4 „Fallender Krieger". Der naturalis-
tisch dargestellte Rumpf ist mit dem
abstrakt geformten Kopf zu einem er-
schütternden Ganzen verbunden.
5 „Drei aufrechte Motive" - in der
Mitte das „Glenkiln-Kreuz". - In kon-
glomeraten, knochen- und eingeweide-
artigen Gebilden deutet sich Moores er-
neute Hinwendung zur Darstellung des
Unterbewußtcn an.
fühl voll zu befriedigen. Moore hat
dies vielleicht selber gefühlt, so
wie ihm auch bewußt geworden sein
mag, daß der „Naturalismus" sei-
nem tiefsten Instinkt nicht ent-
spricht. Denn seine Kunst übt ge-
rade du ihre mächtigste Wirkung
aus, wo die Formen seiner Skulp-
turen rätselhaft und dunkel sind
und der Deutung einen sehr weiten
Spielraum lassen. Was immer aber
der Grund sein mag, in seinen neue-
sten Werken ist deutlich eine Rück-
kehr zu seinem stärker aufs Ab-
strakte gerichteten Formwillen der
Vorkriegszeit zu erkennen, der sich
jetzt noch kräftiger und energischer
als damals manifestiert. Insbe-
sondere ist die Darstellung des
Unterbewußtseins, das Moore im-
mer wieder zum Gegenstand seiner
Kunst gemacht hat, erneut hervor-
getreten - diesmal in unheimlicher
„biom0rpher" Gestalt - so in den
ziemlich schreckenerregenden „Drei
Motiven gegen Wand" (l958jS9), in
den knochen- und eingeweidearti-
gen Gebilden am „Glenkiln-Kreuz"
und in schwellenden erotischen Aus-
drucksformen, die vor allem an
dem 1957-58 geschaffenen „Weib-
lichen Torso" erkennbar sind.
Gleichzeitig mit dieser Entwicklung
zu einer Art abstrakter Organik hat
Moore sich offenbar aber auch wie-
der jenen geologischen Strukturen
und Rhythmen zugewandt, in denen
einige seiner schönsten Skulpturen
der Vorkriegszeit geschaffen wur-
den. Er ließ sie neu erstehen in den
beiden „Zweiteiligen liegenden Fi-
guren", die man wohl als seine ge-
genwärtigen Meisterwerke betrach-
ten darf. In diesen edel geformten
anthropomorphen Landschaften, die
weit ins Meer hinausragenden, von
Wind und Wetter zerklüfteten und
doch ewig unerschütterlich bleiben-
den Klippen gleichen, scheinen sich
nicht nur die tiefsten und charakte-
ristischen Elemente der künstleri-
schen Gestaltungskraft Moores zu
vereinigen. Sie lassen plötzlich of-
fenbar werden, daß die ganze Aus-
stellung trotz aller nordischen
Herbheit und Schroffheit der For-
men an die klassische mediterrane
Bildhauerkunst gemahnt und daß
da, wo man bisher gewohnt war,
alt-ägyptische und mexikanische
Skulpturen zu den Quellen zu zäh-
len, aus denen Moore seine Intui-
tionen schöpft, nun auch die Mar-
morstatuen des griechischen Alter-
tums einbezogen werden müssen.
Daß Moore den klassischen Huma-
nismus - wenn auch noch so ent-
fernt angedeutet - und die un-
ruhige Sensibilität des 20. jahrhun-
derts in eine zwar seltsam anmu-
tende, aber überzeugende Beziehung
zueinander gebracht hat, gehört zu
den größten und ergreifendsten
T riumphen seines künstlerischen