MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 48)

 
HUNDERTS IM HISTORISCHEN MUSEUM DER STADT WIEN 
Diese Aufgabe übernahm das neu- 
erbaute eigene Museumsgebäude der 
Stadt Wien am Karlsplatz, in dem 
im 2. Stockwerk kürzlich die Ab- 
teilung des 19. und 20. Jahrhun- 
derts eröffnet wurde. 
Wer noch die alte Aufstellung im 
Rathaus im Gedächtnis hat, der er- 
innert sich der Überfülle der Ob- 
jekte, die, in vier Abteilungen zu- 
sammengestellt, die Denkmäler des 
Stephansdomes, die Stadtpläne und 
Stadtansichten, die Denkmale des 
bürgerlichen Lebens und schließlich 
die Waffensamrnlung umlaßte. Die 
Wertschätzung der vergangenen 
Zeitepochen hatte zum Sammeln 
ihrer Überreste geführt und so war 
förmlich ein Magazin dieser Oh- 
jekte entstanden, das nur in ge- 
drängter Häufung gezeigt werden 
konnte. Die Gegenstände waren aus 
ihrer natürlichen Umgebung heraus- 
gerissen worden, waren eigentlich 
nur Reste, fast möchte man sagen 
„Trümme-r" eines einstigen Gan- 
zen. 
Wenn wir aber heute in die neuen 
Museumsräume kommen, so stehen 
wir einem ganz anderen Bild un- 
serer Vergangenheit gegenüber. Die 
Umgebung, der die einzelnen Schau- 
stücke angehört haben, ist in gro- 
ßen Umrissen wiederherzustellen 
versucht worden und die Werke ha- 
ben den ihnen zugehörigen Rahmen 
erhalten. Um diesen neuen, inneren 
Museumsauibau aber durchführen 
zu können, war der Neubau geplant 
worden, der sich nach den darin zu 
zeigenden Gegenständen richten 
sollte. je mehr Freiheit, je mehr 
Möglichkeiten der Bau der Aufstel- 
lung der musealcn Objekte und 
auch ihrer Veränderung läßt, desto 
besser ist er. ln dieser Hinsicht ist 
der Neubau des Historischen Mu- 
seums der Stadt Wien vielleicht 
nicht ganz glücklich rücksichtlich 
der l-löhe seiner Räume gelöst, er 
ist sicher auch zu klein lür alle 
Schätze, die das Museum besitzt, 
aber mit seinen losen, verschieb- 
baren Wänden lassen sich leicht 
Gliederungen durchführen, die den 
Besucher in leicht laßlichcr Form, 
einem aufgeschlagenen Bilderbuch 
vergleichbar, von einer Zeitepoche 
unserer Hcimatgeschichte in die an- 
dere geleiten. 
Der Stephansdom, das Wahrzeichen 
Wiens, begleitet uns natürlich auch 
in der neueröffncten Schausamm- 
lung. Waren es im Erdgeschoß der 
Pergamentriß von Hanns Puchs- 
haum oder die herrlichen Stifter- 
figuren, und leitete der Doppeladlcr 
mit dem Kreuz das barocke Wien 
ein, so bildet der Adler mit dem 
Doppelkreuz, der anläßlich der Re- 
staurierung des Turmes 1860 ent- 
fernt wurde, den Beginn der Auf- 
ste lung des 2. Stockwerkes. Neben 
dem historischen Denkmal ist da- 
durch auch die zeitliche Umgren- 
zung der folgenden Schauräume an- 
geceutet. Wien war aus einer be- 
festigten Stadt gegen die Türken 
unc Magyaren eine Weltstadt ge- 
worden, aber auch das monarchisch- 
aristokratische Wien war von einer 
bürgedich-bürokratischen Epoche 
abgelöst worden, die in Kunst und 
Ku tur ihr Vorbild in der Antike 
unc dann im Mittelalter suchte. Die 
klassisch-kühle Lünette von dem 
erst 1955 niedergerissenen Palais 
Ercödy in der Waliischgasse leitet 
zum Empire-Zimmer des Palais Ca- 
prara-Geymüller über. Wir stehen 
da inmitten eines Raumes, in dem 
nic ut nur Geschichte und Leben ab- 
gerollt sind - hat hier doch Grill- 
parzcr seine „Katti" zum ersten 
Male gesehen -, sondern der mit 
seinen Seidentapeten und den in 
Tempera auigemalten schwebenden 
Genien auch ohne Möbel trefflich 
den Zeitgeist wiederspiegelt. Eine 
Ergänzung bildet die bedeutsame 
Neuerwerbung einer großen Hen- 
kelvase mit ihrem Blumendekor von 
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