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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 51)

 
Kunstbüchlein von mancherlei schönen Trinkgeschirren", 
das 45 Entwürfe von Pokalen, Bechern, Flaschen und 
Kannen im Holzschnitt zeigt und in der bewegten Um- 
rißgestaltung und dem sparsamen, großzügigen Detail 
noch ganz der Frührenaissance der ersten Hälfte des 
16. Jahrhunderts angehört! 
1551 folgte in Nürnberg „ein n e u k u n n s t b u c h 
dar Innen kunnstreiche Contrafect und bildnus vonn 
allerley Trinnckgeschirn Credenntzen und Bechernn Mit 
fleiss gestellet und abgedruckt sind, goldschmiden, Bild- 
hauern, Malern unnd allen Künnstlern, so sich etwan 
Künnstlicher unnd Poetischer Bildwerek Inn Irer arbait 
gebrauchen ganntz diennstlich. jetzunnd erst vonn 
neuem auss ganngen und gedruckt zu Nürenberg Anno 
Christi 1551". Dieses Werk, das weder den Künstler 
noch den Drucker nennt, umfaßt 30 bis 40 Kupferstiche, 
die Pokale, Doppelpokale, Becher, Schalen, Doppelscha- 
len, Kannen, Flaschen, Leuchter und Salzfässer dar- 
stellen. Es handelt sich durchwegs um ausgesprochene 
Schau- und Prunkstücke, die entweder die Schautische 
zieren oder als Ehrengeschenke dienen sollten. Diese 
Entwürfe nehmen auf alle damaligen Techniken (Trei- 
ben, Gießen, Ziselieren, Gravieren, Emziillieren) Rück- 
sicht und zeichnen sich durch reiche Phantasie der For- 
men und des Dekors aus. Sie sind als der bedeutendste 
Vorlagenschatz der zweiten l-Iällte des 16. Jahrhunderts 
anzusehen, die an sich schon eine große Zeit der Orna- 
mentzeichner und Formenschneider war. Man denke 
nur an die späteren Folgen von Goldschmiedegeläßen 
von Georg Wachter (1579)? Paul Flint (1592-1618)? 
Bernhard Zan (1580 und 158-1) und vom Meister I. S. 
(1581-1582)? 
Dieses neue Kunstbuch von 1551 wurde von Bergau als 
Werk Wenzel jamnitzers bezeichnet." Später schrieb 
 
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man es dem „Meister der Kraterographie" zu und heute 
gilt es als Arbeit des Nürnberger Goldschmiedes, Stein- 
schneiders, Bildhauers und Kupferstcchers Matthias 
Zündt (T 1572), eines vielseitigen Künstlers von ho- 
hem Rang. Die Zuschreibung an Zündt erfolgte auf 
Grund der wenig später (1552 und 1553) von ihm signier- 
ten Folgen von Ornamentstichen. Wenn auch Bergaus 
Zuschreibung des Neuen Kunstbuchcs 1551 als persön- 
liche Arbeit Wenzel jamnitzers nicht haltbar ist, da der 
Meister nachweislich kein besonders begabter Zeichner 
war, so darf man anderseits doch mit ziemlicher Sicher- 
heit annehmen, daß die Masse der Blätter auf Arbeiten 
oder Anregungen jamnitzers zurückgeht. jamnitzer, der 
1534 Meister geworden war, stand 1551 mit 43 Lebens- 
jahren wohl auf der vollen Höhe seines Schaffens, hatte 
aber noch nicht jene großen Aufträge von den Fürsten- 
höfen, so daß er sich durchaus mit der Herstellung von 
Entwürfen für Pokale, Schalen usw. beschäftigen konnte. 
Matthias Zündt war gerade 1551-1553 Geselle in jam- 
nitzers Werkstatt und wurde erst 1560 Meister, so daß 
man annehmen muß, daß seine Kupferstiche im neuen 
Kunstbuch zum Großteil auf Vorlagen und Ideen der 
jamnitzerwerkstatt zurückgehen." Noch 1559 stand 
Zündt mit jamnitzer in enger Verbindung, da der Mei- 
ster, damals bereits „der küniglichen wyrdt (Würde) zu 
Bömen dyener", ihn zu Verhandlungen mit Erzherzog 
Ferdinand II. nach Prag schickte. Dabei erwähnte jam- 
nitzer ausdrücklich, dziß Zündt die Hauptarbeit an der 
vom Erzherzog bestellten Kredenz (Tafelaulsatz) ma- 
chen solle und ihm „mit den dyerlein dyenstlich sein 
werde"? Die enge Zusammenarbeit jamnitzers und 
Zündts bei den großen Aufträgen läßt ein gleiches auch 
für das Kunstbuch von 1551 annehmen. So dürfen wir 
wohl jamnitzer als den Idcenträger und Zündt als den 
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