders über 
das österreichische Musikleben schreibt. An der Entwicklung 
des Reiseverkehrs aus Amerika hervorragend beteiligt. 
Dr. phil. Dzmai di- Cbapmzzrnugc, geboren 1925 in Hamburg, 
Studierte 1946-1953 in Hamburg und Bonn. Promovierte 1953 
in Bonn mit einer Dissertation über Chardin. 1953 bis 1955 
Volontär am Altertumsmuseum der Stadt Mainz und an der 
Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Seit 1956 Assistent am Kunst- 
historischen Institut der Universität Tübingen. Veröffentlichte 
Arbeiten: „Die Stilleben Chardins in der Karlsruher Kunsthalle" 
(1955), „Das Milieu als Porträt" (Wzillraf Richartz-jahrlxuch 
1960), „Selbstmorddarstellungen des Mittelalters" (Zeitschrift 
für Kunstwisscnschaft 1960), „Die Geigerlegende des Volto 
Snnto und ihr antiker Ursprung" (Festschrift Hubert Schrade 
1960). 
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Scbaflran Emericb, geb. 29. Mai 1883, Wien, zuerst nkt. Offizier, 
studierte Universität Wien Kunstgeschichte und Archäologie, 
Professor, Konservator i. R. des nö. Lda-Museums, tätig dort 
und an der nö. Lds.-Bibl., gerichtl. beeid. Kunelexperte für 
italien„ spanische und französ. Malerei und Plastik, Kunst- 
schriftsleller. Einige Bücher: Geschichte der Langobarden - 
Die Kunst der Lnngohurden in Italien - Der Radstädtertnucrn 
- Kunstgeschichte Österreichs 7 Die Baustile [Europas - 
Kunstlexikon - Ägyptische Malerei - Die vorromanischen 
Wandmalereien in St. Prokulus-Naturn (Vinsehgau) - Die Ports 
Hungarica. In Arbeit: Kunst der Hunnen im Donauraum. Haupt- 
furschungsgebiet: Kunst und Kultur der Völkerwanderungszeit.
	        
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