EIN GEISTIGER VORLÄUFER MAKARTS
ERNST KOLLER
Zum Gedenken
an die 200. Wiederkehr
seines Todestages
Die grundlegenden Arbeiten zur Er-
fassung des Werkes von Johann Ge-
org Plazer hat im Verlaul der ver-
gangenen vier Jahrzehnte Gotthard
Agalh geleistet. Selbst der beschei-
denste Versuch, sich mit dem Werk
des vor zweihundert Jahren verstor-
benen Malers aus Südtirol zu be-
schäftigen, kann an den Ergebnissen
Agaths nicht vorbeigehen. Auch
vorliegender Aufsatz beruft sich
ohne weiters präzisierte Zitierungen
immer wieder auf sie}
Johann Georg Plazer wurde am
25. Juni 1704 in St. Michael bei
Eppan geboren. Sein Vater, Johann
Viktor Plazer, war ebenfalls Maler,
doch sind Werke von seiner Hand
nicht bekannt. Feulner? spricht in
vagen Worten von einem Bruder Jo-
hann Georgs, der ebenfalls Johann
Viktor geheißen und „Miniaturen
religiösen Inhaltes. .." gemalt ha-
ben soll.
Die Familie Plazer ist in Eppan seit
1629 nachweisbar; als Lebensdaten
Johann Viktor's gibt Wurzbaeh die
Jahre 1665 bis 1708 anF Nach dem
Tod von Johann Georg's Vater hei-
ratete die Witwe den 1721 in Eppan
verstorbenen Maler Joseph Anton
Kcßlcr, der mit Werken in der St.
Georgskirche in Oberplanitzing bei
Kaltern und der Pfarrkirche von St.
Pauls künstlerisch laßbar ist. Keß-
ler war zwangsläufig der erste Leh-
rer Johann Georg's. Der Maler-
knabe kam im Alter von zwölf Jah-
ren in die Obhut seines Onkels
Christoph Plazer, dem Bruder Jo-
hann Viktor's. Dieser nicht unbe-
deutende Künstler war Holmaler
des Fürstbischols von Passau und
kann vielleicht' bereits 1698 in
Salzburg nachgewiesen werden, wo-
selbst er mit dem Hochaltarbild in
der Kajetanerkirehe künstlerisch
vertreten ist. Auch die Altarbilder
der Kapuzinerkirche in Kitzbühel
und eine „Feuerprobe der heiligen
Kunigunde" in Niederaltaich stam-
men von seiner Hand.
Der junge Johann Georg hat seinem
Onkel wohl in erster Linie eine ge-
naue Kenntnis religiöser und my-
thologischer Sujets zu verdanken,
die in seinem Werk eine so ent-
scheidende Rolle spielen.
1728 finden wir den nunmehr vier-
undzwanzigjährigen Künstler an der
Akademie in Wien, die er wohl auf-
suchte, um sich mit der Kunst
ihres Leiters Jacob van Schuppen
(1670 bis 1751) auseinanderzusetzen.
der als Neffe von Nicolaus de Lar-
gilliere in Paris seine künstlerische
Ausbildung genossen und die dorti-
gen Zeitideale nach Wien verpflanzt
hatte.
Die Freundschaft Johann Georgs zu
dem fast gleichaltrigen Maler Franz
Christoph Janneck (1703 bis 1761)
ist urkundlich zwar nicht nachweis-
bar, liegt aber durchaus im Bereich
des Möglichen, wenn man die große
Ähnlichkeit von Sujets und Stilmit-
teln im Werke beider Maler in Be-
tracht zieht.
Das Jahr 1723 brachte Johann Georg
eine für seine Karriere außerordent-
lich wichtige Begegnung: er lernte
den Breslauer Edelmann Albrecht
von Sebisch kennen, der in diploma-
tischer Mission in Wien weilte und
1730 bei seiner Rückkehr in die
Heimat vierzehn Bilder Plazers nach
Breslau nahm. Damit beginnt eine
Erfolgsserie, die bis zum Tode des
Malers nicht unterbrochen wurde:
die reichen Leute von damals reißen
sich um seine Bilder, die praktisch
in alle Länder des mittleren und öst-
lichen Europas gelangten und ver-
einzelt heute noch sogar in Frank-
reich und England auftauchen. Auch
der Zarenhof besaß eine Reihe von
Gemälden Plazers, von denen fünf
im Jahre 1929 bei Lepke in
Berlin versteigert wurden. Heute
verfügen die Museen von Breslau,
Kassel, Innsbruck, Graz, Salzburg
(Residenzgalerie), London (Wallace
Collection), Moskau, Ostankino,
Leningrad (Eremitage), Dresden
(Staatl. Kunstsammlungen) und
Wien (Österr. Galerie, Historisches
Museum) über wichtige Arbeiten.
Agath hatte schon vor drei Jahr-
zehnten Bilder als eindeutig von Jo-
hann Georg Plazer stammend er-
laßt, doch ist anzunehmen, daß die
Produktivität des Künstlers diese
relativ bescheidene Zahl weit über-
schritt, sodaß mit dem Auftauchen
weiterer Werke sicher gerechnet
werden kann. Über Plazefs letzte
Lebensjahre wissen wir, daß er sie
in seinem Geburtsort in aller