zismus zu beobachten, wenn wir et-
wa an die Prägnanz der Linienfüh-
rung, die Pose und die Abhängigkeit
von einem llächigen Hintergrund
denken (wie vorzüglich war die
Statue vor der Orangerie des Bel-
vedere aufgestellt!)
Die nächste Generation wird von
Maillol und Bourdelle (beide 1861)
angeführt. In Maillol realisieren
sich zum letztcnmal die Möglich-
keiten des Plastischen im herkömm-
lichen Sinne. Seine „Gelesselte Frei-
heit" ist sozusagen eine Superpla-
stik (Abb. 2), in die an Dinglichkeit,
Masse und komprimierten Raum-
lnkloren alles hineingesteckt ist,
was nur geht. Sicher ist diese
l-irziuengestalt. hinter der ebenso wie
bei Renoir ganz bewulSt eine Type
„aus dem Volk" steht, die letzte
Heroine der nachklassischen Bild-
hauerei; wie wenig gangbar der
Weg von hier aus weiter war, be-
weist die plastische Nachfolgeschaft
mit den Werken des Dritten Rei-
ches. Die schon bei Maillol nicht
sehr breite Grenze zwischen ech-
ter Vitalität und hohlem Pathos
konnte nur noch in dieser Rich-
tung überschritten werden.
Aber schon Bourdellc und der
gencrationenmäßig „naehhinkende"
Despiau (1874) sind bloße Epigo-
nen; beim ersten zerrinnt das Pla-
stische in dreidimensionale Bronze-
malerei, beim zweiten dominiert der
klassizistische Konventionalismus
einer ebenfalls längst noch nicht
unaktuell gewordenen Spielart.
Maillol, Bourdelle und der Spätling
Despiau sind die letzten, bei denen
das Figürlich-Plastische im her-
kömmlichen Sinn heil geblieben ist.
Mit der nächstfolgenden Generation
„um 1880" - sie ist zeitlich sehr
breit gestreut - setzt die leiden-
schaftliche, durch den Kubismus
ausgelöste Diskussion über die
Grundfragen der Gestaltbarkeit ein;
neben Versuchen, plastische Ge-
bilde einfach von der Oberfläche
her kubischen Formen anzunähern,
wird das Ringen um eine Gestaltung
vom Strukturellen her bis zu dra-
matischer Heftigkeit gesteigert. In-
dem man gleichsam in das Gefüge
der Bildwerke selbst „einsteigt" und
diese von innen her konzipiert,
kommt es zu jener Vergeistigung
der Bildhauerei, die wir eingangs
angedeutet haben. Raymond Du-
champ-Villon (1876) und Henri Lau-
rens (1885) gehören zu denjenigen,
die die Kubisierung der Plastik
wörtlich nehmen und die Natur-
vorwürfc durch eine Reduktion auf
Facettengebilde (ganz im Sinne Ce-
zannes) dem Imitativen weitgehend
entziehen und dem Kristallinisch-
Dauer-haften näherrücken (Abb. 3,
„Die Nixen"). Hier sind Plastik
und kontinuierend-taktiles Volumen
noch im Sinne der Tradition iden-
tisch. Pablo Gargallo (1881) mit sei-
nem leidenschaftlichen „Propheten"
(Abb. 4) und Ossip Zadkine (1890)
mit seinem wahrhaft groß gesehe-
nen, bedcutungsschweren „Großen
Boten", der uns eine ganze Welt
entgegenbringt, sind die klassischen
Vertreter einer ganz auf struktu-
relle, nber auch expressive Werte
gerichteten Kunst, die Kraft genug
hat, echte Zeichen zu setzen, ohne
die Bindung an die Naturform ganz
aufzugeben. Dies ist bei julio Gon-
zalez (1876) bereits geschehen, seine
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