Dalierungsfragen bei Kolioschlta
In den letzten jahren haben sich in den großen Werken
über Oskar Kokoschka und in dem herausgegebenen
Oeuvreverzcichnis einige kleine Irrtümer bei der Das
tierung von Werken der frühen Wiener Zeit eingeschli-
chen, die vor allem wohl deshalb zustande kamen, weil
die Herausgeber, abgesehen von der besonderen Schwie-
rigkeit, welche die Datierung der frühen Werke K0-
koschkas bekanntlich macht, nicht genügend Gelegen-
heit hatten, in Wien selbst Nachforschungen anzustel-
len. So muß berichtigt werden, dall die Aufführung"
des Dramas „Mörder, Hoffnung der Frauen" zusam-
men mit der Komödie für Automaten ,.Sphinx und
Strohmann" erst im Jahre 1909 im Gartentheater der
großen Internationalen Kunstschau als letzte Auffüh-
rung auf dieser Freilichtbühne kurz vor ihrem Ab-
bruch stattfand und nicht im Jahre 1908, wie Winglcr
angibt, der sich vor allem auf eine Aussage des Ar-
chitekten, Prof. Philipp Häusler, Frankfurt, stützt,
welcher damals in einer kleinen Rolle mitwirkteß Die
Aufführung fand wegen des vorher herrschenden
Sehlechtwetters erst am 4. Juli statt, obwohl zu diesem
Zeitpunkt die Kunstschnu schon geschlossen war, weil
das Ausstellungsgelände nach zweijiihrigem Bestehen
demoliert werden mußte, damit man auf diesem Platz
staatliche Gebäude aufführen konnte. Durch diese
Festlegung des Aufführungsdatums ergibt sich auch
eine Umdatierung des Plakates für die Aufführung, dem
man meistens den Titel „Pietä" gibt (im Graphikver-
zeichnis von Arntz im Münchner Ausstellungskatalog
1950 mit Nr. 10 angeführt), auf das Jahr 1909. Ein
stilistischer Vergleich mit dem bisher noch unpublizier-
ten Plakatentwurf zum Kaiserjubiläumshuldigungsfest-
zug (im Besitz des Wiener Städtischen Museums), der
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im Jahre 1908 stattfand, hätte auch schon ein späteres
Entstehungsdatum nahegelegt. Dieses Plakat ist ganz
im Gegensatz zu dem äußerst expressiven, im Stil völlig
gewandelten des Gartentheaters, noch von jenen Figu-
ren beherrscht, wie sie die zeitgenössische Kritik wohl
abwertend, aber treffend als „im Lebzelterstil" bezeich-
nete. Notwendigerweise entstanden natürlich auch die
Bühnenbilder von Kokoschka für diese Aufführung erst
1909. Aus spärlichen Zeitungskriliken erfährt man, daß
sich auf dem Hain, den die Bühne darstellte, ein blaues,
von einem roten Gitter eingesehlussenes Verlies erhob.
Kokoschka unterstreicht also damals schon die für die
Spielhandlung wichtigsten Teile der Dekoration durch
betonte Farbgebung. Es wurde phantastisch-ungelenk-
pathetisch gespielt, in bizarren Kostümen mit starken
Farbenreilexen bei zuckenden Fackeln. Die weibliche
Hauptrolle spielte Marianne lleller, und nicht wie bei
Wingler angeblich Lilith Lang, die Kokoschka in einer
Porträtplastik modellierte (D 9 im Oeuvreverzeichnis
von Wingler „Oskar Kokoschka, das Werk des Ma-
lers", Salzburg 1956).
Zuletzt sei noch auf eine unrichtige Datierung in der
Bibliographie hingewiesen. Kokoschka übernahm erst
1912 die Abendaktkurse an der Wiener Kunstgewerbe-
schule (nicht 1911). l)ie Arbeiten seiner Schüler bewahrt
übrigens die Wiener Akademie für angewandte Kunst.
Durch die wachsende Opposition gab er Ende Septem-
ber 1913 diese Stelle auf und schied aus der Kunst-
gewerbeschule aus.
