4 Schöne Mm
aus Bon
36
weise genug, wo der Ausgangs-
punkt der Schönen Madonnen
zu suchen ist. In den böhmisch-
schlesischen Gnadenbildern mit
der Halbngur der Gottesmutter
und dem Jesusknaben auf dem
Arm sind ihre Vorbilder zu
erkennen. Buchmalereien und die
Tafelbilder aus der Schatzkam-
mer des Prager Doms und des
Rudolfinums, aus dem Breslauer
Diözesanmuseum und der Stifts-
kirche von Hohenfurth, wo sich
das Urbild dieser Darstellungen
einst befand, zeigen die engsten
stilistischen und ikonographischen
Zusammenhänge zwischen Male-
rei und Plastik.
Wir dürfen annehmen, daß der
Meister der Schönen Madonnen
um 1380 von Prag nach Breslau
gekommen ist. Hier entstand sein
Hauptwerk, die Schöne Madonna
aus der Magdalenenkirche. Um
sie herum schart sich eine Reihe
von weiteren Kalksteinplastiken,
die der Hand des Meisters ent-
stammen und die in dem Wohl-
klang ihrer Formen ebenfalls die
„Schönheit" seiner Madonnen
haben. Erich Wiese berichtet in
seinem Werk „Schlesische Pla-
stik vom Beginn des XIV. bis
zur Mitte des XV. Jahrhunderts"
von einer Urkunde des jahres
1384, in der eine Kalkstein-
Pietä aus der Elisabethkirche als
ein „subtile et magistrale opus"
bezeichnet wird. Zweifellos ent-
stammt auch dieses erhaltene
Werk der Hand des Madonnen-
meisters ebenso wie der Schluß-
stein mit dem Kopf der heiligen
Hedwig in der Breslauer Kreuz-
kirche. Aus guten Gründen dür-
fen wir also die Entstehung
der Madonna aus St. Magdalenen
um zwei Jahrzehnte früher an-
setzen, als es im allgemeinen
mit der Datierung auf die Zeit
um 1400 getan wird.
Der Kreis der Schönen Madon-
nen hat sich schnell geweitet.
Zahlreiche Wiederholungen und
Umformungen zeigen, wie be-
liebt sie in ihrer Zeit gewesen
sein müssen. Andere Meister und
Werkstätten haben Typus und
Grundgedanken übernommen und
vielfältig abgewandelt. Von
Schlesien und Böhmen gehen
die Wege nach Westen und Nor-
den, ja sogar jenseits der Alpen,
in Venedig, finden wir den Wider-
hall der Schönen Madonnen.
Über die Grenzen ihres Ur-
sprungslandes hinaus künden sie
von einem Höhepunkt südust-
deutscher Kunst und von der
Schöpferkraft eines großen Mei-
SICIS .