klang der Groteske zur Spirale, die
sich langsam und mühsam aus dem
Aststab z entwickelt hat. Sehr schön
ist die Abspaltungstechnik oben in
den Spießen, unten im klaren ele-
ganten Gcgenschwung ohne Spiral-
bildung zu verfolgen. Wir sehen
deutlich, wie noch „aus einem
Stück" gearbeitet wurde. Nur der
jetzt fehlende Mittelteil ließ sich
nicht abspalten und mußtc deshalb
eingesetzt werden. Da das Eisen
überall die gleiche Stärke bewahrt,
wird klar, daß das Eisen nicht ge-
streckt wurde. Die Binnenzeichnung
hat wesentlich an Kraft zugenom-
men.
Der Typ in Bild 3 war sehr verbrei-
tet. Das bei Bild 2 verlorene Stück
ist deutlich angesetzt, der Beschlag
ist massiver, das Kompositionszen-
trum durch Ausbauchung stark be-
tont, ein Einfall, der noch lange
Nachfolge finden sollte. Das Neue
des Typcs ist unschwer auch von
den Binnenzeichnungsmustern her
zu erkennen. Deutlich sieht man
die Verwendung verschiedener Mei-
ßel, wobei die Halbbögen mit Punk-
ten zu abstrakten Ornamenten ver-
bundcn bis zur Gestaltung von Ge-
sichtern, weiblichen Halbakten usw.
verwendet werden konnten! Sie ge-
hören mit zu dem Belegmaterial der
geheimen odet lauten Perversion des
Manierismus, wenngleich es nie-
mendem einfallen mag, bei unseren
Landschmieden von „verdrängten
Komplexen" zu sprechen. Immer-
hin sieht man, wie weit und in wei-
che Detailverästelung sich ein Stil
verfolgen läßLWer darauf aus wäre,
könnte selbst mit diesem einfachen
Material ein Sammelsurium der
seltsamsten Zwitterwesen in den
Wechselformen der Grotcsken zu-
sammentrngen}
Auch in Bild 4 sehen wir diesen Stil,
allerdings mit einer seltenen Punze
ähnlich einer Vergißmeinnichtblüte
-, aber keineswegs naturalistisch
als Blume gemeint - verbunden.
Die Stilentwicklung hat einen deut-
lichen Ruck gemacht; wir haben je-
nen Typ vor uns, der im Barock ge-
radezu führend werden sollte. (Siehe
Bild 8 und 9). Trotzdem haben wir
auch hier an vier Stellen, wo die
Spiralen abgehen, einander sehr
ähnliche „LöwenschädeP. Das Ring-
feld ist nun in die Kompositions-
mitte gerückt (wir kennen es schon
von Beschlägen zu Ende des 16. jahr-
hunderts). Bei Spiralen wie „Ha-
kenschnörkeln" fällt die starke Ver-
wendung der Einhautechnik auf. D.
h., wir sind am Beginn des Knorpel-
werkstiles, der in der Kunstspraehe
des Eisens wohl im Linearen seine
herrliche Phantasie sprechen lassen
kann, hingegen zumindest in un-
seren Kleinbeschlfigen nicht pla-
stisch bewegt werden kann und sich
so fast allein im Spiel der Linien
ausdrücken muß. Auch muß uns
das zähe Leben der Spiralen (die
äußerste linke leider beschädigt)
auffallen. Dieses unvergleichlich vi-
tale Muster gab in seiner Weichflüs-
sigkeit unserer (verschleppten) Re-
naissanceornamentik seine Ver-
wandtschaft zur Schrift. Zum ersten
Mal in unserer Reihe ist nun der
Rhythmus der Spirale durch den
„l-Iakenschnörkel" unterbrochen.
Wir haben einen barocken Beschlag
vor uns, eine Illustration für die Art
und Weise, wie der Holzstil des
Knorpelwcrks gegen 1680 in der Ei-
senkunst zum Ausdruck kommt.
Das Stück in Bild S wird nun lang-
sam wieder pflanzlich. Die Abgabe--
lung der Nebenspiralen wird betont,
ist organisch und mit kräftigen Ker-
ben lebhaft gezeichnet. Die „Le-
bensmitte" (Bild 3) läßt die Spiral-
ranken im Kontrast besonders rank
erscheinen. Noch immer wirken die
Spiralen wie hingeschrieben, aber
der Schritt in das neue Lebensge-
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