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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 50)

vielen Kosten und störendem 
Zeitverlust mulite es fast aus- 
schließlich vom Auslande bezo- 
gen werden, denn die österrei- 
chischen Erzeugnisse waren 
teuer und schlecht. Die zur Re- 
chenschaft gezogenen littbrikttn- 
tcn begründeten das mit der geringen Qualität der in 
Österreich zu erwerbenden Hadern, was aber die ein- 
gesetzte lntersuchungskommission nicht gelten lief? 
„Was die Verschaltung des materialis Zum Papierma- 
ehen tinlanget, so ist gantz geivill in wenig Orthen von 
Europa ein mehrerer als hier in Wienn zu finden, in 
derne alhier fast jedermann vielfältiges LCiHZCÜIJ, 
brauchet, und die mehrste auch gemeine Leuthe ziemlich 
feine Wäsche zu tragen pflegen." Man müsse eben ver- 
suchen, die Wiener davon abzuhalten, „die feinste alte 
Wäsch" zum Zunderbrennen zu verwenden und ihnen 
dafür Feuerschwiimme und -steine zu besorgen, die „be- 
sonders auf dem (jallenberg (Kahlenberg) nächst an dem 
Camaldulenser Kloster" zu finden „und gleichsam ohne 
Werth seynd". 
 
- achdem er auf einer Reise durch 
ganz Wlesteuropa in Holland und 
Frankreich Gelegenheit gehabt 
hatte, Eindrücke über den Fort- 
schritt der Papiererzeugung zu 
sammeln, gründete Trattner 1707 
in großzügigster Weise auf 
dem fürstlich Lieehtensteinschen 
Landgut libergassing mit einem 
Aufwand von 200.000 Gulden eine Papiermühle nach 
holländischer Art. 1787 kaufte er die ganze Herrschaft 
und das Schloß. Das kommentierten boshafte Zeitge- 
nossen: „Man sagt, llerr von Trattner lege in der Majo- 
ratsherrschttft Obergailing, die er dem Fürsten von 
Liehtenstein axbgekttuft, eine Kolonie für Dichter und 
Schriftsteller an, die sein Nachdruck arm gemacht hat." 
Trattner betrieb nämlich neben seinen vielseitigen 
ehrenwerten Geschitften, aus „rein patriotische-m Eifer", 
auch das berüchtigte des Naehdrucks, besonders deut- 
scher Verlagswerke, was ihn, du er es sehr großzügig 
und mit Llnterstützung des Hofes tat, zum bestgehallten 
Mann seiner Zeit gemacht hat. 
 
So gewachsen war die erste 
Offizin im Seholtenhofe, daß 
'l'rattner der Platz für Drucker- 
pressen, Setzerei, Buchbinderei, 
Kupferdruckerei, Sehriftgiellerci, 
Korrektorcnzimmei" etc. nicht 
mehr ausreichte und auch der 
Abt des Schottenstiftes wegen des 
riesigen Büchcrlagers licuersge- 
fahr befürchtete. Deshalb errich- 
tete Trattner in der josephstadt 
den von allen Zeitgenossen, ln- und Ausländern gleicher- 
maßen bewunderten und bestaunlen {Yypographischen 
Palast". 
Vor der Übersiedlung durfte der llofbuchdrucker aber 
noch hohe Gäste durch seinen Betrieb führen: l)ic E!" 
herzoge Joseph. Karl und Leopold. die davon so beein- 
druckt waren, daß sie alle drei die Buchdruclterkunst 
zu erlernen wünschten. Die Tradition im Kaiserhause 
verlangte niimlieh, daß die Erzherzoge ein Handwerk 
erlernen sollten, und zu seiner größten llhre und (Icnug- 
  
3 Von Salomon Kleiner auset-Iuhrit Bildtafel aus dem Pracht- 
band der „Numismala eimel caesarei regii austriaei", 
4 Holzschnitte aus der 1755 erschienenen „Christ Cathulischeit 
nutzliehen Haus-Postill", 
5 Kuplerstich von Michael Rt-nu, aus dem 1767 von Patrizius 
Wlasserburgei" in Wien bei Trattnel" neu herausgegebenen {l'o- 
dentanz". 
 

	        
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