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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 44)

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geschlossenheit den Vor ang hat. 
Die „Wiener Schule" hat es mehr 
mit der Ausgesetztheit, die dort ge- 
legentlich sogar als ein Garten der 
Lüste zelebriert wird. Der Maler 
aber, von dem hier die Rede sein 
soll, nämlich Georg Rauch, ingt 
selbst die Verlorenheit noch in der 
Bewahrung auf. 
Rauch t W ner, Jahrgang 1924. 
Er hat ein wenig bei Andersen, ein 
hißchen mehr im Aktsaal bei Böekl, 
die Hauptsache aber bei sich selbst 
studiert. Vor nicht viel weniger als 
zehn Jahren stellte er das erste Mal 
im Konzerthaus aus, später noch 
einmal in der Secession, aber dann 
tut nicht viel, um sich nach vorne 
zu bringen. Schon das ist ein im 
allgemeinen nicht gerade häufiger 
und sympathischer Zug an ihm. 
Ihrer gibt es allerd gs mehrere, 
auch in seiner Malerei Rauch macht 
nicht viel aus ihr, und er macht 
zum Llntersehied von manchen an- 
deren Leuten auch daraus nichts, 
daß er nichts aus ihr macht. Er gibt 
her was aus ihm kommt, und müht 
' d so gut wie möglich zu tun. 
Sein Thema ist stets der Mensch, 
auch wenn der gar nicht auf dem 
Bilde ist. Auch die beiden Petro- 
leumlampen steh in für ihn da. Sie 
sind so nett r ckständig und dabei 
ebenso nett wurdevoll und haben 
heit. Man muß sie liebgewinnen. 
Rauch war früher heiterer. Er sah 
mehr von der unfreiwilligen Ko- 
mik, die im Menschen steckt und 
hielt es mit den landstreichenden 
Vagabunden, den Philosophen an- 
spruchsloser Gelassenheit, wie sie 
llamsun schildert. Heute sitzt zwar 
auch noch der Trinker an seinem 
Tisch, aber statt der Bäume hat er 
nur noch die kahle Mauer hinter 
sich. Die einsame Frau im gelben 
Pullover mit der zylinderlosen Pe- 
troleumlampe, ein starkes Bild, steht 
last schon an der Grenze der Ver- 
lorcnheit. Die Frau mit dem Ham- 
pelmann traut sichtlich dessen Späs- 
sen auch nicht mehr. Der Einzelne, 
das Individuum, die Person sieht 
sich eingekreist. Der blaubeman- 
telte Mann hat den Schirm aufge- 
spannt und will sich damit gegen 
Regen schützen, der gar nicht fällt. 
Nur bei den Schachspielern, einem 
eigenartig gespannten Bild, und in 
dem „Tschoch", in dem sie spielen, 
ist noch etwas Atmosphäre und 
Harmonie, aber auch schon mehr 
wie ein Traum, aus dem es ein 
plötzliches, aber kein gutes Erwa- 
chen geben kann. 
Rauchs Bilder sprechen an. Das 
liegt an ihrer gestenfreien Einfach- 
heit. Sie berühren, weil da einer sel- 
ber leidct, was er tut und sagt. Sie 
halten sich, weil Inhalt und Form, 
Gehalt und Gestalt einander gemäß 
sind, das Dumpfe und Beladenc in 
jenem auch in dieser eine gewisse 
Schwere, aber ohne kalte llärte,zei- 
tigt. Da ist einer, der nicht mit den 
Menschen Politik oder Soziologie 
oder Psychiatrie betreibt, sondern 
selber ein Mensch ist und das in 
Form und Farbe nach bestem Wis- 
sen und Gewissen darlcbt. 
Man soll das „Hinterland" nicht un- 
terschätzen, aber auch die Hochsta- 
pelei der Gernegroße nicht mit der 
„Front" verwechseln. Das Echte ist 
überall einander ebenbürtig und die 
einzige Gewähr, daß der Druck ver- 
schwindet, den die Geschäftemacher 
und die Idcologisten „v0rn" und 
„hinten" den Menschen seiner selbst 
berauben. Man muß nicht resignie- 
ven, wie es Rauch, wenn auch ohne 
Klage und Anklage, zu tun scheint, 
aber man soll sich auch ruhig 
durch ihn und Künstler seiner Art 
„den Menschen in Bedrängnis" ins 
Gedächtnis und Gewissen rufen las- 
sen. 
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