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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 46)

struktionen heraus. So entstand eine 
Stiege mit schalrein belassenen, 
11 cm starken Stahlheton-Lauf- und 
Podestplatten. Diese werden in der 
Podestmitte von einem einzigen, 
durch alle Stockwerke reichenden, 
naturbelassenen Stahlbeton-Zugstab 
über 20m Länge mit einem Quer- 
schnitt von 12 X 45 cm gehalten, der 
40 Tonnen aufzunehmen imstande 
ist. Das Geländer aus Formrohr- 
stahl, die Eichenholz-Durchzüge 
und der Serpentin-Terrazzo mit 
schwarzem Colour-Zement und 
hellblauen PVC-Unterteilungen be- 
stätigen die Gestaltungsmöglichkei- 
ten unserer Zeit. 
In Verbindung mit dem schon er- 
wähnten, schöncn und wieder re- 
staurierten Barockportal wurde in 
der Eingangshalle des neuen Stie- 
genhauses eine besonders weiträu- 
mige Öffnung zum „WohnhoP ge- 
schaffen. Dies bedeutet eine Unter- 
fangung von 250 Tonnen, die durch 
eine einzige, besonders ausgebildete 
und aus Gründen der Feuersicher- 
heit mit Granit verkleideten Stahl- 
stütze von 35:70 cm bewältigt wurde. 
Da das Kulturzentrum im i. Stock 
einen zusätzlichen Bcwegungsraum, 
ein Foyer, benötigte, das aber der 
vorhandene Grundriß nicht herzu- 
geben imstande war, wurden dort 
im Zusammenhang mit der reizvol- 
len, restaurierten „Kornhäuslstiegä 
die Außenmaucr zum Hof auf drei 
schlanke Pfeiler reduziert und - 
ähnlich einer Brückenkonstruktion 
(um den Hof nicht zu beeinträchti- 
gen) - ein eigener Baukörper in 
diesen hineingehängt. Als Gegen- 
satz zu den massiven alten Mauer- 
flächen wurde eine auf das Mini- 
male an „Totlast" beschränkte 
Stahlkonstruktion, die nur mit Glas 
ausgelacht ist, gewählt. Im Wesent- 
lichen trägt hier ein 24 cm hohes, 
mittig unterstützendes Walzproiil 
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als Kragträger, das beidseitig von 
je einem diagonal nach oben lau- 
fenden Zugseil aus hochwertigem 
Stahl von zirka 30 mm Stärke ge- 
halten wird (Beanspruchbarkeit pro 
Zugseil zirka 10 Tonnen). 
Dem Hof brachte eine architekto- 
nisch reizvolle Note die Notwen- 
digkeit, den Dachfirst in jenem 
trapezförmig zusammenlaufenden 
Bauteil über dem neuen Stiegenhaus 
unbedingt waagrecht zu halten, da 
er deutlich sichtbar den Abschluß 
des Schwarzenbcrgplatzes in Rich- 
tung Innere Stadt bildet. Mit l-Iille 
von schwierigen Dachverschneidun- 
gen, die der Dachdecker kaum be- 
wältigen konnte, und der Einfügung 
einer senkrechten Dachfläche ist 
dies gelungen. 
Die vielen, heute nicht mehr sicht- 
baren technischen Leistungen, wie 
etwa der Einbau von 91 Tonnen 
Stahl, die größtenteils die alten 
Mittelmaucrn ersetzten und auch 
die zu ungefähr 95'110 neuen Dek- 
ken zu tragen haben, der Einbau des 
45000 Liter fassenden Öltanks im 
Innenhof für lleizung und Warm- 
wasserversorgung, die Unterfan- 
gung des ganzen Hoftraktes, die 
erst die Unterbringung der Küche 
ermöglichte, der Einbau der großen 
Trafoanlage oder die vielen Schwie- 
rigkeiten im Zusammenhang mit 
dem eingebauten Schnellaufzug für 
sechs Personen neben dem Barock- 
portal wären ohne die Hilfe des 
vcrantwortungsbewußten Statikers, 
Herrn Dr. Ernst Armbruster, 
nicht möglich gewesen. 
Von den vielen rechtlichen Kompli- 
kationen möchtc ich nur die enor- 
men Anstrengungen erwähnen, die 
es kostete, um zu erwirken, daß we- 
nigstens ein Teil der Geschäftslo- 
kale im Sinne einer richtigen Denk- 
malpflege in das Hausganze einge- 
fügt werden konnte. 
 
 
 
 
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Da mit diesem Umbau ein Beitrag 
zur Manifestation unseres Kultur- 
empfindens beabsichtigt war, wur- 
den auch moderne, jüngere öster- 
reichische Künstler bemüht. S0 kam 
- gewissermaßen als Beweis -, daß 
auch die gegenwärtige Kunst im Re- 
ligiösen beheimatet sein kann, die 
Kapelle als ein künstlerisch-archi- 
tektonisches Gemeinschaftswerk zu- 
stande. Nach der gemeinsamen Er- 
arbeitung eines theologisch-künstle- 
rischen Konzeptes, bei dem die op- 
timale Wirkung der einzelnen Ar- 
beit zusammen mit allen übrigen 
umrissen und das einzelne end- 
lich wieder auf das Gesamte 
abgestimmt wurde, gestalteten Wal- 
ter Eckert ein großes Altarbild, 
Karl Prantl Tabernakel, Kreuz 
und Kreuzweg, Kurt O h n s 0 r g 
keramische Wcihwassergefäße in 
Verbindung mit einer sehr ruhigen, 
schlichten, zurückhaltenden Archi- 
tektur. Ihr kam es vor allem auf 
die sinnvolle Steigerung der Ma- 
teralien an: Fußboden aus Asphalt, 
Altarstufe aus Steinzcug, Altar aus 
Granit, Tabernakel aus Bronzeguß; 
Wände und Decke aus Mauerwerk, 
Altarwand aus Tannenholz, Altar- 
bild aus Schafwollc (Knüpfteppieh), 
Kreuz aus Bronzeguß. 
Wie das llaus heute dasteht, be- 
rechtigt es zu der Hoffnung, daß 
spätere Generationen an ihm das
	        
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