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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 52)

lxClIICll XJFLIIIU lllUllf LU ULLSUIIUCFCI" Lille. VQn LCII. Zu 
Zeit fand, gewöhnlich an größeren Orten, eine längere 
Rast statt. Dürer hat diese Zeit überall zu Naturstudien 
verwendet. In Innsbruck machte wohl jeder Italienfahrer 
ein paar Tage halt, und so entstand als früheste von den 
erhaltenen Reisestudien Dürers das berühmte Blatt 
„Innsbruck" (Abb. 1) der Alberti na. eine künst- 
lerisch wie historisch hoch bedeutsame Urkunde: Inns- 
bruck vom Norden gesehen, wo der Meister zu Füßen 
der Nordkctte irgendwo auf den Hängen von l-lötting 
saß und mit schönheitsdurstigem Blick das malerische 
Bild der damals noch kleinen, kaum 5000 Einwohner 
zählenden Landeshauptstadt mit Wasserfarben zu Pa- 
pier brachte. Es ist die erste bekannte Stadtansicht von 
Innsbruck; es ist darüber hinaus die erste Ortsansicht 
der modernen Kunst überhaupt, Außerordentlich genau, 
in miniaturhafter Feinheit wiedergegeben sind die Türme 
und l-Iäuser von Innsbruck. Hell und frisch sind die Far- 
ben gewählt, vorn das Blaugrün des Inns, in dem sich 
das Weiß der Stadtmauer unruhig spiegelt. Ein Kahn 
hat gerade am Ufer angelegt, winzige schwarze Figuren 
sind dort tätig. Der spitze Turm links, die höchste Er- 
hebung im Bild, ist der alte sogenannte Wappenlurm, den 
Kaiser Maximilian an Stelle des alten Rumer- oder 
Saggentores im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts 
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durch Niklas Türing ausbauen und von Jörg Kölderer 
mit Wappenmalereien versehen ließ. Auf I)ürers Aqua- 
rell ist dieser 1496 fertig umgebaute Turm noch einge- 
rüstet: ein weiterer Beweis und eine genaue zeitliche 
Festlegung für die erste Italienfahrt Albrecht Dürers 
von 1494195. 
Der Streit, ob Dürer Innsbruck im Spätherbst 1494 auf 
der llinreise oder im Frühling 1495 auf der Rückreise 
von Venedig aufgenommen hat, entscheidet sich eher 
zu Gunsten der llinreise, da das Blatt stilistisch in der 
noch etwas geringen Standfestigkeit der Gebäude und 
Berge und dem Mangel an Konzentration der Haupt- 
motive der Auffassung der kurz vorher in Nürnberg 
entstandenen Blätter „Drahtziehmühlf und „Johannis- 
friedhof" nahesteht, während es sich von den in Anlage 
und Strich viel sichereren Blättern „Arc0" und „Trienttf 
des Frühjahrcs 1495 unterscheidet. 
Auch die beiden Sehloßhofansichten (Abb. 2, 3) 
der mittelalterlichen, höchst malerischen Burg in In n s - 
b rue k, ebenfalls in der Ab ertina, gehen eng mit 
der Stadtansieht von Innsbruck zusammen, dürften also 
auch damals während des kurzen Herbstaufenthilltes ent- 
standen sein. Sie sind die ersten mit größter Schärfe der 
Beobachtung wiedergegebenen Architekturstüeke in der 
Geschichte der Zeichnung. und sind auch die einzigen 
größeren Architekturaufnahmen im Werke Dürersige- 
blieben. Welch äußerst malerische mittelalterliche Bau- 
gruppe, ähnlich der Nürnberger Burg, Innsbruck durch 
den Maria-Theresianischen Barockbau der llofburg ver- 
loren hat, können wir aus diesen Blättern ermessen. 
Sicher hat Dürer auf der Weiterreise in Tirol künstle- 
rische Eindrücke empfangen, die auf ihn nachhaltig wirk- 
ten. In Sterzing stand der große Altar aus der Werkstatt 
Hans Multschers, um H58 entstanden. Oh er für den 
jungen Künstler das gewesen ist, was er uns lleutigen 
bedeutet? Es war für ihn wohl die Kunst einer älteren 
Generation.
	        
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