1 Csokor irrte sich in seiner Notiz „Oskar Kokoschka im
Bühnenbild" in „Das Kunstwerk", 9. igi, 1955f56, Nr. 4, eben-
falls im Datum.
BUCHBESPRECHUNG
Indische Kunst - Islamische Kunst. Von Dr. Ernst Dicz, Pro-
fessor an der Universität Wien. Aus: Illustrierte Welt - Kunst-
geschichte in Fünf Bänden, hrsg. von Dr. Eugen Th. Rimli und
Karl Fischer. Stauffacher- V tg A.G., Zürich usw. 1960.
Ernst Dicz, heute wohl der illesle, wissenschaftlich nach wie
vor aktiv tätigt: österrciehischc Kunsthistoriker und Spezialist
für die Künste Asiens, legt in hnndbuchartig knapper Form eine
au! das Wesentliche konzentrierte Darstellung der bildenden
Kunst Indiens und des Islam vor. Keiner ist zu einem solchen
Unterfangen mehr berufen als er, der in den zwanziger jahren
zwei entsprechende Bände im Rahmen des Handbuches der
Kunstwissensehaft publizierte, von denen besonders der Islam-
Band heute zum längst noch nicht veralteten Arheitszcug von
Studierenden und Praktizierenden gehört. Auch die neueste Ver-
öffentlichung von Pi f. Diez zeichnet sich durch die gleichen
Wesenszüge aus, die auch die große Reihe seiner iiltercn Pu-
blikationen kennzeichnete: Knappheit der Darstellung, Verzicht
aul alle. die Grenzen strenger Wisscnschaltlichkeit sprengende
pseudo-literarischen Ambitionen, enger Verbleib bei der Sache
selbst, dic niemals zum Stibslrat subjektiver Spekulationen ge-
macht wird. In diesem Sinn seien die beiden Kapiteln der
Staulfachcrschen Wc. l-Kunsigeschichle gerade all denjenigen
empfohlen, die mit der Materie noch nicht vertraut sind und
kurze, klare und knappe Informatinncn rein sachlicher Natur
wünschen. Dr. Köller.
UNSERE
AUTOREN
Harry 112 Pauer. In Österreich geboren, lebt in den Vereinigten
Staaten, wo er häulig für führende Magazine, besonders über
das österreichische Musikleben schreibt. An der Entwicklung
des Reiseverkehrs aus Amerika hervorragend beteiligt.
Dr. phil. Dzmai di- Cbapmzzrnugc, geboren 1925 in Hamburg,
Studierte 1946-1953 in Hamburg und Bonn. Promovierte 1953
in Bonn mit einer Dissertation über Chardin. 1953 bis 1955
Volontär am Altertumsmuseum der Stadt Mainz und an der
Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Seit 1956 Assistent am Kunst-
historischen Institut der Universität Tübingen. Veröffentlichte
Arbeiten: „Die Stilleben Chardins in der Karlsruher Kunsthalle"
(1955), „Das Milieu als Porträt" (Wzillraf Richartz-jahrlxuch
1960), „Selbstmorddarstellungen des Mittelalters" (Zeitschrift
für Kunstwisscnschaft 1960), „Die Geigerlegende des Volto
Snnto und ihr antiker Ursprung" (Festschrift Hubert Schrade
1960).
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Scbaflran Emericb, geb. 29. Mai 1883, Wien, zuerst nkt. Offizier,
studierte Universität Wien Kunstgeschichte und Archäologie,
Professor, Konservator i. R. des nö. Lda-Museums, tätig dort
und an der nö. Lds.-Bibl., gerichtl. beeid. Kunelexperte für
italien„ spanische und französ. Malerei und Plastik, Kunst-
schriftsleller. Einige Bücher: Geschichte der Langobarden -
Die Kunst der Lnngohurden in Italien - Der Radstädtertnucrn
- Kunstgeschichte Österreichs 7 Die Baustile [Europas -
Kunstlexikon - Ägyptische Malerei - Die vorromanischen
Wandmalereien in St. Prokulus-Naturn (Vinsehgau) - Die Ports
Hungarica. In Arbeit: Kunst der Hunnen im Donauraum. Haupt-
furschungsgebiet: Kunst und Kultur der Völkerwanderungszeit.