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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 48)

kraft der Gestalten hat kaum ihresgleichen in der zeit- 
genössischen Kunst. Auf der Kreuzigungstalcl ist wic- 
derum Pmpst Stephan dargestellt: das erste wirkliche 
Porträt der deutschen Kunst. Der Meister von 1331 setzte 
mit diesen Bildern eine bahnbrechende Leistung, die auch 
in Klosterneuburg selbst Nachfolge fand, wie der schöne 
Klosterneuburger Kreuzaltar beweist. Aus clt selben Zeit 
stammt das große, geschnitzte Baumkreuz, das mit hoher 
Wahrscheinlichkeit einst als Lettnerkreuz über dem 
„Vcrduner Altar" stand. 
gungen" vertreten. ln der Buchmalerei herrschte in der 
zweiten llällte des 14. Jahrhunderts der böhmische Ein- 
fluß vor. Ab etwa 1400 erscheint das Stift in enger Ver- 
bindung mit der Wiener Hofwerkstätte. Alle ihre be- 
rühmten llluminatoren (Michael, Nikolaus von Brünn, 
Veit, der Albrechtsminiator, der Lehrbüchermcister) 
haben in Klosterneuburg gearbeitet. Zum Teil sind ihre 
Namen nur durch die Reehnungsbücher des Stiftes über- 
liefert. Das ganze 15. Jahrhundert hindurch herrscht in 
Klosterneuburg eine rege Buehproduktion. Ihre schön- 
Aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt die 
reich geschmückte gotische Lichtsäule auf dem Stifts- 
platz (1381) mit sehr bedeutenden, bisher kaum gewür- 
digten Passionsreliefs. Sie erinnert an Meister Michael 
Knab, den Baumeister des Wiener Stephansdoms, dem 
wir auch die Spinnerin am Kreuz verdanken. Eng ver- 
wandt mit dieser Säule, wahrscheinlich sogar vom selben 
Meister errichtet, ist die an den Kreuzgang angebaute 
Wrhinger-Kzipelle (um 1394). Sie zeigt enge Zusammen- 
hänge mit der Eligius-Kapelle im Stephansdom. Der ur- 
sprüngliche plastische Schmuck der Kapelle ist bis auf 
zwei Statuen, schöne Werke des Weichen Stils, verloren. 
Zur selben Zeit, 1394, beginnt der Bau des büdturms der 
Stiftskirche. Er wurde 1405 mit einer wunderschönen 
Muttergottesfigur geschmückt, die heute im Lnpidarium 
steht. Dieses reiche und zugleich liebliche Werk - sein 
Datum ist urkundlich fixiert - bildet ein Schlüsselstüclt 
des Typus der „Schönen Madonna". 
Die Tafelmalerei des Weichen Stils ist in Kloslerncuhurg 
vor allem durch die Bilder des „Meisters der Dar-brin- 
sten Früchte sind in der Gotik-Ausstellung zu sehen. 
Auch die Goldschmiede wurden während des ganzen 
ßihrhunderts vom Stift Klosterneuburg viel beschäftigt. 
Leider sind von den auf diesem Gebiete einst sehr 
reichen Beständen, durch die Edelmetallablieferungen 
dezimiert, nur mehr einige, allerdings ausgesucht schöne 
Stücke erhalten. 
Das Ende des Weichen Stils markieren zwei bedeutende 
Werke, die allerdings nicht Klosterneuburger Provenienz 
sind, sondern erst später ins Stift gelangten. Das erste, 
ein steinernes Vesperbild um 1430 mit der originalen 
Fassung und von ergreiiendem Ausdruck, stammt aus 
dem zerstörten Klosterneuburger Hof in der Renngasse 
in Wien. Die Plastik, bisher ziemlich unbeachtet und. 
unter entstellender Ubermalung verborgen, wurde erst 
kürzlich aus Anlaß der Restaurierung als Hauptwerk der 
Wiener bürgerlichen Bildhauerei jener Zeit entdeckt. Das 
Ende des Weichen Stils in der Malerei bezeichnen die 
24 Üllieln des mächtigen Albrechtsaltars, von König Al- 
brecht II. (1437 bis 1439) für die Kirche zu den neun
	        
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