kraft der Gestalten hat kaum ihresgleichen in der zeit-
genössischen Kunst. Auf der Kreuzigungstalcl ist wic-
derum Pmpst Stephan dargestellt: das erste wirkliche
Porträt der deutschen Kunst. Der Meister von 1331 setzte
mit diesen Bildern eine bahnbrechende Leistung, die auch
in Klosterneuburg selbst Nachfolge fand, wie der schöne
Klosterneuburger Kreuzaltar beweist. Aus clt selben Zeit
stammt das große, geschnitzte Baumkreuz, das mit hoher
Wahrscheinlichkeit einst als Lettnerkreuz über dem
„Vcrduner Altar" stand.
gungen" vertreten. ln der Buchmalerei herrschte in der
zweiten llällte des 14. Jahrhunderts der böhmische Ein-
fluß vor. Ab etwa 1400 erscheint das Stift in enger Ver-
bindung mit der Wiener Hofwerkstätte. Alle ihre be-
rühmten llluminatoren (Michael, Nikolaus von Brünn,
Veit, der Albrechtsminiator, der Lehrbüchermcister)
haben in Klosterneuburg gearbeitet. Zum Teil sind ihre
Namen nur durch die Reehnungsbücher des Stiftes über-
liefert. Das ganze 15. Jahrhundert hindurch herrscht in
Klosterneuburg eine rege Buehproduktion. Ihre schön-
Aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt die
reich geschmückte gotische Lichtsäule auf dem Stifts-
platz (1381) mit sehr bedeutenden, bisher kaum gewür-
digten Passionsreliefs. Sie erinnert an Meister Michael
Knab, den Baumeister des Wiener Stephansdoms, dem
wir auch die Spinnerin am Kreuz verdanken. Eng ver-
wandt mit dieser Säule, wahrscheinlich sogar vom selben
Meister errichtet, ist die an den Kreuzgang angebaute
Wrhinger-Kzipelle (um 1394). Sie zeigt enge Zusammen-
hänge mit der Eligius-Kapelle im Stephansdom. Der ur-
sprüngliche plastische Schmuck der Kapelle ist bis auf
zwei Statuen, schöne Werke des Weichen Stils, verloren.
Zur selben Zeit, 1394, beginnt der Bau des büdturms der
Stiftskirche. Er wurde 1405 mit einer wunderschönen
Muttergottesfigur geschmückt, die heute im Lnpidarium
steht. Dieses reiche und zugleich liebliche Werk - sein
Datum ist urkundlich fixiert - bildet ein Schlüsselstüclt
des Typus der „Schönen Madonna".
Die Tafelmalerei des Weichen Stils ist in Kloslerncuhurg
vor allem durch die Bilder des „Meisters der Dar-brin-
sten Früchte sind in der Gotik-Ausstellung zu sehen.
Auch die Goldschmiede wurden während des ganzen
ßihrhunderts vom Stift Klosterneuburg viel beschäftigt.
Leider sind von den auf diesem Gebiete einst sehr
reichen Beständen, durch die Edelmetallablieferungen
dezimiert, nur mehr einige, allerdings ausgesucht schöne
Stücke erhalten.
Das Ende des Weichen Stils markieren zwei bedeutende
Werke, die allerdings nicht Klosterneuburger Provenienz
sind, sondern erst später ins Stift gelangten. Das erste,
ein steinernes Vesperbild um 1430 mit der originalen
Fassung und von ergreiiendem Ausdruck, stammt aus
dem zerstörten Klosterneuburger Hof in der Renngasse
in Wien. Die Plastik, bisher ziemlich unbeachtet und.
unter entstellender Ubermalung verborgen, wurde erst
kürzlich aus Anlaß der Restaurierung als Hauptwerk der
Wiener bürgerlichen Bildhauerei jener Zeit entdeckt. Das
Ende des Weichen Stils in der Malerei bezeichnen die
24 Üllieln des mächtigen Albrechtsaltars, von König Al-
brecht II. (1437 bis 1439) für die Kirche zu den neun