llerkunft des Baugedankens der Salzburger Kathedrale
anzubieten. In keiner Arbeit, die sich mit dem Problem
befaßt, wird nämlich der frnppanten Grundrißähnlichkeit
der Dome zu Salzburg und Como Erwähnung getan. und
doch gibt ein Vergleich die Schlüssel zur Aufklärung
der Zusammenhänge (Abb. 3,8). Es handelt sich um die
klare Ausbildung des Trikonchos als Chorhaupt. um die
typische Lagerung der Sakristeien im Winkel zwischen
Querhaus und Tribunal, ja sogar um die ungefähre
Gleichheit von lnncnliinge und Mittelschiffshöhc beider
Kirchen (ca. 85 bzw. 30 m). Selbst die dem Salzburger
Dom nachgerühmte effektvolle Lichtführung ist in Como
bereits vorgesehen. Da die Pulldäehcr der Scitensehiffe
steil aufwärts führen, sind die Biforienfenster des Lieht-
gadens durch den Dnchraum über den Abseilen verdun-
kelt. Das Langhaus erhält daher ebenso nur spärliche
Um 1600 konnte die provisorische Minelsehiffsapsis ent-
fernt und die Baulüeke zwischen dem neuen Hauptchor
mit seinen Sakristeien und dem gotischen Langhause be-
helfsmäßig durch Mauern abgeschlossen werden. Die
Vierung erhielt einstweilen eine Flaehcleeke, das Mittel-
schiff ab 1603 Kreuzgewölbe.
In diesem Zustande wird die heimatliche Domkirche S0-
lari bekannt gewesen sein. Denn erst 1627 bis 1633 ver-
mochte Francesco Maria Richino die südliche Quer-
schiffsapsis auszubauen, die nördliche, den Trikonchos
vollendende, konnte gar erst nach teilweis Abtragung
des „Pretori0" 1653 bis 1669 Carlo Buzzi hinzufügen.
Bis 1744 entbehrte der Dom von Como überdies der Kup-
pel, mit welcher erst Filippo juvara ab 1731 den Bau
abschloß.
So besehen, könnte Solaris Dom als Vorläufer des Domes
Belichtung durch die Scitenschiffe wie der Salzburger
Dom aus den Liingskapellen und Ernporen. Auch in
Como ist der stärkste Liehteinfall unter der Kuppel. So!
lari hat diese Eigenheit durch Vermehrung und ge-
schickte Versetzung der Fenster allerdings weit über die
Möglichkeiten in (Iomo gesteigert.
Als sich Solari seinen Domentwurl zurechtlegen mußte,
war freilich der Dorn seiner Heimatdiözesc nicht im
heutigen Zustande. Das gotische Langhaus, basilikzil-
lünfjochig, war in den Abseiten kreuzgewölbt. im Mit-
telschiff llach gedeckt und hatte bis um 1601) einen be-
helfsmäßigen Abschluß des Mittelschilfs mit hnlbrunder
Apsis. Die seitlichen Flanken übernahm zur Ausschmük-
kung der aus Mnroggizi am Luganosec gebürtige Tomaso
Rodari (1487 bis 1526), der auch den neuen llauptchor
mit den seitlichen Szikristcien entwarf (Baubeginn: 1513).
l)as von Rodari entwickelte Gesamtprojekt der Chor-
lösung wurde durch Cristoioro Solari 1519 bereichernd
umgearbeitet und zur Ausführung bestimmt. Am Ilaupt-
Chor und den Szikristeien wurde von Frzinchino delln.
Torre und Leonardo da (Iarona bis nach 1564 gearbeitet.
zu Como angesehen werden. Dennoch liegen die Dinge
umgekehrt: nur seine langdauernde fragmentarische
Existenz brachte den Dom von Como um den Ruhm,
Vorbild für Salzburg zu sein, wie der Gcsu der längst
früher konzipierten Kirche S. Andrea zu Mantua den
Rang ablief, typenbildendes Schema der abendländischen
Kirchennrehitektur zu werden. Der 'I'rikonch0s zu Como
entstand erst 1627 bis 1669, zu einer Zeit also, da der
Salzburger Dom schon in seiner ganzen neuen Herrlich-
keit dastand. Die Lösung des Chorhnupts zu Como wurde
aber nicht in diesen Jahren ersonnen. sondern nach dem
noch heute im Museo Civico zu Como verwahrten Mo-
dell, einer Gemeinschaftsarbeit Rodnri-Solnri von 1519,
schrittweise, je nach den verfügbaren Mitteln. in die Tat
umgesetzt (Ahh. 9). Es ist kaum denkbar, daß Solari
die Dombaunhsiehten seiner Diözese unbekannt gewesen
wären; undenkbar, daß er das Modell des Domes, in
dessen liahbrica er vielleicht seine Schulung erfuhr, nicht
oftmals gesehen haben sollte. Von diesem ideal bezog
er den Trikonehos, den er bloß aus dem altmodischen
äfm-Schluß in die dem Barock gemäße Rundung über-
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