MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 52)

RIESNER (sie) gestempelt. Diese, sowohl im Schriftbild 
als in der Rechtschreibung von der üblichen Signatur 
Rieseners (l) differierende Bezeichnung, wurde von Mac 
Coll als Fälschung erklärt, eine Feststellung, die zweifel- 
los richtig ist und der alle Autoren beigepflichtet haben. 
MacColl hielt die Kommode für englisch, obwohl es ihm 
eigentümlich erschien, daß die Laden auf kleinen Rol- 
len laufen, und vermerkt weiter, dalS Herbert Cescinsky" 
das Stück für holländisch ansah. Ein Briefwechsel mit 
Otto von Falke, Berlin, brachte dann die entscheidende 
Wendung." Falke verwies auf eine ähnliche, aber klei- 
nere Kommode (wir werden auf sie gleich zu sprechen 
kommen) die wahrscheinlich, zusammen mit anderen 
gleichartigen Stücken zu einer Möbelausstattung gehörte, 
die König Friedrich Wilhelm lI. in den Jahren 1786 bis 
1790 für die von ihm bewohnten Räume des Berliner 
Schlosses in Auftrag gab. Eine Anzahl dieser Möbel wurde 
von David Roentgen geliefert und einige aus Sparsam- 
keitsgründen von Berliner Hoftischlern ausgeführt. - 
So nahe war man damals also bereits der Lösung 
des Problems gekommen. Nur für den letzten Schritt, 
die Verbindung des Möbels mit dem Namen eines Ber- 
liner Meisters, fehlte mangels eines signierten Ver- 
gleichsbeispiels jede Möglichkeit. Daher ordnete auch 
Hans lluth in seinem Werk über Roentgen die Londoner 
Kommode unter die in der Nachfolge des Meisters aus 
Ncuwied stehenden Möbel." 
Das zweite Möbel, das hier zu nennen wäre, ist jene 
etwas kleinere Kommode (Abb. 10), die sich heute im 
Besitz des Staatlichen Kunstgewerbe-Museums in Berlin 
(Ost) befindet, wo die reichhaltige Möbclsammlung des 
früheren Schloßmuseums konzentriert ist (Inv. Nr. 26, 
14afb)." Sie wurde erstmals von MacColl auf lialkes 
Information hin gleichzeitig mit der Londoner Kommode 
und wie diese als Werk eines Berliner, von Roentgen 
abhängigen Meisters publiziert." Auch H. lluth erwähnt 
sie in diesem Zusammenhang." Wenn wir nun diese 
beiden Möbel mit der signierten Loosdorfer Kommode 
vergleichen, dann ist die Verwandtschaft so augenschein- 
lich, daß die Autorschaft Fiedlers als erwiesen gelten 
kann. 
Angefangen von der Grunddisposition des Möbels mit 
einem schmalen Schubfach oben und zwei großen Laden 
im darunter liegenden Hauptteil der Front, stimmen auch 
die tektonisch maßgebenden Elemente, wie Lisenen, Beine 
und die unteren Rahmungen in der Anordnung und Aus- 
führung wesentlich überein. Darüber hinaus reicht aber 
die Ähnlichkeit bis in die Details. Für die Ladengriffe 
(Löwenmasken), die Rahmen der Medaillons und die Em- 
fassungen der Ladenfelder (man beachte die Art, wie 
diese letzteren befestigt sind), für die Schlösser, die ge- 
riffeltcn Metallflächen, für einen Teil der Ranken, Ro- 
setten u.a.m. sind genau die gleichen bronzenen Werk- 
stücke verwendet worden. Auch das Furnier und die 
Rauten-Marketerie der Ladenfüllungen sind analog an- 
geordnet. Bei den figuralen Medaillons finden wir sogar 
auf beiden Loosdorfer Kommoden und auf der aus Ber- 
lin dieselben Motive, während hierin die Londoner Kom- 
mode abweicht." Schließlich sei noch darauf verwiesen, 
daß auch die tischlermäßige Konstruktion der Möbel 
in allen drei Fällen die gleiche ist. Deckplatten, Böden, 
Rück- und Seitenwände sind auf Rahmen und Füllung 
gearbeitet und zu einem guten Teil aus Eichenholz. Die 
Laden sind zur Gänze in Eiche ausgeführt und gleiten 
der leichteren Handhabung wegen über kleine beinerne 
Rollen, die in der Rahmung der Bodenplatte eines jeden 
Faches eingelassen sind. (Schon MacColl war diese Be- 
sonderheit bei der Londoner Kommode aufgefallen.) Die 
gesamte lnnenausführung ist von einer Exaktheit, wie 
sie nur die beste Pariser Ebenisterie oder Möbel aus 
Neuwied aufzuweisen haben. 
Aus den bedeutsamen Veröffentlichungen von Hans Huth 
über Roentgen und seine Werkstatt geht hervor, daß 
Friedrich Wilhelm II. mehrfach Möbel aus Neuwied be- 
zog: als Kronprinz in den jahren 1779 und 1783 und 
als König in den Jahren 1787, 1789, 1794." Wie oben 
bereits erwähnt, dürften die beiden Loosdorfer Kommo- 
den wohl mit den ersten Lieferungen in Zusammenhang 
stehen. Die Ähnlichkeit der beiden anderen legt die An- 
nahme nahe, daß sie mit den Loosdorfer Stücken zu 
einem gleichzeitig entstandenen Ensemble gehörten. Weil 
die Loosdorfer Kommoden die prächtigsten dieser Gar- 
nitur waren und vielleicht auch als erste geliefert wur- 
den, hat Fiedler eine davon signiert. Doch wird sich die 
Frage nach der Datierung und der ursprünglichen Auf- 
stellung der Londoner und der Berliner Kommode wohl 
nur an Hand von Inventaren befriedigend beantworten 
lassen, wenn es solche gibt und ihre Angaben genau 
genug sind. 
 
Schließlich sei noch auf eine zweite Berliner Kommode 
(Abb. 9) (lnv. Nr. S 705 IIII) hingewiesen, die aber nach 
dem Krieg dem Kunstgewerbemuseum nicht mehr zu- 
rückgestellt wurde und daher zu den Kriegsverlusten 
gerechnet werden muß. Doch wäre es ein Versäumnis 
in unserem Zusammenhang nicht auf sie zu sprechen 
zu kommen, da ihre Verwandtschaft mit den oben be- 
sprochenen Kommoden evident ist. Eine Ausnahme bil- 
den bloß die Laekpannenux und die Ladengriffe, deren 
Form jedoch durch die Größe der bemalten Einlagen be- 
stimmt wurde. l)ie Lackmalereien freilich stammen he- 
stimmt nicht aus Fiedlers Werkstatt, sondern wurden 
ihm zu diesem Zweck von einem Meister dieses Metiers 
geliefert (Stobwasser?) Auch diese Kommode ist bereits 
von H. Huth im Kapitel „Die Nachfolger Roentgens" 
publiziert worden." Allerdings spricht er von zwei Kom- 
moden, was auch aus der lnventarnummer ersichtlich ist. 
Er bringt diese beiden Möbel, "die aus ehemaligem Hof- 
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